Welche Stücke für Blasorchester mit wichtigem Saxophon-Anteil?

Dieses Thema im Forum "Bücher / CDs / Noten / Playalongs" wurde erstellt von akkordschrammler, 15.April.2017.

  1. akkordschrammler

    akkordschrammler Kann einfach nicht wegbleiben

    Hei Leute,

    spiele jetzt ca. zwei Jahre im Blasmusikverein. Und dort bekomme ich häufig vermittelt, dass das Saxophon (sowohl das Alt als auch das Tenor) im Hintergrund zu bleiben hat und nach Möglichkeit nicht auffallen soll.

    Irgendwie leuchtet mir der Spruch, dass die böhmische Blasmusik nur mit echtem Blech seine Berechtigung hat, nicht wirklich ein. Das kratzt gehörig am Ego. Schließlich wurde das Saxophon 1846 von Adolphe Sax erfunden, um mit den Trompeten im Blasorchester mithalten zu können und wurde vornehmlich im Bereich von Militärkapellen eingesetzt.

    Gibt es denn keine ausgewiesene Blasmusikstücke mit volksliedhaftem Charakter, bei dem man das Saxophon als Instrument wirklich einmal so wertschätzt, wie es ihm gebührt? Leute, ich bin für jeden Tipp dankbar. Lasst es uns den Blechinstrumentalisten mal zeigen und eine Liste nach Möglichkeit mit Links zusammenstellen, die das Gegenteil beweist.

    Ich hab bis jetzt leider nur das gefunden:

    Da müsste es doch noch mehr geben. o_O
     
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  2. bebob99

    bebob99 Strebt nach Höherem

    In der Kategorie fallen mir jetzt auch nicht viele ein. Amerikanische Märsche vielleicht. Die haben keine Berührungsängste mit Saxophonen.

    Die Bömisch/Mährische Polka Musik ist eben mal Blech lastig. Da darf man als Saxophonist in den meisten Fällen mal ein bisschen am Klang mit mischen und wenn man nicht mit spielt fällt's auch nicht auf. Wir haben einige gute Arrangements, wo alle Register zum Zug kommen und sich das auch gut anhört.

    Aus unserer Frühschoppen Mappe:
    • Die Sonne geht auf (Hergolshäuser Musikanten, Rudi Fischer): 16 Takte Alt-Sax 1+2 Solo am Schluss
    • Unter dem Sternenbanner (J.P.Sousa / Siegfried Rundell): Kein Solo, aber wichtige Stimme
    • Lucanka Polka (Ladislav Kubes): 16 Takte Alt-Sax Solo im Trio
    • Südböhmische Polka (Ja Egerländer, aber in der Bearbeitung von Kubes: Reichlich Saxophon Lead Stimme. Hier gilt nicht die Universalstimme für alle Egerländer Titel.
    • Katharinen Polka (Kurt Gäble): Schöne Saxophon Soli
    • Böhmischer Traum (Arr. Siegfried Rundel): Schöne, abwechselnde Regiser Wiederholungen, da kann das Sax mal richtig Schmalz ablassen.
    Mehr in Richtung Schnulze
    • Estrellita
    • My Way
    • Wickie-Medley, das klingt ohne Sax nach gar nichts ;-)
    • Gabriel's Oboe (Ennio Morricone) - außer man hat eine Oboe...
    Unter "ausgewiesene Blasmusik Stücke" kann man aber auch "Orchesterwerke für Blasorchester" verstehen. Da gibt's wirklich Feines und Anspruchsvolles, wo auch die Saxophone wichtige Parts übernehmen. Manchmal nur ein paar Takte, aber ohne die geht's dann gar nicht. Das ist so im Orchester. Da sitzen eben nicht 40 Solisten die alle mal wichtig sein wollen, sondern EIN Orchester. Jeder einzelne muss sein kleines Scherflein richtig beitragen, damit das Gesamt Konzept funktioniert.

    Da kommt's wirklich auf die musikalische Ausrichtung des Orchesters an. Wir spielen zum großen Teil "Sinfonische Blasmusik" und da war noch jedes mal für jedes Register was dabei wo man glänzen kann. Unser Kapellmeister (Klarinettist) hat zwar auch schon öfter mal den Spruch abgelassen:
    Aber dann lässt er und auch mal ein Glenn Miller Medley spielen :-D Die Aufnahme ist von unserem Frühlingskonzert 2016, aber geht mir bitte mit der Aufnahme nicht hausieren, dafür habe ich keine Freigabe zur Veröffentlichung.

    Wenn man die richtigen Komponisten ins Programm nimmt, hat man auch mal eine "Rhapsody for Alto Saxophon and Band" dabei (die Aufnahme ist von einem Nachbar Verein, aber der Solost ist auch super)

    Wenn Du zu wenig Soli hast, musst Du das Orchester wechseln und zusehen, dass Du in eine Bigband kommst.
     
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  3. akkordschrammler

    akkordschrammler Kann einfach nicht wegbleiben

    Na, das ist doch schon einmal was. Damit kann man schon was anfangen. Mir geht es hier nicht um möglich viele Solis, sondern um einen angemessenen Umgang mit unser aller Lieblingsinstrument. Ich spiele nebenbei auch ohne irgendwelche besondere Funktion in einem Zupforchester neben acht anderen Gitarren einfach eine weitere Gitarre. Das macht mir nichts. Ich finde es auf Dauer aber sehr demotivierend, wenn man mir im Blasorchester ständig unter die Nase reibt, dass mein Instrument eigentlich gar nicht gebraucht wird. Dafür übe ich nicht jeden Tag mindestens eine Stunde, wenn meine Umwelt es zulässt. Eine Bigband ist für mich wahrscheinlich sinnvoller, aber diese Möglichkeit hat sich für mich bis jetzt leider noch nicht ergeben. Vielen Dank.
     
  4. bebob99

    bebob99 Strebt nach Höherem

    Das ist wirklich nicht die feine Art und ich würde mir das von meinem Kapellmeister bestimmt nicht wünschen. Dessen Aufgabe ist ja eigentlich die Raubtier Nummer, wo auf Kommando alle gleichzeitig durch den brennenden Reifen springen. Peitsche und Fackel waren vielleicht früher die Mittel der Wahl, heute versucht man eher Vertrauen zu wecken. Jeder Musiker, und nicht nur der, kann nur dann optimale Leistung bringen, wenn er gefördert, nicht wenn er deprimiert wird. Wer kann wollen, dass im Orchester nicht jeder sein Bestes geben will?
    :-?

    Unser Kapellmeister versteht es recht gut, jeden einzelnen zu motivieren. Da freut man sich doch eher auf die Proben. Aber das scheint nicht jeder im Blut zu haben.

    Klar müssen wir Saxe in vielen Fällen dezent im Hintergrund bleiben, mit einem sehr klassischen Setup und auf keinen Fall irgendwie jazzig. Da darf man beispielsweise den Tenor Hörnern eine etwas lebhaftere Klangfarbe zu mischen um in Summe einen Cello artigen Sound zu bekommen, was auf beiden Seiten von der Intonation einiges abverlangt, damit es überzeugend klingt. Die richtige Mischung kann man selbst aber nicht hören, sondern nur der KM und das Publikum. Wenn der Kapellmeister also die Saxophone um Mäßigung bittet, dann kann das ohne diskriminierend zu sein, rein eine Frage der Klang Balance sein. Das kann man aber sicher auch freundlich vermitteln.

    In dem Zusammenhang macht auch der Spruch
    Sinn, wenn es eben so ist, dass man sie nicht HERAUS hört, sie dem Akkord aber die nötige Würze geben, ohne selbst aufzufallen. Die Blechbläser und selbst die Klarinetten klingen oft sehr glatt. Es sind eigentlich nur die Saxe, die das Oberton Spektrum anreichern können.

    Ich bin jedenfalls immer überrascht wie das Musikstück auf der Aufnahme klingt. Man bekommt ja oft nur die unmittelbare Umgebung gut mit. Was sich am anderen Ende des Orchesters tut, davon höre ich in den Proben nicht immer alles. Das ist auch ein Thema bei den Proben. Wenn etwa Posaunen, die zwei Reihen hinter uns sitzen, und Saxe unisono oder gemischte Akkorde spielen sollen. Auf die Idee, dass die da hinten uns gar nicht hören kommt man erst mal nicht. Wenn wir also zusammen spielen sollen, müssen die Saxe sich an die Posaunen anpassen. Umgekehrt geht's ja nicht. Mit den Hörnern ist es ähnlich.

    Ganz blöd ist, wenn man sich in einer lauten Stelle selbst nicht mehr hören kann und versucht, lauter zu spielen, damit von der Stimme überhaupt noch was erkennbar ist. Nur ist das vom Publikum aus eben immer noch hörbar, weil der Schall ja dahin gespielt wird. Ganz schnell stimmt so die Klang Balance nicht mehr und das ganze Orchester spielt viel zu laut, weil das Problem dann meist mehrere andere Register auch haben. Es ist gar nicht so leicht, da die nötige Disziplin aufzubringen und dem Körpergefühl zu trauen - ja ich spiele noch und zwar richtig.

    Spielt Ihr außer Böhmisch/Mährisch noch andere Musik?
     
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  5. akkordschrammler

    akkordschrammler Kann einfach nicht wegbleiben

    Wir spielen inzwischen auch mal Nessaja und hatten beim Jahreskonzert auch den Walz von Schostakowitsch dabei. Aber das meiste sind Polkas und Märsche. Mit Swing hat der Km leider nicht so viel am Hut. Ist von ihm vielleicht auch nicht bös gemeint, er ist sehr böhmisch orientiert, obschon noch einigermaßen jung. Glenn Miller hat er mit uns noch nie gemacht.
     
  6. akkordschrammler

    akkordschrammler Kann einfach nicht wegbleiben

    Du beschreibst sehr faszinierende Aspekte der Rolle des Saxophons im Gesamtklang. Das war mir so bis jetzt nicht bewusst.
     
  7. bebob99

    bebob99 Strebt nach Höherem

    Mit den Märschen und Polkas bin ich lange auf Kriegsfuß gestanden. Das war so überhaupt nicht meine Musik. Mittlerweile finde ich ein Bisschen Gefallen daran. Meine Lieblingsmusik wird das nie, aber ich erkenne die Leistung, wenn das anständig gespielt wird. Das schön und überzeugend zu spielen ist gar nicht so leicht wie es sich nachher anhört. Man muss die Feinheiten da erst heraus arbeiten. Sehr viel steckt da in der Dynamik und den Register Wechseln. Das einfach nur Humpa Humpa raus zu plärren klingt entsprechend furchtbar. Das war über viele Jahre auch mein einziger Berührungspunkt dazu. Wenn am 1. Mail die schon besoffene Kapelle mitten in der Nacht vor dem Haus Radau macht. Die Vorstellung, mal in so einem Musikzug selbst mit zu spielen hatte was absurdes.

    Heute weiß ich, dass man das auch schön spielen kann und es gar nicht so leicht ist, am 1. Mai nüchtern heim zu kommen, weil es so viele freundliche Menschen gibt, die uns was Warmes anbieten wollen. ;-)

    Mein Erweckungs Erlebnis hatte ich, nachdem mich mein Sax Lehrer "zwangsweise" in die Musikkapelle abkommandiert hat - "das wird Dir gut tun" - und die erst mal ganz etwas anderes gespielt hatten als Märsche: Armenische Tänze (Alfred Reed) - vor dem fürchte ich mich heute noch, Tico Tico, Strauß Walzer - die sind schwer!, ... Natürlich auch Märsche. Wir mühen uns mit den sinfonischen Sachen ab, aber der lauteste Applaus ist immer beim Radetzky Marsch oder Rainer Marsch in den Zugaben. Unser Publikum mag das.

    Ich habe in der Zeit auch gelernt, dass hervorragende, klassisch orientierte Musik auch heute noch komponiert wird, von mir damals völlig unbekannten, teils heimischen Komponisten:
    • Thomas Doss
    • Otto M. Schwarz
    • Johan de Meij
    • Fritz Neuböck
    • Steven Reinecke
    • ...
    Für bekannte Film und Musical Musik gibt's hervorragende Arrangements für Blasorchester: The Rock, Startrek, Indiana Jones, Pirates Of The Caribbean, Moulin Rouge,...
    Es gibt tolle Medleys von Pop und Rock Musik, die im Blasorchester auch gut klingen.

    Suche in YouTube mal nach dem "Tokyo Kosei Wind Orchestra". Die sind für mich die Messlatte für Klang und Präzision. Das sind aber alles Profis. An denen hört man, dass ein reines Blasorchester viel mehr kann als Märsche und Polkas mit einem guten Streichorchester leicht mithalten kann.

    Was in letzter Zeit gut ankommt, ur geil klingt und entsprechend anspruchsvoll zu üben ist, sind die irischen Kompositionen von Bill Whelan, die Johan de Meij super für Blasorchester arrangiert hat: Riverdance, Kitty O Shea's, ...

    Bei uns ist das Programm ziemlich verbreitet, weil der österreichische Blasmusik Verband da ziemlich dahinter ist. Speziell auch durch das Abhalten von Wertungs Spielen, bei denen es Listen mit Pflichtstücken und Wahlstücken gibt, die alle aus diesem Klangspektrum sind.

    Nessaja im Arrangement von Kurt Gäble, da machen auch Saxophone Sinn. Von Schostakovitsch hatten wir im Herbst 3 Sätze aus der Jazz Suite. Natürlich mit starker Saxophon Beteiligung. Und für unseren Vereinsobman am 1. Alt-Sax: Harlem Nocturne :-D

    Ein Schmankerl war mal "Bohemian Rhapsody" gemeinsam mit dem "Chor im Hemd" oder "Tribute to Lionel", ein Solo für unseren jungen Schlagzeuger, der am Vibraphon zeigen durfte was er drauf hat. Eimal "Pavane pour une infante défunte", mehr oder weniger ein Flöten Solo, ein anderes mal ein Satz aus dem Mozart Klarinettenkonzert, sehr zur Freude unseres 1. Klarinettisten, der sowieso am liebsten immer Solo spielen würde...

    Ich finde es gut, wenn die Musik etwas breiter aufgestellt ist. Man muss es sich und dem Publikum einfach mal zutrauen.
     
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  8. bebob99

    bebob99 Strebt nach Höherem

    Mir auch nicht, aber wir haben einen super Kapellmeister. Es ist faszinierend, wie der Dir erklären kann, wie er sich das Feeling und den Klang vorstellt. Mit den Bildern die er beschreibt kann ich wirklich was anfangen. Um den Tubisten das schwere und Klebrige auszutreiben, damit Tschaikowskis "Blumenwalzer" so richtig leicht wirkt, bemüht er schon mal Seifenblasen und das Bild der zarten Ballerinen - im Gegensatz zu Elefanten im TüTü. Gut, das hat nicht zu 100% geklappt - Polkas sitzen auch bei uns tief - aber es hat definitiv geholfen.

    Und er setzt die Saxophone auch mal als "Bratschen Register" ein, wenn die im Original Arrangement so besetzt sind.
     
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  9. edosaxt

    edosaxt Strebt nach Höherem

    Hmmmmmmmm....
    Joh, in der "böhmischen" Mucke ist tatsächlich nicht viel mit Sax, man "hebt" das Gesamtklangbild (besonders, wenn die Trompeter wieder mal meinen, die Flügelhornstimme höre sich mit Trompete mindestens genauso gut an), doppelt hier, spielt da mal zweite Stimme.
    Solo ist selten.
    Ich bin froh, mit dem Bari die Bassstimme zu spielen, mach ich gerne und finde, dass Bari und Tuba zusammen sehr goil klingen und nen schönen Teppich legen....
    Zum Glück spielen wir nicht nur Polka!
     
    Rick gefällt das.
  10. edosaxt

    edosaxt Strebt nach Höherem

    @bebob99
    Jepp und genau.
    Der Dirigent ist entscheidend, hier und da mal eine Stimme umbesetzen, mal ne Passage leicht umschreiben. ...
     
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