Blue Bossa analysieren

Dieses Thema im Forum "Improvisation - Harmonielehre" wurde erstellt von Altermann, 23.November.2020.

  1. Jacqueline

    Jacqueline Strebt nach Höherem

    Könntest du das für Laien bitte weiter beleuchten?
    Ich verstehe nicht was damit gemeint ist.
    Ist damit gemeint, dass man besser keine Akkorde und Tonleitern lernt um zu improvisieren?
     
  2. Juju

    Juju Strebt nach Höherem

    Er ist wirklich verbittert, und er ist ja nie ein schlechter Musiker gewesen, aber vor etwa zehn Jahren kam für ihn erst diese Erkenntnis, und das ist schon hart, wenn Du gewissermaßen Dein Leben damit verbracht hast und das Berklee Konzept an nachfolgende Generationen weitergegeben hast. Er denkt, wenn es anders vermittelt worden wäre, wäre er heute ein anderer Musiker, und er hat seitdem jeden Tag daran gearbeitet, sich selbst das Berklee-Konzept wieder auszutreiben.
    Und klar, es hat ja auch einen Platz, z.B. im modalen Jazz, aber für Funktionsharmonie ist es ganz unglücklich, und so sind nunmal die meisten Standards aufgebaut..

    Absolut nicht, aber das Problem ist, dass einem suggeriert wird, dass es zu jedem Akkord DIE passende Skala gibt (oder umgekehrt), und da beginnt das Problem. Es suggeriert, dass, wenn Du nur die "richtige" Skala hast, Du diese rauf- und runternudeln kannst, und wenn Du ab und zu eine von den schwarz ausgefüllten Tönen (Aebersold) triffst oder drauf landest passt es schon irgendwie. Time und rhythmic placement treten in den Hintergrund.
    In dem ersten Teil von dem verlinkten Video hast Du direkt Skalen auf die verschiedenen Teile der Bluesform bezogen, und die Akkorde werden auch benannt, aber diese simple Scale exercise ist strikt auf die Form des Stückes bezogen. Die Töne passen im Rahmen dieser Übung absolut, nur der Trugschluß ist, wenn ich jetzt diese Töne einfach irgendwie benutze, in anderer Reihenfolge, dann sind die alle richtig, und hey! ich kann improvisieren. Das soll jetzt um Himmels Willen niemanden abhalten, sich kreativ mit dem Material zu beschäftigen und sich auszuprobieren, aber ganz wichtig ist das Bewusstsein um Rhythmus, und wo die Töne im rhythmischen Kontext sitzen. Plus Improvisation ist nicht Jogging auf der Stelle, sondern Du willst ja Dich und Deine Zuhörer auf eine Reise mitnehmen. Das ist jetzt stark verkürzt...

    LG Juju
     
  3. Jacqueline

    Jacqueline Strebt nach Höherem

    Vllt doch, ich hab deine Aussage zumindest verstanden ;-)
     
  4. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    @Juju, was du schreibst ist für mich eine interessante und zumindest von dieser Seite völlig neue Perspektive. Kritik an der Chord-Scale-Methode ist ja nicht ganz neu, für mich aber neu, wenn sie aus der Richtung von Leuten kommt, die sie gelernt, gemeistert und unterrichtet haben.
    Bei mir hat Aebersold eine wichtige Rolle gehabt: Klarinette und Sax habe ich als Kind und Jugendlicher bei sehr guten klassischen Lehrern gelernt. Jazz war als Hochschulfach in Europa noch nicht annähernd angekommen und meine Lehrer konnten mir nur sehr beschränkt helfen (da muss man glaub ich Töne benden und bisschen unsauber spielen). Ein Jazzlehrer war ohne Internet und mit eingeschränkter Mobilität einfach out of reach. Transkribieren fand ich auch viel schwieriger als heute (ohne Klavier mit Plattenspieler/Kassettenrekorder ohne slow-down-Option). Während ich Louis Armstrong und Johnny Dodds zumindest melodisch folgen konnte, war so zu spielen wie Bird, Sonny Rollins oder Coltrane für mich ein komplett unerreichbarer Traum. Ich konnte nicht verstehen, was die machten, obwohl es echt cool war. Neben einem irgendwann erstandenen Charlie Parker Omnibook waren die Aebersold Platten plötzlich der erste geschriebene Türöffner in Richtung Jazz und die erste Art von Anleitung, wie man Akkordsymbole lesen, interpretieren und danach spielen kann. Ich hab schon gemerkt, dass Bird oft nicht die Skalen verwendet, die Aebersold vorschlägt, und auch, dass halb- oder ganztaktige Skalenwechsel nicht hilfreich sind, wenn man in ganzen Sätzen sprechen will. Überhaupt gab es bei Aebersold gar keine sinnvollen Erklärungen, warum Moll immer Dorisch sein muss und Dominant so oft Alteriert. Ich empfand ihn aber in seiner banalen Präsentation von "scale suggestions" auch eher undogmatisch, man musste selber nachlesen und nachforschen, wenn man das "warum" ergründen wollte. Das hat mir als Amateur einen Ausgangspunkt gegeben, zu hören, zu analysieren und nachzulesen ohne deswegen ein blinder Anhänger einer Chord-Scale-Methode zu werden. Aebersold steht trotz der Skalen mit den ausgemalten Pünktchen deshalb bei mir nicht für Chord-Scale, sondern für amtliches Playalong - und die Lead Sheets zählen zu den richtigeren. Ich mag die Platten nach wie vor sehr gerne und muss jetzt mal eine Lanze für sie brechen.
     
    Juju und Kristina Bossanova gefällt das.
  5. Rick

    Rick Experte

    Da bin ich, wie schon geschrieben, ganz bei Dir!

    Auch mein Werdegang war ähnlich wie bei Dir: Anfangs keine kompetenten Lehrer in der Nähe, Improvisationsbücher gab es nur wenige (ich hatte Baresel und Viera), da stand auch wenig Konkretes, aber dafür viel Richtiges: Einfach machen, ausprobieren und nachspielen!
    Die ersten "Standards" wurden rausgehört, überhaupt haben meine Mitmusiker und ich damals ganz viele Aufnahmen gehört und versucht, deren Essenz zu begreifen.

    Als ich dann mit 20 in Heidelberg "richtige" Jazzmusiker traf, lernte ich erst mal die ganzen Fachbegriffe, konnte dem, was ich vom Hören und Spielen kannte, endlich Namen und Worte geben.
    Seither bin ich auch immer wieder durch Schüler mit irgendwelchen Unterrichtswerken konfrontiert worden, auch mit der "Berklee-Methode", die mich aber nie sonderlich interessiert hat, weil sie für mich nicht die Ergebnisse lieferte, die ich spielen wollte.

    So sehe ich das auch.
    Bei "Cantaloupe Island" oder "Song For My Father" komme ich mit Skalen sehr weit, aber bei "All Of Me" nicht unbedingt.

    Ja, genau!
    Die "rhythmische Platzierung" der Töne ist absolut elementar, das übe ich mit meinen Schülern, wie auch "offene" und "geschlossene" Melodik.
    Mit guter Rhythmik kann man viel mehr ausrichten als nur mit den "richtigen" Tönen.

    Und der Soloaufbau wird leider von vielen Musikern vernachlässigt, genau wie die Kommunikation untereinander, zwischen Solist und Begleiter.
    Viele "dudeln" nur vor sich hin - das kommt aber meiner Ansicht nach auch vom exzessiven Spielen zu Play-Alongs.
    Deshalb empfehle ich jedem, sich möglichst bald andere Musiker zu suchen, mit denen sie zusammen spielen können - das bringt enorm viel, auch durch die Diskussionen untereinander über die Stücke. ;)

    So gesehen ist es falsch, wenn ich sage, dass ich jazzmäßig Autodidakt bin - eigentlich hatte ich nicht KEINEN Lehrer, sondern sehr viele, denen ich im Nachhinein sehr dankbar dafür bin, dass wir uns gemeinsam über Musik auseinandersetzen konnten! :)
     
  6. GelöschtesMitglied14341

    GelöschtesMitglied14341 Guest

    @Rick
    Da ist sehr viel schönes dran was Du sagst und was ich aus eigener Erfahrung festgestellt habe.
    Rhythmik ist ein elementares Thema und die Kommunikation untereinander. Daher bin ich auch z.Z. vom Thema "freie Improvisation" so angefixt, weil es da um die ganze Theorie-Grütze nicht geht, sondern gemeinsam (!) etwas ohne (oder mit wenigen) Vorgaben zu erschaffen. Genial einfach, aber doch so schwer.

    Auch ist für das Spielen in einer Band für mich elementar, Playalongs sind nur ein Hilfsmittel, um sich einem Song zu nähern.
     
    Rick gefällt das.
  7. Rick

    Rick Experte

    Anmerkungen zu meinem vorigen Post:

    Bevor jetzt jemand einwendet, dass es Ende der 1970er Jahre durchaus eine Jazz-Szene in Marburg gab: Diese bestand damals ausschließlich aus Amateuren, die teilweise wirklich gut waren, aber eben Musik nur als Hobby betrieben.
    In Heidelberg traf ich Leute, die selbst in Berklee studiert hatten, und die vielen US-Amerikaner, teilweise Profis in der US Army Band. Das war eine ganz andere Kompetenz!

    Tatsächlich haben wir uns seinerzeit auch stark mit Modaler Improvisation und natürlich mit Fusion beschäftigt, das war ja DIE zeitgenössische Musik um 1980. Wir wussten nur nicht, dass wir "Modi" verwendeten oder wie diese hießen. :rolleyes:

    Funktionsharmonische Improvisation hieß für uns, dass wir einfach ausprobierten, welche Töne gut zu welchen Akkorden passten, im Grunde aber haben wir das Ganze von der melodischen Seite her aufgezogen: Wie bilde ich schöne Melodien über diese Akkordfolgen?
    Einen Akkord aus dem Zusammenhang zu reißen und darüber bestimmte Skalen zu denken wäre uns völlig abwegig vorgekommen - was es ja im Grunde auch ist. :cool:
     
  8. crossroader

    crossroader Schaut nur mal vorbei

    Wie baue ich auf den A7+9 Akkord ein richtiges Arpeggio?
    Grüße
    André

    Genau, wie "Altermann" schrieb. II V I in Moll (Takte 5-8 von Blue Bossa)

    1. Schritt
    Die Skala von A7 lautet also: A Bb C# D E F G A (ganz wichtig: Du mußt diese Skala als erstes ins Ohr bekommen -der große Sprung von Bb nach C# ist das Typische!!! 1 1/2 Tonschritte!!)

    Grund-Arpeggio also: A-C#-E-G (ich ergänze: die Erweiterung G -Bb(=b9) -C# - E kannst Du später auch versuchen einzubauen)!

    2. Schritt
    Richtig: jetzt fehlt noch die #9 !! Folgende Lösung: Du nimmst die #9 zur Skala noch dazu! A Bb C C# D E F G A (damit wird die Harmonisch-Moll-Skala einfach um einen zusätzlichen Ton erweitert -und heißt im Fachjargon: FLAMENCO-Skala!)

    Im Arpeggio versuchen: A-C-E-G !! Du wirst sehen, das klingt auch richtig!
    --

    Für mich war immer ganz wichtig, die Skalen und Arpeggios auszuprobieren und ins Gehör zu bekommen. Später wechselst Du zwischen den beiden Skalen bzw. Arpeggios je nach gewünschtem Klangbild. (C und C# wird also ausgetauscht bzw. in der Melodie nacheinander gespielt).
     
    StanFan und Altermann gefällt das.
  9. scenarnick

    scenarnick Administrator

    ist aber durchaus eine gangbare Methode, sich dem Thema zu nähern, oder sehe ich da etwas falsch? Gut, Du reißt keinen Akkord "aus dem Zusammenhang" aber bei einer Kadenz (nehmen wir nur mal die letzten zwei Akkorde der klassischen Kadenz: V und I) kannst Du Dir durchaus doch "erstmal" als Struktur eine Linie bauen, die die beiden Akkorde verbindet. Nehmen wir ein plattes, einfaches Beispiel von G7 nach C. Eine Linie könnte durchaus aus F - G - H - C bestehen, was nix Anderes ist als ein kleines Arpeggio über G7 mit dem Zielton C, der dann aus dem nächsten Akkord stammt.

    Ich verstehe Eure Diskussion und verstehe, dass "striktes" Abarbeiten von Skalen über Akkorden nicht zielführend und nicht nachhaltig ist. Was ich nicht verstehe und mit meinem Einwurf hinterfragen will ist, wie ein Anfänger, der möglicherweise keine Vorkenntnisse an akkrodischen Instrumenten (Klavier, Gitarre) hat, anders an Impro drangehen sollte, als erstmal Arpeggien zu bauen und dann von da aus die Überleitung zum nächsten Chord zu suchen.

    Spielen, Probieren ist super und wird ab einer gewissen Verständnisstufe auch durch NIX zu ersetzen sein. Erklärt mir nur bitte einen anderen Einstieg als Skalen und Arpeggien
     
  10. GelöschtesMitglied14341

    GelöschtesMitglied14341 Guest

    Die spannenden Konstellationen in der Dominant-b9b13-Skala sind natürlich die 2 Halbtonschritte mit dem dazwischen liegenden 1,5er Schritt.
    Und wenn Du das C# spielst, schreit es förmlich danach, zum D aufgelöst zu werden (und anders herum).

    Da es eine Dominant-Skala ist, kann man das dann noch zur Bebop-Skala erweitern, also das Ab mit reinnehmen.
     
    Altermann gefällt das.
  11. Rick

    Rick Experte

    Das Zauberwort heißt "Melodien finden".
    Natürlich kann man Arpeggien spielen, aber die sind nicht unbedingt "melodiös". Natürlich kann ich durch die Akkorde hindurch Linien bilden, aber die sollten eben auch nach etwas klingen.

    In meinem Unterricht baue ich das folgendermaßen auf:
    1. Einfache Akkordfolgen, dazu wenige Töne zum "Basteln" geben, die alle irgendwie "gut klingen".
    2. Stücke mit Akkordfolgen, bei denen an einigen Stellen andere Töne passen, um das harmonische Timing zu üben.
    3. Stücke mit sich ändernden tonalen Zentren, bei denen man komplett andere Tonarten hat. Hier eignet sich "Blue Bossa" sehr gut!

    Dann kommt irgendwann der Punkt, wo dem Schüler dieser "Babybrei" nicht mehr genügt und er nach "festerer Nahrung" verlangt. Dann kommen die Akkorde, ihr Aufbau, welche Töne warum passen oder vermieden werden sollten.
    (Oder auch nicht: Wenn jemand nur Pop-Sax oder so spielen möchte, ist er meistens mit dem Bisherigen zufrieden und benötigt nicht mehr an Wissen.)

    An den Punkten 1 bis 3 kann man sehr viel lernen über Melodik und Rhythmik, meiner Ansicht nach ist dann der Rest recht einfach zu machen, obwohl der natürlich Jahre in Anspruch nimmt.
    Aber wenn man gleich mit ganz viel Akkordaufbau, alterierten Skalen usw. einsteigt, dabei jedoch Melodik und Rhythmik nicht im Blick hat, wird es schwierig, außerdem hat man dann nicht den "spielerischen Aspekt", sondern alles erscheint kompliziert, wissenschaftlich, verkopft - da kann schon mal der Spaß an der Musik verloren gehen.
     
  12. scenarnick

    scenarnick Administrator

    Danke @Rick

    Jetzt kann ich Dir folgen.
     
    Rick gefällt das.
  13. Roland

    Roland Strebt nach Höherem

    Vom Klavier kommend:
    Lehrer: Das ist Dur, das ist Moll. Das sind die Modi. Das ist eine Kadenz. Das ist ein Trugschluss. Das ist ein Verminderter. Punkt.
    Rest ich: Gehör und Ausprobieren.

    Und ich habe bei einem "II-V-I" nie drei verschiedene Skalen gedacht. Es ist m.E. absolut nicht zielführend, mit D-Dorisch, G-mixolydisch und C-Dur um die Ecke zu kommen, wenn das Makro einfach ein "II-V-I" in C-Dur ist. So habe ich das nie gehört, so habe ich das nie empfunden und mir auch so nicht klar gemacht. (habe das ohne Buch aus dem Gehör gelernt.) Die Aebersoldschen Skalenempfehlungen ignoriere ich noch nicht einmal, die nehme ich einfach nicht mehr wahr.

    Grüße
    Roland
     
    Rick gefällt das.
  14. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Skalen finde ich schon hilfreich, aber das Denken in harmonischen und melodischen Phrasen beziehungsweise Bezug auf tonale Zentren ist unter Umständen schlüssiger und sicher flüssiger, einfacher und zielführender.

    Am Beispiel Blue Bossa (Tonarten klingend):
    Die ersten 8 und die letzten 4 Takte sind im C-Moll-Universum. Wenn ich hier (analog zur Melodie) die natürliche Molltonleiter spiele (äolisch), bin ich auch in der IV. Stufe auf F mit der Mollterz richtig. Lediglich im 6. und 14.Takt muss ich daran denken, der Dominante die Durterz zu geben, das ist nur ein Halbton den ich ändern muss.
    Takt 9 bis 12 bewegen sich im Db-Dur-Universum, Db-Dur wäre die primäre Wahl.
    So habe ich für den Beginn das Tonmaterial von "zweieinhalb" Tonleitern (ja, eigentlich 3, aber einmal shiftet nur ein Halbton) um darüber Melodien zu finden.
    Wird mir das zu fad, kann ich irgendwann gezielt nach Tensions und Erweiterungen suchen, wie z.B. alteriert. Die kommen dann auch viel authentischer, als wenn ich bei jedem Durchgang über sie drübernudel. Das ist aber erst gefühlt der dritte Schritt.

    Spiele ich dagegen im ersten Takt C Dorisch mit großer Sext, muss ich nach zwei Takten die Skala wechseln. Der Bogen um das unveränderte tonale Zentrum geht mir verloren. Das heißt mehr Arbeit für weniger Zusammenhang...

    Genau das mein ich. BTW, Pech gehabt bei der Vergabe des Lehrers, Glück gehabt bei der Musikalität.
     
    Altermann und Rick gefällt das.
  15. GelöschtesMitglied4288

    GelöschtesMitglied4288 Guest

    Mal in eigener Sache. Vielleicht magst du an meinem Jazzkurs teilnehmen, der jetzt wieder beginnt. Da erkläre ich eine Menge, u. a. auch am Beispiel von Blue Bossa. Die Teilnehmer bisher fanden ihn wohl ziemlich gut.
    Mehr Infos auch als PM oder auf meiner Homepage...
     
    Altermann und Rick gefällt das.
  16. crossroader

    crossroader Schaut nur mal vorbei

    Absolut nicht, aber das Problem ist, dass einem suggeriert wird, dass es zu jedem Akkord DIE passende Skala gibt (oder umgekehrt), und da beginnt das Problem. Es suggeriert, dass, wenn Du nur die "richtige" Skala hast, Du diese rauf- und runternudeln kannst..
    ....Skalen auf die verschiedenen Teile der Bluesform bezogen, und die Akkorde werden auch benannt, aber diese simple Scale exercise ist strikt auf die Form des Stückes bezogen....

    Hallo Juju;

    man kann es so sehen: Akkord-Skalen-Theorie ist nur die GRUNDLAGE (irgendwo muß man ja beginnen). So gibt es viele Passagen in Standards, die einfach erklärt werden können (zB Black Orpheus).
    Aber: irgendwo beginnt der Punkt, wo es über die Grundlagen-Erklärungen hinausgeht (zB Einbau von Bluestönen/Bluesskalen in Standards).

    An diesem Punkt entscheidet das Gehör des Musikers, wie es weitergeht. Weiteres Beispiel - - über eine Dominante können folgende Skalen "probiert" werden: Mixolydisch, Mixo#11, Alteriert, HM5 oder verminderte (HTGT) Skala etc.
    Man hat eben unterschiedliche Färbungen und muß selbst entscheiden, welche einem gefällt.

    Für mich ist es ein täglicher Lernprozeß, der immer weiter geht - derzeit gehe ich so vor: zuerst die Originalmelodie ins Gehör kriegen und dann die möglichen Skalen probieren und immer wieder anhören (und Solos/Noten von Profis studieren) - eine oder 2 Skalen passen immer und beginnen zu klingen! Aber oft nicht sofort, sondern nach ein paar Übungseinheiten!

    Viel Erfolg weiterhin!
    Alfons
     
    GelöschtesMitglied11578 gefällt das.
  17. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Hallo @crossroader, ich weiß nicht ob du alles in dem Thread gelesen hast. Angeregt durch einen diskussionswürdigen Skalenvorschlag von Aebersold war die Diskussion zu dem Punkt gekommen, dass in traditionellen Musikstücken mit tonalem Zentrum, zu dem auch die meisten Jazz-Standards gehören, die funktionsharmonischen Zusammenhänge die Grundlage bilden, während Zuordnungen von einzelnen Skalen zu jedem Akkord nicht nur deutlich aufwändiger sind, sondern häufig dazu führen, dass der funktionsharmonische Zusammenhang verloren geht und der Satz seines Satzbaus und seines Sinns beraubt wird - der Wald vor lauter Bäumen nicht mehr gesehen wird wenn du willst. Die Akkord-Skalen-Theorie ist wahrscheinlich weder historisch, noch einer sonstigen Logik folgend die Grundlage der Melodiebildung in traditionellen Akkordgebilden. Es fehlt nämlich die Bedeutung der Kadenz mit ihren Spannungen und Entspannungen, mit den Leittönen. Die Akkord-Skalen-Theorie sieht sie nicht. Ich vermute eher, dass sie als Hilfsmittel entstanden ist, um Klangfarben zuzuordnen und erkunden zu können.

    Deine Vorgehensweise hat schon einen Nutzen. Du trainierst Geläufigkeit auf dem Instrument und schärfst das Bewusstsein für Klangfarben. Wenn es aber ans eigentliche Improvisieren geht, wird der von dir gesteckte Rahmen sehr sehr eng. Was dabei herauskommt sind u.U. isolierte, akkordbezogene Ideen, die mehr oder weniger flüssig aneinandergefügt werden. Das hat für mich auch seinen Platz, schließlich soll alles erlaubt sein. Aber eine ästhetische Melodielinie über drei, vier, fünf oder noch mehr Takte zu ziehen und deinen vorgegebenen Skalen/Akkorden zu folgen wird in diesem engen Rahmen eine zunehmend komplexe Mammutaufgabe. Aus funktionsharmonischer Sicht geht der Aufwand schnell am Ziel vorbei. Deswegen kann es hilfreich sein, einfach mal alle Skalen links liegen zu lassen, das tonale Zentrum eines Abschnittes zu identifizieren und - nur mit dem Ohr den Harmonien folgend - in "ganzen Sätzen" zu sprechen. Jazztheoretisch würde man sagen, horizontaler drangehen. Es gibt aber noch viele andere Möglichkeiten, sich selber ein "handrail" zu legen, ohne die Skalen ganz fix zuzuordnen.

    Ein Ausspielen einzelner Akkorde oder Skalen hat sicher ihren Platz. Coleman Hawkins oder John Coltrane sind 2 Beispiele, die das auf ihre Art teils in extenso getan haben. Die hatten aber ein unfassbares Gespür dafür, eine übergeordnete Melodie bzw. Idee nicht aus den Augen zu verlieren. Das macht für mich den großen Unterschied.
     
  18. crossroader

    crossroader Schaut nur mal vorbei

     
    Rick gefällt das.
  19. GelöschtesMitglied11578

    GelöschtesMitglied11578 Guest

    Ich finde es immer sehr traurig in solchen Themen mitzulesen und immer wieder die gleichen Floskeln wahrnehmen zu müssen. Damit , dass letztendlich die eigentlichen Informationen ausbleiben finde ich es geradezu gemein fragende Foristen mit unvollständigen Informationen bis hin zu verwirrenden Informationen zu versorgen.

    Die immer wiedergekauten Therme wie:

    - du musst in ganzen Sätzen sprechen
    - das Vokabular des Jazz musst du nutzen
    - Rhythmik und Phrasierung sind wichtig
    - metrischer Kontext
    - Skalen sind behindern einen nur (bis hin zu fast verächtlichen Äußerungen wenn sich jemand mit dem Thema Skalen auseinandersetzt)
    - mann mus kopieren und sich licks draufschaffen
    - transkribieren ist de einzige Weg
    - einfach nur mit Licks übern wird man nie improvisieren können
    - Licks sind das Vokabular des Jazz und ohne Licks wird man nie in ganzen Sätzen sprechen können


    sind für mich einfach nur überhebliche Wissensvorenthaltungen, wenn dazu nicht beispielhaft und verständlich das "WARUM" und die nutzbare und anwendungsfreundliche Alternative folgt! Den Fragenden mit Nichts am Ende stehen zu lassen empfinde ICH als unverantwortliche Fehlinformierung.

    Wenn dann die Akkord-Skalen-Theorie in kontroverse Stellung zur Funktionsharmonik gestellt wird und gleichzeitig deren Nutzen, Wirkung und Anwendungsflexibilität in Frage gestellt wird ohne adäquate methodische Alternativen anzubieten bzw. zu verdeutlichen welche weiterführenden Methoden dringend in Zusmmenhang zu bringen sind um diese Theorien musikalisch anwendbar individuell nutzen zu können, dann empfinde ICH das als nahezu unverantworlichen Hinweis für fragende Interessierte!

    In den meißten Fällen ist es doch eher mehr einfach als verworren und es gibt mehrere Möglichkeiten sich dem Thema zu nähern. Welche des fragende Forist sich dann annimmt ist seinem Lerntypus und eigendidaktischer Fähigkeit überlassen. Wenn man aber die eigentlichen Informationen zurückhält empfinde ich das schon schmerzhaft als bewusstes Fehlinformieren.

    Am Ende sind jetzt fast alle Sachen verteufelt worden und man kann nach dem lesen dieses Themas eigentlich nur noch aufgeben.

    Sicherlich könnte man auch über sienen Schatten springen und außerhalb seiner Lehrertätigkeit die interessanten Infos entsprechend dem Stand des Fragenden hier preisgeben - scheint aber nicht gewollt zu sein.

    Stattdessen wird verschiegen warum auf welchen Akkord welche Skale ersteinmal passt - wenn es dann doch verraten wird, wird die AST dahinter aus einem Blickwinkel entwertet, der dem durchschnittlichen Jazzfreund wahrscheinlich noch sehr lange verborgen bleibt und auf die Funktionsharmonik verwiesen, welche sich mit der AST doch trefflich ergänzt. Es sei denn man denkt dogmatisch.

    Der Aufbau von Arpeggios ist doch absolut sinnvoll - aber nein, selbst der Ansatz wird ersteinmal in Frage gestellt. Gleichzeitig wird ein Mysterium draus gemacht, wie man Arpeggios bildet und das man das hier nicht eklären könnte.

    Dann sind die Aebersold- Sachen noch zerrissen worden und was bleibt am Ende ?

    Nichts - kein Ansatz kein Hinweis. Keine nächste Stufe. Nur noch mehr Verwirrung, weil alle gebotenen und vor allem auch intensiv genutzen methodischen Ansätze damit ausgehebelt wurden, dass man Musik so nicht erfassen kann.

    AM schlimmsten empfinde ICH, wenn bei jemand dann die eigentliche Erkenntnis gekommen ist - aber diese dann nicht genannt/benannt wird. Ok - soll also jeder selbst drauf kommen und den harten Weg gehen,weil man den auch gegangen ist ... ?

    Aber warum dann ins Forum schreiben?

    Es beschämt mich mit welcher Zurückhaltung hier einfachste Informationen zur spezifischen Weiterentwicklung bewusst zurückgehalten werden. Aus welchem Grund auch immer.

    Es beschämt mich, wenn einfache Erklärungen von Mitforisten und persönliche Erfahrungen mit Theoremen erst zerlegt werden um anschließen die Methoden dahinter in Frage zu stellen, damit am Ende nichts mehr wirklcih übrig bleibt als die eigenen Genialität, welche man haben müsste um Jazz spielen zu können.

    Nein, es ist doch einfacher und es gibt eine Menge Regeln, Methoden und Übungen mit denen man sich weiterentwickeln kann. Und ja jede dieser Ansätze wird unvollständig sein und wird den kreativen Moment in einem gespielten Solo von vor 50 Jahren nicht immer als Regel abbilden können. Und auch richtig wird sein, dass es zu jeder Regel eine Ausnahme und erweiterung geben wird.

    Trotzdem ist es dann verpflichtend diese Ansätze dem Fragenden zu liefern. Auch und gerade dann, wenn man sich selbst mit diesen Ansätzen über diese Hinaus begeben hat und diesen Ausblick auch zu geben.


    Die aufgebundenen Bären von Berklee werden beschulding "Mist" eingeführt zu haben - eine alternative Herangehensweise wird dafür aber verschwiegen.

    Wenn man Skalen auch nicht einfach so runterdudeln soll - was soll man denn stattdessen machen und WARUM ? Es gibt ja einen Grund warum man so viele Jazzstudenten Skalen rauf und runter nudeln hört - warum machen die das? Wie klingt das eingentliche und was hat das mit Jazz zu tun? Hmmm? Genau aber worauf muss ich beim nutzen von Skalen achten, damit genau das nicht passiert? Warum muss ich darauf achten und wo ist der harmonische Kontext, der einem sagt welcher Ton jetzt wie wirkt und welche Töne jetzt zum nutzbaren Tonmaterial gehören. (Abgesehen, davon es es immer 12 Halbtöne sein können - auch wenn man in Skalen denkt ... )

    Wenn sich dann mal jemand mit einer persönlichen Haltung raustraut werden demjenigen dann dafür die gerade abgewählten Jazztheorien um die Ohren gehauen und ein indiidueller Ansatz mit persönlicher Erfahrung zunichte gemacht.

    Am Ende bleibt nichts übrig als die Genialität einiger Weniger ... und die eigene Hoffnung auf Erleuchtung. "Echt jetzt?"

    Ein wirklich schöner Zustand, wenn man an seiner aktuellen Situation also eigetlich nichts ändern kann und jegliche Beschäftigung mit den Materiel, welches alle "Erleuchteten" zu ihren jetzigen Erfahrungswerten geführt hat, für einen selber als sinnlos hingestellt wird.

    Nach meinen Erfahrungen aus den Theorie - TOTM´s habe ich auch nicht mehr den Mut mich einzubringen. Ich mach das nur noch am Telefon persönlich ...


    Eigentlich kann es sehr schön sein und eigentlich kann man mit Theorie sehr viel Spass haben. Auch mit dem Üben von Inhalten der Theorie kann man Spass haben und auch mit dem Anwenden dieses Wisses wird man Spass haben.

    Wenn man irgendwann dann entdeckt, dass dahinter noch viel mehr ist, dann kann man damit auch noch viel mehr Spass haben.

    Von Anfang an zu sagen das die Beschäftigung mit den Theorien nichts bringt, die Inhalte zu verschweigen, eigene Erkenntnisse zurückzuhalten und angebotene Ansätze zu enwerten, empfinde ich als sehr elitär.


    Am Ende ist es doch viel einfacher - es reicht wenn es gute Musik ist. Welches Level interessiert nur die Jazzpolizei.
     
    scenarnick gefällt das.
  20. Jacqueline

    Jacqueline Strebt nach Höherem

    @Feuerstreuer

    Ich verstehe deine Einwände, aber vllt ist es auch einfach dem Format geschuldet.
    Jemandem so etwas übers Internet zu erklären ist ..ja...vllt... unmöglich???

    Da ist es leichter, wenn man sich über die Methoden zum besagten Ziel streitet.
    Ich finde es auch nicht schön, dass der TE dann am Ende mit leeren Händen und einem qualmenden Kopf da steht (ging mir hier auch schon öfter so, ganz zu Beginn).

    Wie würde es denn ablaufen wenn jmd versucht etwas ernsthaft zu erklären (Versuche sind ja da...). Nach 3 Beiträgen kommt jmd ums Eck, der es besser weiss.
    Das funktioniert nicht..

    Eine Lösung für dieses Problem habe ich leider auch nicht.
    Ich glaube aber, dass man solche Fragen nicht übers Internet lösen kann. Der TE schrieb ja selbst er ist Improvisationsanfänger.

    Ich verbleibe dabei: ich habe keine Lösung, aber ich bewundere das Problem ;-)

    So, und mein Beitrag hat jetzt auch nicht geholfen.

    @Altermann
    Bluebossa ist auch mein 1. Standard und ich verstehe fast nichts von dem was hier geschrieben wird.
    Muss ich aber auch nicht. Jetzt.
    In 5 Jahren ist es dann hoffentlich kalter Kaffee für mich.

    Ich wünsche Dir viel Erfolg!
     
    Rick, ppue und murofnohp gefällt das.
  1. Diese Seite verwendet Cookies, um Inhalte zu personalisieren, diese deiner Erfahrung anzupassen und dich nach der Registrierung angemeldet zu halten.
    Wenn du dich weiterhin auf dieser Seite aufhältst, akzeptierst du unseren Einsatz von Cookies.
    Information ausblenden