was genau beeinflußt den Blaswiderstand eines Saxes(nicht Mundstück)

Dieses Thema im Forum "Saxophone" wurde erstellt von GelöschtesMitglied11073, 21.Oktober.2020.

  1. Wuffy

    Wuffy Gehört zum Inventar

    In welcher Big Band spielst Du denn eigentlich ??.....gibt's ja nicht so viele hier im Umland
     
  2. ehopper1

    ehopper1 Strebt nach Höherem

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  3. Wuffy

    Wuffy Gehört zum Inventar

    Danke....sieht sich gut an !!

    Die Lahrer war mir bekannt.

    Gr Wuffy
     
  4. GelöschtesMitglied725

    GelöschtesMitglied725 Guest

    S-Bogen meine ich auch als Faktor unterschiedlich zu bemerken. Von einem Hersteller meinte ich mal gelesen zu haben, dass Gewicht bei Material welches sich auf dem Korpus befindet, den Widerstand auch leicht beeinflussen kann. Z.B. ribbed construction etc, die auch unterschiedlich stark und groß angefertigt sein könnten. Dieser Hersteller fertigt deshalb gerade z.B. Kleinteile in aktuellen Modellen leichter an. In früherer Serie war z.B. Platte an einer Stelle Korpus aufgelötet.
    Das ist aber eher jetzt unter Humbug zu verzeichnen, da alles Unkenntnisse eines Unkennenden.
     
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  5. GelöschtesMitglied11073

    GelöschtesMitglied11073 Guest

    Bei dem schon
     
  6. Gelöschtes Mitglied12629

    Gelöschtes Mitglied12629 Guest

    Ich denke schon, dass nicht nur Mensur und Abmessungen eine Rolle spielen, sondern auch das Material und sein Schwingungsverhalten. Letztlich bringt man ja nicht nur die Luft zum Schwingen, sondern auch das Blech zum Vibrieren. Bei Blattschrauben ist es relativ eindeutig: Wenn man sich da eine dicke Platte einbaut (z.B. bei den Rovner oder Francois Louis-Schrauben) steigt der Widerstand, zugleich gewinnt der Klang an Substanz.
    Meine (wenigen) Saxophone sind natürlich nicht repräsentativ, aber bei denen haben die dünnwandigen, leichten auch einen geringeren Widerstand. Wobei die dünnwandigen bei mir auch wiederum direkte aufgelötete Säulchen haben und keine Schienen. @Dabird: die Theorie mit den UNterschieden Schienen/direkte Säulen finde ich ganz und gar keinen Humbug.
     
  7. Florentin

    Florentin Strebt nach Höherem

    Hast Du nicht mal ein Cannonball-Sax weggegeben, weil Dir der Blaswiderstand zu niedrig war? (was ich nachvollziehen kann)
     
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  8. GelöschtesMitglied11524

    GelöschtesMitglied11524 Guest

    Ja, ich hab das geschrieben.
    Ich hab es aber weggegeben, weil die Qualität und Haptik in meinen Augen nicht so war, wie ich es mir vorgestellt hatte.
    Und zu dem Zeitpunkt hatte ich es auch noch nicht drauf, den Widerstand von mir aus bewusst zu steuern.

    Grüßle, Ton
     
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  9. ppue

    ppue Mod Experte

    War gut, was ich damals dazu schrieb:


    Das Ausgangszitat sagte aus, dass mehr aus dem Instrument raus komme, wenn der Widerstand geringer sei.
     
  10. jan7

    jan7 Kann einfach nicht wegbleiben

    Moin!

    Natürlich gibt es die Möglichkeit, dass man verschiedene Faktoren unter einem Begriff zusammenfasst, die nur bedingt zusammengehören, so dass man in der Analyse irgendwann differenzieren muss.

    Man hat natürlich mehr Widerstand, wenn das Blättchen stärker wird (es sei denn, man drückt das (zu) leichte ab). Man hat einen höheren Widerstand, wenn man eine viel offenere Bahn am Mundstück wählt usw. und umgekehrt hat Lippenmuskulatur natürlich auch einen Einfluss. Und es kann auch schlechte Blättchen geben, die den Blaswiderstand erhöhen (Eisstiel).

    Auch Undichtigkeit spielt eine Rolle. Undichtigkeiten machen allerdings i.d.R. nicht die Ansprache aller Töne gleichmäßig schwerer. Zumindest mittleres/hohes cis sollten ja eigentlich selbst beim sehr undichten Instrument gehen (zumindest wenn man mit einer Hand die Oktavklappe zielgerichtet manipuliert, falls selbst die noch kaputt ist). Aber ich habe schon Instrumente in der Hand gehabt, die durch Undichtigkeiten immerhin in ganzen Bereichen (vor allem im unteren) schwer ansprachen.

    Und wenn solche Faktoren eine Rolle spielen, dann gibt es bestimmt auch viele Faktoren, die am Equipment / der harwdware liegen (Innenoberfläche / Krümmungen / Durchmesser, aber auch Mundhöhle, Zungenform …) und am Zusammenspiel dieser Faktoren.

    Dazu kommt dann aber der m.E. wichtigste Bereich, den Ton Scott anspricht. Banal gesagt: Wie man ins Instrument reinpustet. Was dabei z.B. eine Rolle spielt: Geschwindigkeit des Luftstroms, Menge der Luft, Winkel, in dem die Luft auf das Blättchen trifft, Stärke der Focussierung des Luftstroms auf die Mitte des Blättchens. All das und noch viel mehr, was ja wiederum auf die hardware reagiert, will austariert sein. Wenn man das nicht effektiv austariert, erhöht man sich selbst den Blaswiderstand.

    Zwei Indizien dafür und anschließende Überlegungen:

    1. Ich habe vor langer Zeit nach ca. einem halben Jahr Obertonübungen (ca. 5 Minuten täglich) plötzlich das Gefühl gehabt, jemand habe einen Korken aus dem Saxophonhals entfernt: Das gleiche Instrument spielte sich so extrem viel leichter, dass es für mich fast unfassbar war. Das Ganze ist so ähnlich wie das Gefühl, das man hat, wenn man beim Fahrradfahrenlernen plötzlich das Gleichgewichthalten verinnerlicht hat. Ich will aber gar nicht ausschließen, dass manche Menschen das gar nicht so stark wahrnehmen, weil es bei ihnen gar nicht so plötzlich passiert.

    Einerseits geht diese Fähigkeit dann i.d.R auch nicht mehr verloren (man kann problemlos auch nach längeren Pausen wieder auf das Fahrrad draufsteigen). Man kann auch das Fahrrad wechseln usw. Andererseits gibt es Feinheiten (freihändig fahren, sehr in die Kurve legen), bei denen man sich doch vermehrt auf „sein“ Rad einstellen muss.

    So ist es jetzt auch bei mir. Ich kann einerseits jedes Bariton sehr viel leichter und souveräner (und mit stärkeren Blättern, auf denen ich mich trotzdem wohlfühle) spielen als früher. Der Blaswiderstand ist also geringer geworden. Anderseits gibt es Feinheiten (subtones z.B.), die meistens am besten auf meinem gehen. Das bedeutet nicht, dass mein Instrument automatisch den kleinsten Blaswiderstand für mich hat. Es gibt ja noch andere Faktoren. Aber es heißt, dass ein längeres Spielen auf einem anderen Instrument den Widerstand evtl. noch stark für mich verändern kann. Und deshalb traue ich mir nicht zu, nach einer Stunde Spiel den Blaswiderstand meines Instrumentes zuverlässig mit dem eines anderen zu vergleichen. Das kann ich eher, wenn ich beide zwei Wochen nebeneinander spiele und nichts anderes zu tun habe. Und leider gibt es dann ja noch die ganzen anderen Faktoren, die den Vergleich trotzdem noch schwer machen.

    2. Ich habe zuletzt beim Versuch, mir neben dem Bariton noch Tenor beizubringen, den gleichen Effekt auch noch einmal festgestellt. Insbesondere die sehr banale Einsicht (die mir jedoch peinlich spät kam), dass man vom Bariton kommend, die Luftmenge zu verringern hat, hat den Blaswiderstand auf dem Tenor stark verringert. Aber es ist auch auffällig, wie stark er im Gegensatz zum Bariton zunimmt, wenn ich das Tenor zwei Wochen weglege. Das legt m.E. daran, dass ich noch nicht geschafft habe, auf dem Tenor das „Gleichgewicht“ so zuverlässig zu halten wie auf dem Bariton. Ebenso ist es beim kurzfristigen Wechseln der Instrumente. Das Tenor ist da sehr zickig und manchmal habe ich das Gefühl, die Blättchenstärke sei plötzlich erhöht worden. Dabei bin ich es, der den Widerstand durch ineffektives Reinpusten erhöht.

    Und es ist auffällig, dass ich auf dem Tenor mit 3er-Blättchen RicoRoyal hantiere (tendenziell zu stark), auf dem Bariton aber mit Lavoz-hard (tendenziell zu schwach) bei fast gleichen Mundstücken.

    Ich weiß, dass es auch andere Faktoren gibt, die eine Rolle spielen können und dass kleinere Instrumente anders ansprechen. Ich glaube aber, dass meine ineffektivere Luftführung auf dem Tenor zentral ist.

    Gruß von der Küste

    von Jan
     
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  11. Gelöschtes Mitglied 13399

    Gelöschtes Mitglied 13399 Guest

    Das ist ein sehr interessanter Beitrag mit wertvollen Hinweisen.
    Ich habe mir leider angewöhnt, die tiefen Töne ganz sanft anzublasen und muss aktuell daran arbeiten, sie möglichst von 0 auf 100 (in Sachen Volumen) zu bringen, ohne sie zu überblasen. Da werd ich auch mal schauen, dass ich bewusst mehr - und dafür langsamere - Luft auf einmal nehme. Vielleicht hilfts.
     
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  12. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Ich glaube, was du beschreibst ist ein Phänomen, das auf die Ausgangsfrage nicht ganz zutrifft. Du hast durch die Obertonübung deine Luftführung so optimiert, dass du mit weniger Ansatzdruck voluminösere Töne spielen kannst. Du brauchst den Widerstand nicht mehr so hoch und kannst lockerer lassen. Du brauchst plötzlich weniger Kraft und dafür gehts paradoxerweise auch noch lauter und schöner. Was du dabei nicht bemerkst ist, dass deine Stütze (hätten wir früher gesagt), die ein halbes Jahr im Fitnessstudio war, sich verändert hat.
    @Huuuup ändert aber nicht die Stütze, nicht das Mundstück und nicht den Spieler, also ist es da wohl was an der Geometrie oder dem Setup des Horns.
    Muss aber auch dazu sagen, dass die Zusammenhänge von Blaswiderstand, Ansprache, Luftführung und Ansatz für mich ein Buch mit sieben Siegeln sind. Insbesondere kann ich nicht mal genau sagen, wieviel Widerstand ich will. Manchmal viel, manchmal wenig, manchmal mittel. :/
    Ganz besonders komplex wird dann das Thema, wenn es um leise-spielen geht, aber das ist auch ein anderes Thema.
     
  13. ppue

    ppue Mod Experte

    Ich habe da vollkommen andere Vorstellungen, speziell, was die Luftführung angeht. Alles schon mal diskutiert, aber was soll's.

    Es ist kein Luftstrahl, der das Blatt trifft. Dazu müsste man eine Düse im Mund herstellen. Das kann man zum Teil mit der Zunge am Gaumen, da aber der Mundraum beim Blatt wieder größer wird, haben wir eher den gegenteiligen Effekt.

    Fühlt man mit der Zunge um das Mundstück herum, so spürt man, dass die Luft von allen Seiten auf das Blättchen trifft, ja auch von oben um das Mundstück herum auf die Seiten des Blattes. Wir haben keine Düse in der Zunge, mit der man gezielt auf die Mitte des Blattes zielen könnte.

    Zudem geht so wenig Luft durch das Instrument, das man kaum von einem Strahl reden kann. Nein, es ist eher der Druck des Zwerchfells, der im Mund einen Überdruck gegenüber der Luft in Mundstück und Instrument macht. Zwischen Blättchen und Rail ist nun der engste Durchlass für den Überdruck. Hier beschleunigt der Luftstrom und bewirkt, dass sich das Blättchen an die Rail schmiegt. Das Blättchen wird dabei aber nicht von einem Strahl getroffen, der das Blättchen gegen die Rail drückt (so steht es leider in vielen Lehrbüchern), sondern von dem sich plötzlich beschleunigenden Luftstrom an die Rail gezogen.

    Man kennt das vielleicht auf der Autobahn, wenn ein Auto einen mit 200 Sachen überholt. Man sollte meinen, der Luftdruck, den das Auto vor sich her schiebt, würde einen nach rechts weg drücken. Das Gegenteil aber passiert: Die Luft muss zwischen den beiden Autos durch, beschleunigt enorm und hinterlässt ein Teilvakuum, dass beide Fahrzeuge zueinander zieht.

    Das Blatt geht also durch den Unterdruck der sich beschleunigenden Luftmoleküle zu. Selbige bricht ab, das Blatt federt zurück und so geht es Schwingung für Schwingung.

    Einzig für diesen Unterdruck, der das Blatt zum Schwingen bringt, blasen wir ins Horn. Die Luft, die wir da hinein blasen, braucht das Instrument nicht. Sie trägt nicht zum guten Ton bei, sondern stört die stehende Welle im Instrument eher.

    Dass die Form des Mundraums auch zum guten Ton gehört, hat seinen Grund in seiner Eigenresonanz, die wahrscheinlich geradzahlige Verhältnisse zur schwingenen Luftsäule im Instrument hat.
     
  14. jan7

    jan7 Kann einfach nicht wegbleiben

    Moin!

    Ppue – vielleicht hast Du ja recht. Ich finde die Erklärung der Tonerzeugung jedenfalls beim ersten Nachdenken gut. Dann ist es unpassend, dem DURCHpusten so eine Bedeutung zuzumessen.

    Um Details der Tonerzeugung ging es mir hier nicht vorrangig, sondern darum, dass man m.E. bei der Frage nach höheren und geringeren Widerständen den subjektiven Faktor nicht unterschätzen sollte, mit dem man sich auf ein Instrument, eine Baugröße und schließlich auch SEIN Instrument einstellt. Da habe ich aufgezählt, mit was ich so experimentiert habe. Vieleicht ist die Aufzählung nicht so gelungen.

    M.E. ist Blaswiderstand sozusagen nicht eine Wand aus Instrument, die, je nachdem wie dick sie ist, für jeden Spieler gleichermaßen physikalisch mehr oder weniger Widerstand hat, sondern es ist auch der Widerstand des Spielers gegen das Instrument, der variabel ist, weil er - wenn er übt - auf das Instrument eingehen kann. Das soll nicht heißen, dass es nicht auch den „Wandanteil“ geben kann, aber ich glaube nicht, dass der 100% beträgt.

    Ich habe zwei baugleiche (glaube ich jedenfalls) Baris. Als ich sie ziemlich gleichmäßig bespielt habe, hatte ich fast den gleichen Widerstand. Seit einigen Jahren spiele ich eins nur noch sehr selten. Jetzt habe ich einen merklich größeren Unterschied. Ich versuche mir halt so, das zu erklären. Vielleicht hat die hardware-Fraktion aber doch recht und es liegt z.B. daran, dass das eine versilbert ist und es mir früher nicht aufgefallen ist, dass das schwerer anspricht. Aber ich glaube das nicht. Ich glaube mittlerweile, dass es vor allem an mir liegt.

    Gruß von der Küste von Jan
     
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  15. Gelöschtes Mitglied 13399

    Gelöschtes Mitglied 13399 Guest

    Ich könnte mir dann aber schon eine Fokussierung der Luft vorstellen, nämlich, indem die Stimmbänder weniger Luft gleichzeitig durchlassen und so dafür sorgen, dass der Druck in der Lunge größer wird oder länger bestehen bleibt bevor die Luft in den Mund kommt.

    Auf jeden Fall ein faszinierender Ansatz zum Thema Luft und Blaswiderstand!
     
  16. JES

    JES Gehört zum Inventar

    Ich denke ihr solltet erst mal definieren, was man unter Blaswiderstand versteht.
    M. E. gehen hier einige Dinge durcheinander, weil schwere Ansprache und hoher Blaswiderstand, blattstärke etc. in meinen Augen verschiedene Eigenschaften sind.
    Für mich hat hoher blaswiderstand auch wenig mit undichtigkeit zu tun, anders sieht es bei schwerer Ansprache aus. Und nicht jedes Saxophon, welches schwer anspricht, hat einen hohen blaswiderstand und umgekehrt.
     
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  17. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Moin,

    Danke @JES

    unter Blaswiderstand verstehe ich den zur Erzeugung einer bestimmten Lautstärke eines Tones notwendigen Druck im Mundraum. Dieser hat zwei Komponenten:
    i) den normalen laminaren Strömungsanteil, zur Überwindung der Engstellen (Mundstück-Blatt) Ans(DC-Anteil bei Watkins)
    ii) einen Anteil, der gegen die sich ausbildende stehende Welle arbeiten muss (AC-Anteil bei Watkins)

    Ersterer ist bei gleichem Mundstück und Blatt praktisch für alle Saxophone der gleichen Baugröße identisch.

    Warum der zweite bei verschiedenen Saxophonmarken durchaus unterschiedlich ist, dazu habe ich leider noch keine schlüssige Idee. Vor allem, da es lediglich die Vorliebe des Spielers unterstützt, aber weder geringerer noch höherer Blasdruck als grundsätzlich vorteilhaft oder unvorteilhaft einzustufen ist.

    Und nochmal: mit der Ansprache hat der Blasdruck nichts zu tun.

    @jan7
    es ist völlig klar, dass ein Saxophon, welches länger gelegen hat schlechter anspricht, da die Polster austrocknen und nicht mehr 100 %ig dicht sind.

    Gruß,
    Otfried
     
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  18. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    @Otfried und @JES, ihr habt natürlich recht, dass Ansprache und Blaswiderstand häufig verwechselt werden.
    Und das mit der Düse ist so eine Sache - wir hatten das ja kürzlich in einem anderen Thread, dass die Vorstellungen, die dem einen vielleicht helfen, dem anderen aufstoßen, weil sie mit der Physik kollidieren. Im Fall der Strömungen im Mund während der stehenden Welle halte ich mich da lieber raus. Es ist einfach schwer zu definieren, ab welcher lokalen Strömungsgeschwindigkeit Begriffe wie "Düse" und "Beschleunigung" Sinn machen (frag mal eine Schnecke nach ihrer Meinung).
    Ich sehe das das Kernproblem woanders und versuche mal aufbauend auf @ppues Modellvorstellung meine Ideen unterzubringen. Wichtig ist meines Erachtens, dass man nicht nur auf die Situation der stehenden Welle schaut.

    Wir haben 2 Gleichgewichtszustände beim ins Horn blasen und zwei Übergangszustände, die ich jetzt mal willkürlich benenne.

    1. Luft durchblasen.
    Wir blasen Luft zwischen Blättchen und Mundstück durch das Saxophon. Das Tempo ist zu niedrig oder der Ansatz zu locker, die Luft geht frei durch, das Blatt schwingt nicht. Und die Lunge ist nach kurzer Zeit leer. Minimaler Blaswiderstand.

    1a. Übergang von 1. in 2. Der Unterdruck durch die Luftströmung zwischen Blatt und Rails ist für den (durch den Ansatzdruck gewählten) Abstand ausreichend hoch, um die Bahn zu verschließen und im Idealfall die periodische Auslenkung und die stehende Welle in Gang zu setzen. In diesem Moment liegt die Ansprache verborgen. Ich denke hier empfinden wir je niedriger die Schwelle, desto vorteilhafter.

    2. Stehende Welle. Der Ton steht. Hier ist der eigentliche Blaswiderstand. Siehe @ppue's ausführliche Beschreibung. Der Blaswiderstand ist jetzt viel höher, und ich denke wir empfinden ihn jetzt auch als gut, wenn er möglichst hoch ist. Das spart Luft. Viel Ton für wenig Luft ist das Optimum. Wir blasen hier zwar kaum Luft, aber der Druck und die Bereitschaft, als würden wir ordentlich blasen muss dennoch aufrechterhalten werden.

    2a. Übergang von 2. nach 1. Wenn der Mindestdruck oder Mindestluftfluss, der nötig ist, um den Ton aufrechtzuerhalten, unterschritten wird, bricht die Schwingung ab und wir landen wieder bei 1. Diese Schwelle liegt m.E. deutlich niedriger als die von 1a. Das Aufrechterhalten der Schwingung erfordert weniger Druck, als das erzeugen (bisschen wie Haftreibung und Gleitreibung - wenns einmal flutscht...).

    Und jetzt kommen die Variablen ins Spiel: 1. ist beim Anfänger gut hörbar, insbesondere wenn der Ton mit Luft gestartet wird. (Dass die Artikulation m.E. hier auch eine großeRolle spielt, siehe Extrembeispiel Slap-Tongue, möchte ich jetzt mal außer Acht lassen. Also erstmal nur Air-Attack). Da muss der Anfänger also ordentlich pusten, bis 1a. passiert. Je versierter der Spieler, desto kürzer wird 1., vielleicht nur ein paar Millisekunden. Warum? Weil zum einen der Ansatz den Blatt-Rail-Abstand etwas verringert und zum anderen die geübte Atemmechanik (Stütze, Luftführung) punktgenau den Schwellenfluss für 1a. liefert (und danach überwiegend Druck). Möglicherweise ist in diesem Bruchteil einer Sekunde durch die Zungenstellung der lokale Fluss ins MPC derart steuerbar, dass der Gesamtfluss aus der Lunge reduziert werden kann. Das erklärt subjektive Wahrnehmungen einer Düse, die alles effizienter macht. Mal so dahingestellt, auch wenn mir diese Empfindung fehlt. Wenn das aber so ist, dann ist der Vorgang zu schnell für eine momentane Steuerung. Die Düse wird auch in der folgenden Druckphase 2. stehenbleiben, auch wenn sie da vielleicht nicht mehr düst. Aber einen Großteil der Mundstellungen, über die wir philosophieren passieren nur für diesen 1a.-Moment (außer der Intonationssteuerung).

    Jetzt haben wir 1a. geschafft und das Blatt schwingt. Damit das so bleibt, müssen wir einen konstanten Druck liefern. Der ist aber niedriger, als der Startdruck, den wir aufbringen mussten und die Schwelle hängt m.E. auch von der Ansatzhärte (Blatt-Rail-Abstand) ab. Wenn wir ordentlich aufs Blatt beißen, haben wir noch mehr Blaswiderstand, da kann man schön dagegen stützen und verbraucht weniger Luft. Ton ist dünn. Wenn wir aber den Ansatz lockern, nimmt der Blaswiderstand ab. Das kostet jetzt doch mehr Luft, trotz stehender Welle. Je nach MPC ist das mehr oder weniger verlustreich, in jedem Fall kann man nicht so schön dagegenstützen, denn wenn man jetzt die Bauchmuskeln anschaltet ist die Lunge schnell leer. Von daher könnte es jetzt sinnvoll sein, dass wir im Kehlkopf, Rachen oder Mund ein oder mehrere Widerstandselemente dem Mundstück in Reihe vorschalten. Mit anderen Worten müssen wir lernen, um mit niedrigem Widerstand überhaupt umgehen zu können, kontrolliert langsam auszuatmen. Hauchen ist selten kontrolliert. Stützen gegen ein geflüstertes "h", gegen ein kehliges "ch" oder ein "pf" ermöglicht viel mehr Kontrolle des Flusses (wobei das pf mit MPC halt nicht geht). Es fällt mir dazu die Allard-Übung ein, wo man mit angehobener Oberlippe trotzdem Töne spiel. Auch hier ist der Düsenbegriff möglicherweise aus der Wahrnehmung entstanden, da der erhöhte Widerstand natürlich lokal den Fluss erhöht, wie niedrig der auch sein mag (ich werde den armen Georg Simon jetzt aber nicht mehr strapazieren...). Soweit meine Vorstellung.
     
  19. JES

    JES Gehört zum Inventar

    @giuseppe
    Zustand 1 stimme ich pauschal nicht zu. Nur weil du keinen Ton erzeugst ist nicht automatisch der blaswiderstand klein.

    Wenn ich da mal losgelöst vom Saxophon drangehe, dann wäre der Widerstand die konstante Kraft, die ich aufbringen muss, um einen hier stationären Zustand aufrecht zu erhalten.
    Der Widerstand selbst ist eine Funktion aus Fläche, Beiwert(en) und, wenn es eine Kraft sein soll, von der Geschwindigkeit. Hier muss es sich um die Strömungsgeschwindigkeit der Luft durch das Instrument handeln, weil was anderes kommt nicht vor.
    Was jetzt ev. nicht so ganz dazu passend dazu kommt ist, dass der Spieler eine gewisse Lautstärke erzielen will. M. E. direkt abhängig von der Strömungsgeschwindigkeit aber auch von der Schwingungsneigung der dem blatt nachgelagerten luftsäule im Instrument.
    Damit haben wir aber alle Faktoren.
    Ich persönlich mag weder einen zu geringen als auch einen hohen Blaswiderstand. Ersteres hat mein Basssax, welches mit meinem Mundstück Unmengen an Luft braucht, letzteres an Sopran oder Klarinette.
     
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  20. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Ein Widerstand ist keine Kraft. Jetzt werd ich den armen Georg Simon O. doch bemühen, auch wenn er sich vielleicht im Grabe dreht. Der hat zwar den Zusammenhang zwischen elektrischen Strömen, Spannung und Widerstand beschrieben, faszinierender Weise funktioniert das Gesetz aber auch recht gut für viele Flüssigkeits- und Luftströme:

    R=U/I.
    R ist der Widerstand
    U (Spannung) ist in dem Fall die Druckdifferenz, die anliegt
    I (Stromstärke) ist der Fluss.

    Wenn du einen Ton spielst (Zustand 2), kannst du mit mäßig viel Druck U, auch wenn du ganz laut spielst, nicht "durch den Ton" in - sagen wir mal - einer Sekunde ausatmen. Wenn du es doch forcierst, geht der Ton flöten. Aber hier geht es um die Situation mit Ton. Egal wie laut du spielst, dein Fluss I ist durch die stehende Welle und periodische Blattschwingung mehr oder weniger limitiert. Beim Bass-Sax weniger als beim Sopran, aber dennoch im Vergleich zum normalen Ausatmen. Das ist der Blaswiderstand (viel Druck : wenig Fluss = hoch).

    Wenn du durch das Mundstück ausatmest ohne einen Ton zu spielen (Zustand 1), brauchst du fast keinen Druck U und kriegst problemlos relativ viel Fluss hin. Der Widerstand ist nach o.g. Gleichung folglich sehr gering (wenig Druck : viel Fluss = niedrig). Natürlich geht das nicht unbegrenzt, wenn zuviel Fluss kommt, passiert 1a.

    Vielleicht ist meine Vorstellung so besser nachvollziehbar?
     
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