Talent – ein großes Wort

Dieses Thema im Forum "Saxophon spielen" wurde erstellt von RomBl, 6.September.2015.

  1. GelöschtesMitglied4288

    GelöschtesMitglied4288 Guest

    Das richtige Üben und für etwas brennen sind zwei Größen, die einen voranbringen. Das sehe ich auch so. Besonders dieses Brennen! :)
    Das Erlernen eines Instruments ist genauso facettenreich wie unser Gehirn selbst. Ein jeder funktioniert anders.
    Ich habe einen Schüler, der noch nie etwas mit Musik zu tun hatte. Als er bei mir anfing, dachte ich: Junge, das wird ein harter Brocken. Es fiel ihm alles sehr schwer, aber er übte und wir übten das Üben und viele andere Sachen ebenfalls.
    Mittlerweile spielt er seit 2 Jahren und ist geradezu ein Vorzeigeschüler. Er hat in den 2 Jahren in der Tat durch Fleiss ein gutes musikalisches Gespür entwickelt und konsequent an sich gearbeitet. In ein paar Wochen heiratet er und spielt für seine Braut auf seiner Hochzeit.

    Noch ein anderes Beispiel :
    als ich mit Schlagzeug anfing, sagte mein Lehrer sofort, wie talentiert ich doch sei.
    Es stimmt. Ich spielte innerhalb von einem Monat so, wie manche Leute in einem Jahr noch nicht spielen.
    Talent? Ich würde sagen nein! Ich habe nur schon so viel rhythmische Erfahrungen mitgebracht, dass es mir außerordentlich leicht fällt.
    Witzig ist allerdings, dass ich bloß die Figur hören muss und meine Arme und Beine alles ganz automatisch machen .... Ich muss öfter darüber staunen.
    Natürlich muss ich üben und gebe nicht, wie hier jemand sagte, auf. Aber ich übe eben schon fortgeschrittenes Zeug...
     
  2. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Vielleicht kann man es so auf einen Nenner bringen:

    Üben kann fehlendes Talent ersetzen, aber Talent auf Dauer nicht das Üben.

    CzG

    Dreas
     
  3. ppue

    ppue Mod Experte

    Wir werden es nicht aufgedröselt bekommen, was Veranlagung oder was Sozialisation ausmacht. Es gibt kein Werkzeug, dass zu analysieren und auf den Punkt zu bringen. Das Kind im Mutterleib ist schon geprägt, wenn die Mutter im Auto vor sich hin singt, womöglich ein Instrument spielt oder auch nur Radio hört.
    Dann haben wir gesehen, wie es die Kinder aus der Bahn haut, die auch nur eine schlechte Erfahrung gemacht haben. Das musikalische Selbstverständnis kann über Jahre gestört sein. Wie will man da Talent messen?
    Anders herum braucht der Knabe beim Spielen nur zu singen und die Tante sagt später beim Kaffee: der Kleine singt so schön. Das ist mir passiert und es ist vielleicht aufschlussreich, dass ich dieses Lob noch immer in mir bewahre wie einen Schatz. So eine ganz nebenher gemachte Äußerung.

    Und das sind nur die offensichtlichen Fälle. Viele, viele kleine Prägungen spielen da zusammen und ich sage noch einmal, dass es kein großer Verdienst unser Gesellschaft ist, dass Musik so abgekoppelt vom Alltag statt findet. Denn würden Papi und Mami den ganzen Tag singen, dann täten das auch die Kinder. Das wäre so normal, dass es einmal gar kein Lob und Tadel hervorriefe und zum anderen kleine Äußerungen über das musikalische Verhalten des Kindes dieses eben gar nicht so aus der Bahn würfe.
    Das Kind kocht auch später gerne, wenn es mal eine Rüge bekommen hat, weil es früher die Milch hat anbrennen lassen.

    Talent ist erst zu messen, wenn die Umwelteinflüsse schon längst da sind. Ansonsten müsste man Studien an Neugeborenen machen. Das gestaltet sich aber in Hinblick auf Musikalität schwierig. Insofern beinhaltet Talent immer auch alle Einflüsse. Warum sich darüber streiten, was hier vorherrscht?
     
  4. chrisdos

    chrisdos Strebt nach Höherem

    Weil es homo sapiens anno 2015 nicht ertragen kann, dass es Dinge gibt, die sich nicht exakt definieren, kategorisieren und messen lassen.....?
     
    tomaso, Saxfreundin, Isachar und 8 anderen gefällt das.
  5. ppue

    ppue Mod Experte

    Klares ja, chrisdos. Eine erstaunliche Tatsache. Selbst in meiner Philosophiegruppe sind doch alle immer wieder sehr bemüht, klar abgegrenzte Definitionen zu suchen, anstatt das Fließverhalten zu untersuchen.
    Und das nach Hegel, den Rhizomen, der Unschärferelation, Chaostheorie und Fuzzylogik.

    Aber das kommt schon noch (-:
     
    Isachar gefällt das.
  6. Roland

    Roland Strebt nach Höherem

    Naja, wie werden Geisteswisschenschaften in der Schule behandelt? Und wer hört da zu? Die werden ja meistens als 'Laberfächer' abgekanzelt, je nach Lehrpersonal mitunter zu Recht. Disclaimer: Philosophie war mein drittes Abi-Fach. Und einen seht guten Lehrer. "Wir haben den Baum ja nicht im Hinterkopf, die Äste kommen ja nicht zu den Ohren raus!"

    Grüße
    Roland
     
  7. Roman_Albert

    Roman_Albert Ist fast schon zuhause hier

    Man muss nicht auf jede Provokation eingehen.

    Dem vollmundig und überzeugt verkündeten Wissen von Amateuren und Teilzeitpädagogen (JEDER kennt sich mit Lernen aus, weil JEDER es irgendwann mal machen musste) stelle ich gerne ein schönes Video eines Neurologen zum Lernen, Trainieren und Motivieren als Alternative entgegen:

    Gelassenheit hilft: Anregungen für Gehirnbenutzer

    Das Wissen um die Natur des hier diskutierten Begriffs "Talent" ist noch wesentlich weniger substantiell, zumal die Definition von Kultur zu Kultur, von Person zu Person unterschiedlich ist. Ähnlich wie "guter Klang" oder "Glauben".

    Insofern ist diese Diskussion eher esoterisch als musikalisch.
    Daher auch die hohe Beteiligung.

    Das Konzept Hüthers vom Gehirn als "Problemlösungsorgan" kann man nutzen, indem man das übt, was man bzw. der Lernende spielen MÖCHTE, aber noch nicht kann. Passt doch.
    Aber eine dem Übenden wichtige Anwendung sollte man schon haben, sonst wird es mit der Motivation schwierig.
     
  8. chrisdos

    chrisdos Strebt nach Höherem

    Ich hatte mir schon Gedanken gemacht, warum wir hier so aneinander vorbei schreiben......bis ich zu dem Schluss kam, dass wir aneinander vorbei "wahr nehmen". Die Blickrichtungen auf das Thema sind sehr unterschiedlich und damit auch der Fokus beim Schreiben....

    - Talent, das ist halt so ein hype...
    - Was GENAU ist eigentlich Talent?
    - Talent ist nicht messbar, darum lässt sich dazu nichts sagen
    - Talent wird überschätzt
    - die Beschäftigung mit dem Thema Talent bringt nichts Positives
    - dem Faulen nützt Talent gar nichts
    - ohne Talent wirst Du nicht wirklich groß
    - Talent ist die aufwändigste Wurzel aus dem Kehrwert von Zeit mal Motivation....:D

    Auf jeden Fall gab es interessante Einblicke in die Gedankenwelt Anderer....
     
  9. saxhornet

    saxhornet Experte

    +1

    Wie äussert sich Talent bei Musik?
    Manche Leute hören gut, andere haben ein gutes Tongedächtnis, andere lernen schnell auswendig, andere begreifen schnell Rhythmen, andere zeigen Begabungen nur bei bestimmten Instrumenten etc. etc. etc.

    Der Begriff ist nicht greifbar und in der Musik so unterschiedlich in vielen Facetten zu erleben.

    LG Saxhornet
     
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  10. Isachar

    Isachar Guest

    @saxhornet
    Stimmt !
    Auf welche Weise sich Talent oder Begabung zeigt, das kann unterschiedlich ausfallen. Daher läßt sich soetwas auch nicht messen oder definieren.
    Für den Normalverbraucher zeigt sich nur: Boah! Der oder die kann etwas besonders gut,vielleicht sogar ohne dafür lange zu üben und zu arbeiten aber ohne daß man genau definieren kann woran genau das jetzt liegt.

    Das Weltall gibt es auch und wir können es nicht vermessen, vielleicht nur erahnen und ähnlch sehe ich das mit diesem nebulösen Faktor Talent auch.
    Es gibt eben besondere Begabungen aber wir können sie nicht erfassen.

    Ppue hatte da in dem Thread "Sprache und Musik" ein sehr passendes Beispiel genannt, von dem Jungen der nicht sprechen aber plötzlich Klavier spielen konnte.

    Gruß

    Isachar
     
  11. zwar

    zwar Ist fast schon zuhause hier

    ich will mal diesen thread, der ja noch garnicht alt ist, hochholen.
    ist ja wohl nicht ausdiskutiert, hat hat sich aber in abraxasbabus "wie lange noch" thread verlagert...

    mein senf:

    mein talent reicht bis zu einem punkt. bis dahin geht alles leicht von der hand. und dann nicht mehr.
    will meinen, hinter diesem punkt spielt mein talent keine rolle mehr, sondern lediglich übe-intensität und -effektivität.
    ich kann ruckzuck (ein, zwei Monate) instrumente einigermaßen spielen, recht schnell erreiche ich mittelmaß (ein jahr, anderthalb).
    danach fängt richtig arbeit an, und das geht dann auch bei mir nicht mehr schneller voran als bei anderen, die sich mit weniger "talent" dafür aber mit mehr mühe auf das gleiche level gespielt haben.
    auch bei anderen musikern, deren laufbahnen ich über die jahre mitgekriegt habe, war das ähnlich, und wird von denjenigen auch so wahrgenommen.
    deswegen glaube ich nicht, dass das erreichen von tatsächlicher meisterschaft talentabhängig ist.
    es sei denn, man betrachtet die bereitschaft zu mehrstündigem täglichen üben und dazu, die lebensführung in diese richtung zu gewichten, ebenfalls als talent.

    gruß
    zwar

    gruß
    zwar
     
    bluefrog gefällt das.
  12. Juju

    Juju Strebt nach Höherem

    Es gibt einen jungen Mann hier in London, der muss wohl wirklich in einen Talentbrunnen gefallen sein. Jeder, der mit ihm zu tun hat, sagt, dass er ein Ausnahmephänomen ist. Sein Klavierprof erzählte uns, wie er ihm an einem Tag mit zwei Händen Clusterharmonien vorspielte und das Cluster dann wiederholte aber einen Ton wegließ - er konnte prompt den weggelassenen Ton direkt benennen. Er hat das auch nicht geübt, er hat einfach diese außergewöhnliche Begabung. Er hat ein unglaublich umfassendes Verständnis für Harmonie und spielt jetzt schon mehrere Instrumente auf einem extrem hohen Niveau.

    Die meisten müssten ihr Leben lang Tag und Nacht üben und würden trotzdem nicht dahin kommen, wo Jacob schon mit Anfang 20 ist.
    LG Juju
     
  13. Gast_13

    Gast_13 Guest

    Ich denke, dass es darauf ankommt, dass in sehr früher Kindheit oder vielleicht schon im Mutterleib entsprechende Synapsen verknüpft werden, die dann einfach gewisse Dinge leichter fallen lassen, als es normalerweise der Fall wäre.

    Oft haben ja begabte Kinder schon Eltern, die Musiker sind, oder wo viel Musil gemacht und gehört wurde.

    Aber wie Edison schon sagte: Erfolg ist 1% Genie und 99% Arbeit.
     
  14. kokisax

    kokisax Strebt nach Höherem

    New "King Singer(s)"...

    kokisax :)
     
  15. zwar

    zwar Ist fast schon zuhause hier

    @Juju

    würde ich so jemanden als "talentierten jungen mann" bezeichenen? ich glaube eine derartige fähigkeit sprengt zu sehr den rahmen des alltäglichen, da werten solche gewöhnlichen begriffe wie"talent" ja eher ab, wenn man sie benutzt.

    gruß
    zwar
     
  16. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Ich verstehe nicht, dass sich hier so viele schwer damit tun, dass es angeborenes Talent gibt.

    M.E. ist das so....

    Ohne Talent kann man Üben und Disziplin gut werden.... mit Talent außergewöhnlich....

    CzG

    Dreas
     
  17. Wuffy

    Wuffy Gehört zum Inventar

    Fragt mal Bohlen & Co....was die so erleben und mitmachen müssen !

    Die tun mir manchmal echt leid....da kommen Leute, die sich selbst als Musiker/innen bezeichnen und eine langjährige Ausbildung hinter sich haben...und bei den ersten 5 Takten rollen sich die Fußnägel hoch.

    Und dann kommen da ein paar junge Dinger ohne grosse Erfahrung und Ausbildung, stellen sich hin und singen einfach göttlich, als wenn sie noch nie was anderes gemacht hätten.

    Ja, man glaubt es kaum...man sucht da tatsächlich Talente, sogar Supertalente...und wird auch oft fündig...und dann erst kommt der Ausbau und Feinschliff der Rohdiamanten mit viel Arbeit und Diziplin.

    Die ganze Diskussion hier könnte man eigentlich knicken...das sind doch alles lang bekannte Fakten..Talent ist kein frei erfundes Neu-Wort.

    Gr Wuffy
     
  18. Karlnapp

    Karlnapp Nicht zu schüchtern zum Reden

    Bohlen & Co.das geht Teilweise bist "Fremdschämen" die Jury hat es echt nicht einfach
     
  19. Gast_13

    Gast_13 Guest

    Bohlen und Talent - das sind völlig unterschiedliche Galaxien! ;-)
     
    Nordstern und Mugger gefällt das.
  20. Gelöschte 11056

    Gelöschte 11056 Guest

    Ich hatte mal eine Freundin,deren Vater Organist und Chorleiter war. Sie konnte im Vorschulalter alle Stimmen des Chores (natürlich in ihrer Stimmlage) nachsingen,spielte herrvorragend Cembalo, konnte schreiben, bevor sie in die Schule kam usw. Leider wurde sie von ihren Eltern überfordert und driftete später psychisch ab. Sie starb mit 36 Jahren an Krebs.
    Möge Jacob Collier eine andere Laufbahn beschieden sein.
    Nem
     
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