Ne saublöde Frage: Was ist eigentlich Jazz?

Dieses Thema im Forum "Improvisation - Harmonielehre" wurde erstellt von saxsten, 9.November.2019.

  1. saxhornet

    saxhornet Experte

    Das stimmt aber so nicht. Nicht bei jedem Jazztitel oder Song, der als Jazz bezeichnet wird gibt es auch immer Soli oder Improvisationen. Woher stammt eigentlich dieser Irrglaube? Und auch harmonisch gibt es sehr sehr einfachen Jazz und komplexeren und auch die meisten anderen Musikrichtungen beziehen sich nicht nur auf Dreiklangsharmonik. Wie kommst Du darauf?
     
  2. saxhornet

    saxhornet Experte

    Aber doch nur, weil Bilder von Löwen bereits existieren und somit eine Definition wie er auszusehen hat vorliegen. Wenn keiner einen Löwen vorher gesehen hat, würden die gemalten Bilder ganz anders aussehen und die Skulpturen auch. Was wir ja auch in der Kunstgeschichte erlebt haben.
     
  3. antonio

    antonio Gehört zum Inventar

    Könnte man sagen, dass sich Jazz vor allem durch seine eigene Art der Vortragsweise definiert? (die da wäre Phrasierung, Artikulation, rhythmische Elemente- ...)
    Vielleicht beschreibt ja der Begriff Jazz auch nur eine Entwicklung. Ausgehend von einer gesellschaftlichen/sozialen Situation- m.E. ist diese Musik ja nicht davon zu trennen.
     
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  4. Roland

    Roland Strebt nach Höherem

    Debussy z.B. kann komplizierte Harmonik haben, ist aber kein Jazz.
    "So What" hat keine komplexe Akkordfolge.
    Free Jazz hat noch nicht einmal notwendigerweise Akkorde.

    Das ist ja gerade das Problem. Einzelne Merkmale können auftreten, müssen aber nicht. :)

    Grüße
    Roland
     
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  5. Saxophonia

    Saxophonia Ist fast schon zuhause hier

    Habe ich das geschrieben? Ich habe lediglich geschrieben, dass die Improvisation im Vordergrund steht. "im Vordergrund" hatte ich sogar fett markiert, in der Hoffnung, man möge es auch so verstehen.
    Auch hier habe ich geschrieben, dass es "typisch" ist - und nicht etwa zwingend. Es geht ja um ein Annähern, ein allgemeines Umreissen typischer Merkmale. Und natürlich weiss ich, dass es auch andere Musikrichtungen gibt, die sich nicht nur auf die Dreiklangsharmonik beziehen. Vielleicht hätte ich sie alle namentlich aufzählen müssen...
    Genau, habe ich auch nicht behauptet, dass es ein Muss ist.
    :)
     
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  6. gaga

    gaga Gehört zum Inventar

    Heute kann man das durchaus so sehen. Bach ist nämlich schon tot und sein improvisierenden Zeitgenossen auch und in der dazu gehörigen Branche wird zwar oft über Improvisation gesprochen, aber kaum einer tut es.

    Im Jazz dagegen steht die Improvisation im Vordergrund. Glenn Miller hatte zwar seine Leute angewiesen, nur die angesagten immer gleichen Solos zu spielen, aber das ist nur seinem Kontrollzwang geschuldet. Immerhin sollte sich ja das immer gleiche Trompetensolo von American Patrol wie improvisiert anhören. Die komplett auskomponierten Stücke der modernen Jazzszene sind doch echt absolute Minderheit.
     
  7. saxhornet

    saxhornet Experte

    Die Improvisation steht aber nicht immer beim Jazz im Vordergrund. Gerade bei den Big Band Stücken ist das nicht der Fall und auch bei den alten Musical Titeln nicht. Auch nicht bei den Stücken, die früher mit Sängern aufgeführt wurden. Trotzdem werden diese Stücke dem Jazz zugeordnet. Improvisation ist ein Teil des Jazz aber sie steht nicht immer im Vordergrund. Bei Konzerten von Frank Sinatra stand nicht die Improvisation und die Solisten im Vordergrund. Improvisation ist ein Teilaspekt, Jazz primär darauf reduzieren zu wollen ist, als wenn man Fleisch auf Salami reduzieren will.

    Es ist typisch für bestimmte Jazzstile. Modaler Jazz ist mitunter wenig komplex und die alten Titel aus dem Anfang des Swing sind harmonisch wenig komplex. Schon vorher gab es in der klassischen Musik harmonisch deutlich komplexer Harmonik. Wenn Du also über komplexe Harmonien beim Jazz sprichst dann stellt sich die Frage im Vergleich zu was? Recht hast du, wenn es im Vergleich zur derzeitigen Popmusik ist, denn die ist mitunter öfters harmonisch platt (wobei das auch nicht immer der Fall ist). Wenn man sowas als Parameter ranziehen will, muss man sehr genau hinsehen und sehr genau abgrenzen. Das Problem ist ja schon daß es den Jazz nicht gibt, sondern extrem viele Stile und die sind auch harmonisch mitunter sehr unterschiedlich in der Komplexität.
     
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  8. Kohlertfan

    Kohlertfan Strebt nach Höherem

    Wenn man versucht, Jazz nur mit Musiktheoretischen Begriffen wie Rhythmik oder Harmonik zu definieren, wird man zwangsläufig scheitern!
    Jazz ist in einem Schmelztiegel entstanden in dem verschiedenste Kulturen und deren Musikstile aufeinander trafen.
    Die Schwarzen waren gerade aus der Sklaverei entlassen, von den Europäischen Einwanderer waren viele, die dem Joch der Autokratie, also der Herrschaft der Fürsten und des Adels entrinnen wollten. Es ist kein Zufall, dass Max Weber seine Ideen der unterschiedlichen Herrschaftsformen in die ser Zeit entwickelte, in der auch Jazz entstanden ist. War die klassische Musik stark hierarchisch strukturiert, ist doch das Wesen des Jazz stark demokratisch strukturiert. Natürlich gab es auch Bandleader, die die Vorgaben machten, aber jeder Musiker konnte doch im Wesentlichen seine Stimme und seinen individuellen Stil frei entwickeln. Und kann es noch heute!
     
  9. 47tmb

    47tmb Gehört zum Inventar

    So isses.
    So bleibt jeder Versuch einer Antwort auf die Frage "Was ist Jazz" ein Versuch, der bestenfalls Teilaspekt ohne Gemeingültigkeit beleuchtet.

    Kommt man weiter, wenn man fragt:" Was ist NICHT Jazz?"
    Wohl auch nur begrenzt........
     
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  10. ppue

    ppue Mod Experte

    Absolut. Und ich beschrieb es schon ähnlich wie du.

    Es wird leider nicht angenommen, ja, noch nicht mal diskutiert.
     
  11. Roland

    Roland Strebt nach Höherem

    Wir nähern uns dem Zustand "Es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem." :)
    Der OP hat sich ja schon in #77 rausgetan.

    Grüße
    Roland
     
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  12. Badener

    Badener Strebt nach Höherem

    Die Bandbreite ist offenbar enorm.
    Der Second Waltz von Schostakowitsch stammt aus einer Suite für Jazzorchester und klingt "klassisch"....
    Oder spielen Jazzorchester wegen ihrer Besetzung dieses Stück??
     
  13. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

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  14. RomBl

    RomBl Guest

    @Dreas
    Sehr interessante Tabelle, danke fürs Einstellen.

    Hank Mobley ist nicht ausgeführt - was der spielt ist demnach kein Jazz :cool:
    Und Chris Potter auch nicht - ach ja, der kommt ja nicht von diesem Planeten, sondern aus einer anderen Galaxie :D
     
  15. gaga

    gaga Gehört zum Inventar

    Aber nicht, weil das Thema durch war...
     
  16. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    ...sondern weil er verstanden hat, dass man ihm mangelnde Bildung unterstellt.

    Was sicher so nicht gemeint war, aber so verstanden werden konnte.

    CzG

    Dreas
     
  17. 47tmb

    47tmb Gehört zum Inventar

    Womit Du eine abschließende Vollständigkeit unterstellst :)
     
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  18. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

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  19. gaga

    gaga Gehört zum Inventar

    Hamse vagessen. Eine vollständigere Übersicht ist hier bei Wikipedia. Mit vielen endlos weiterführenden Links.

    Nicht immer, aber fast immer. Wenn du Sänger erwähnst oder Sinatra, dann geht es nicht um Jazz als kreative Betätigung, sondern ums Geschäft, um Stardom. Am Broadway ging es um Show, um Kohle, um Ruhm. Ich habe ja nichts dagegen, die Mucke dort Jazz zu nennen, egal, ob die Produzenten oder die Stars Improvisationen vorgesehen hatten oder nicht.

    Das tut ja niemand. Wie viele andere musikalische Aspekte ist Improvisation ein wichtiger Bestandteil des Jazz, wobei es natürlich Ausnahmen gibt.
     
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  20. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Was weiß ich?

    Ist sicher nicht vollständig.....

    - Bossa Nova (der neue Stil), für mich auch Jazz
    - Smooth Jazz (diskutabel)
    - Jazzpop (auch diskutabel)

    Die Grenzen sind halt fließend.

    Und der Jazz der 20iger, 30iger war damals Pop.

    „My Way“, für mich Jazz.

    „New York, New York“, für mich auch Jazz, von 1988 (?), obwohl ganz oben in den Charts....

    „Frauen regieren die Welt“ (Roger Cicero), in den Charts ganz oben, für mich auch Jazz....

    Gregory Porter.....Michael Buble.....Lady Gaga/Tony Bennett....Robbie Williams (Swing)....

    Alles AUCH Jazz....wie ich finde...

    CzG

    Dreas
     
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