Ne saublöde Frage: Was ist eigentlich Jazz?

Dieses Thema im Forum "Improvisation - Harmonielehre" wurde erstellt von saxsten, 9.November.2019.

  1. ppue

    ppue Mod Experte

    Man könnte ja den künstlerischen Wert diskutieren.
     
  2. Claus

    Claus Mod Emeritus

    Peter, Du stellst eine These über Kunst nach der nächsten in den Raum, jeweils mit apodiktischen Formulierungen, die scheinbar keinen Widerspruch dulden.

    Dann frage ich mal zurück:
    Aus wessen Sicht muss denn das Neue, noch nicht Dagewesene gegeben sein? Muss es objektiv so sein, dass bisher kein identisches Werk existiert?

    Wenn Andy Warhol zum 10. Mal die gleiche Zeichnung von Suppendosen anfertigt, dann wird es zweifellos etwas langweilig. Was aber, wenn jemand anderes auf den Gedanken kommt, der Warhols Werke nie gesehen hat? Oder eine solche Zeichnung von Menschen gesehen würde, die nichts von Warhol ahnen?

    Ist nur die Premierenaufführung des neuen Musicals Kunst?

    Wenn ich das Stück als Zuschauer das erste Mal genieße: darf ich es nicht als Kunst empfinden, weil dieselben Schauspieler und Sänger das Stück schon hundertfach aufgeführt haben?

    Was ist mit dem Kunstwerk, das der Künstler in seinem Keller verborgen hält: ist es möglicherweise gar kein Kunstwerk, weil es die ihm nach Deiner Auffassung innewohnende gesellschaftliche Funktion nicht erfüllen kann?

    So gut ich Deinen Wunsch nachvollziehen kann, Kunst griffig zu definieren, so wenig überzeugen mich die Ansätze.
     
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  3. ppue

    ppue Mod Experte

    Orginalität ist unabdingbar für ein Kunstwerk. (Ich schreibe jetzt nicht vor jeden Satz: "Ich denke, ..." OK?


    Zuerst einmal ist das recht konstruiert. Wenn Warhol bewusst kopiert, liegt die Originalität in seinem Werk darin, dass er so die Konsumgesellschaft spiegelt. Macht das ein anderer Künstler anderswo, so kann man ihm Eklektizismus vorwerfen. Weiß der Künstler nichts von Warhol, dann kann man ihm das verdenken. Ob es aber dann noch Kunst ist, entscheidet das Publikum und die Kritiker.


    Ich würde ein Musical nicht zur Kunst zählen, sondern der Unterhaltungsbranche zuordnen. Ich hätte an deiner Stelle eher das Schauspiel oder die Oper angeführt. Das machte die Sache schwieriger für mich. Aber können wir ja noch säter diskutieren.

    Du selber darfst alles als Kunst empfinden, darfst auch Kunst definieren, wie du möchtest. Ich gehe aber davon aus, dass es doch einen, wenn auch vielleicht nicht allzu breiten Konsenz in der Gesellschaft darüber gibt, was Kunst ist.


    Gute Frage, Kunst muss ein paar Kriterien erfüllen, um Kunst zu sein:

    (Dies ist, objektiv gesehen, nur meine subjektive Meinung. Meine Standpunkte sollen der Diskussion dienen und sind nicht durch andere Gremien als allgemeingültig anerkannt.)

    Die Originalität hatten wir schon, dann
    muss der Künstler sein Werk als Kunst definieren und zudem
    muss das Kunstwerk als Kunstwerk anerkannt werden.

    Die letzten beiden Punkte betreffen die Auseinandersetzung der Gesellschaft mit dem Werk. Findet diese aus irgend einem Grunde nicht statt, handelt es sich nicht um Kunst.

    Um den nächsten Argumenten vorzubeugen:

    Wenn ein Werk erst Jahrzehnte später als Kunst entdeckt wird, ist es in der Gegenwart dennoch keine Kunst. Die Anerkennung durch Kritik und Gesellschaft ist wesentlich für das Werk.

    Was, wenn sich Kritik und Publikum nicht einigen können? Dann gibt es verschiedene Meinungen darüber, ob es Kunst oder nicht Kunst ist.
     
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  4. djings

    djings Strebt nach Höherem

    Ich muss gestehen, dass ich vielleicht nicht lang genug zuhöre :)
    Beruht denn alles auf Melodien - Stücken, die quasi verjazzt werden?
     
  5. GelöschtesMitglied11524

    GelöschtesMitglied11524 Guest

    Eines weiß ich ganz gewiss:
    Wenn etwas "verjazzt" wird, dann ist es ganz sicher nicht dem Jazz zuzurechnen.

    Cheers
     
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  6. Wuffy

    Wuffy Gehört zum Inventar

    Ist nicht alles Jazz...was glänzt :)

    Meine Mei....g
     
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  7. djings

    djings Strebt nach Höherem

    Unerschöpflich ist das thema!
    Danke! Auch an Fragesteller @saxsten :)
     
  8. GelöschtesMitglied11073

    GelöschtesMitglied11073 Guest

    Kannst du das kleine Smiley hinter meinem Spruch deuten? Könnte es gar sein das der Spruch nur ein Spaß ist? Denk mal scharf drüber nach,mit etwas Glück kommst du gar selbst drauf ;-) ;-)
     
  9. gaga

    gaga Gehört zum Inventar

    Das wüsste ich nicht so ganz gewiss: die meisten der Standards waren mal kein Jazz - erst das Verjazzen hat sie dazu gemacht. Oder Jaques Loussiers und sein Play Bach? Swingt doch, und improvisieren tut er auch. Dass er Bachsche Nummern als Thema hernimmt? Hukährs.

    Zumindest bin ich der Verjazzerei wie auch anderen Grenzüberschreitungen dankbar, dass sie so manchen Menschen zum Jazz geführt hat, auch wenn ich für mich selber eher deine Verjazzungsabneigung teile. Aber jedem Tierchen sein Pläsierchen und jedem sein ganz privater Jazzbegriff. :cool2:
     
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  10. GelöschtesMitglied11524

    GelöschtesMitglied11524 Guest

    Ich mag den Begriff nicht.
    Das klingt so nach absichtlichem "Verhunzen". Nach schrägen Tönen mit Absicht, um die Spießer zu verschrecken. Das finde ich abstoßend.
    Jazz ist so wie er ist, weil er nicht anders kann, und nicht weil irgendwelche Stilmittel in oft peinlicher Weise verbraten werden, ob es jetzt passt oder nicht.
    So war es gemeint :)

    Grüßle, Ton
     
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  11. saxhornet

    saxhornet Experte

    Mir war das schon klar aber anderen? Und meine Bekannte meinte den Spruch ernst, also .............
     
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  12. saxhornet

    saxhornet Experte

    Nicht immer beruht alles auf Melodien, manchmal geht es auch um Rhythmus. Nur darf man den Begriff Melodie und melodisch nicht verwechseln, denn nicht jeder nimmt jede Melodie als melodisch oder wohlgefällig wahr. Manche Melodien arbeiten mehr mit Spannungen und manchmal sind sie nicht zu verstehen, wenn das Ohr nicht mitkommt. Das ist dann so, als wenn Dir Jemand sehr schnell Gedichte vorliest und es ist so schnell, daß Du die Wörter und Zusammenhänge nicht wirklich richtig hören kannst und nur Fetzen wahrnimmst. Was wäre aber wenn Dein Ohr nach einiger Zeit schnell genug wäre mit dem Sprecher mitzuhalten und dann all die Poesie und wahnsinnig schönen Gedichte zu hören? Ähnlich ist es mit der Musik. Was Du mit Stücken und verjazzt meinst ist mir nicht klar.
     
    Zuletzt bearbeitet: 10.November.2019
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  13. djings

    djings Strebt nach Höherem

    @saxhornet
    Im Grunde meine ich impro damit. Bei einem Workshop mit Peter wespi hab ich in einer übe Pause Songs gespielt. Ein etwa 14 jähriger Teilnehmer hat die Melodien aufgenommen und doll improvisiert. Ich hoffe, er ist am 23. wieder dabei. Dann sicher bei den fortgeschrittenen :)
    Sind Impros nicht Jazz ?
     
  14. RomBl

    RomBl Guest

    J.S. Bach hat sehr viel improvisiert. Seine Musik würde ich jetzt eher nicht dem "Jazz" zuordnen (was immer Jazz auch sein möge :D).

    In der Barock-Musik waren viele langsame Stücke in Halben ausgeschrieben. Hier hatte der Spieler die Möglichkeit, die Melodie nach seinem Gusto zu gestalten.
     
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  15. saxhornet

    saxhornet Experte

    Nein, man kann in jeder Stilistik improvisieren. Das ist dann nicht automatisch Jazz.
     
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  16. Kohlertfan

    Kohlertfan Strebt nach Höherem

    Vielleicht bringt uns das weiter, wenn wir definieren, was alles nicht Jazz ist, um dann darauf zu kommen, was Jazz ist?
     
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  17. Saxophonia

    Saxophonia Ist fast schon zuhause hier

    Ich weiss nicht, ob es schon geschrieben worden ist, sind einfach zu viele Antworten hier :)
    Natürlich ist es schwierig bzw. unmöglich, "Jazz" auf einen Nenner zu bringen, da derart viele Einflüsse, Strömungen und Entwicklungen dazugehören, was wiederum aber eben auch den Jazz ausmacht, dass er sich so viele Musikstile einverleibt.
    Aber ein in meinen Augen ganz wesentliches Merkmal ist die Improvisation, die ganz klar im Vordergrund steht - anders als z.B. bei der Klassik.
    Auch die komplexen Akkordfolgen/Harmonien sind ganz typisch, während sich die meisten sonstigen Musikrichtungen auf die Dreiklangharmonie Grundton, Terz und Quinte stützen.
     
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  18. djings

    djings Strebt nach Höherem

    Genau! Wie jener Bildhauer auf die Frage, wie man z. B. einen Löwen erschafft. „Man schneidet alles weg, was nicht Löwe ist“...:)
     
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  19. Claus

    Claus Mod Emeritus

    Schöne Idee. Der Unterschied ist, dass alle eine halbwegs übereinstimmende Vorstellung davon haben, wie ein Löwe aussieht. Bin mal gespannt, was für ein Wesen hier zum Vorschein kommt...;)
     
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  20. ppue

    ppue Mod Experte

    Es nutzt die beste Definition nichts, wenn sie nicht den historischen Kontext mit einbezieht. Und dieser Zusammenhang ist ein komplexes Netz von Einflüssen, die den Jazz zu dem machten, was er ist.
     
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