Schreckliche Musikstudenten

Dieses Thema im Forum "Alto Special" wurde erstellt von Kristina Bossanova, 29.Dezember.2020.

  1. visir

    visir Gehört zum Inventar

    Diese Gruppen gibt es nun einmal - daraus einen Gegensatz zu machen (in welcher Weise auch immer), ist das Problem.
    Wenn sich jemand "unpassend" verhält, heißt es gleich, je nachdem "die Studenten", "die Amateure", "die Autofahrer", "die Radfahrer", "die Politiker", "die Raucher", "die..."
    Letztlich sind es immer "die Menschen". Es sind immer Menschen, die ihren jeweiligen Egoismus auf die eine oder andere Weise zeigen und sich dabei ungebührlich verhalten, oder auch auf andere zeigen und meinen, dass sie sich ungebührlich verhalten, um sich über jene zu überheben. Und das passiert uns allen, in der einen oder anderen Form.
    Das Ego etwas zurücknehmen und "den Nächsten lieben wie sich selbst" (als wohl unerreichbares Ziel) würde das Problem lösen... umso mehr, je mehr mittun.

    Schließt das eine das andere aus?
    "Beklatscht werden" ist nur eine Ausformung von Anerkennung, und der Trieb nach Anerkennung sei der zweitstärkste Trieb im Menschen (nach dem Überlebenstrieb), hab ich einmal gehört.
    Das heißt aber nicht, dass man nicht "Musik machen" will. Man erlernt ein Instrument, ist "stolz", was man ggf. mit viel Arbeit geschafft hat, und hofft, dass das auch andere - anerkennen.
    Man macht "seine" Musik - und die kommt an oder auch nicht. Oder man muss einfach länger suchen, bis man jemanden findet, dem das auch gefällt... oder man ist bezüglich Musikstil flexibel und macht dann halt die Musik, von der man weiß, dass sie bei mehr Menschen ankommt...

    Als ich beschloss, ein Studium zu beginnen, stand ich vor der Wahl, ob Psychologie oder Informatik - war beides ähnlich interessant für mich. Meine Wahl war dann eine finanzielle...
     
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  2. ppue

    ppue Experte

    Ich habe das nicht an dem Verhalten fest gemacht, sondern an dem Material, mit dem sich ein Lernender auseinandersetzt. Und das hat ja nichts mit Ressentiments zu tun.
    Ein Autodidakt; Straßenmusiker oder eigenständig Lernender sucht sich sein Studienmaterial selbst und nach seinen eigenen Bedürfnissen zusammen. Dadurch erhält er sich seine Individualität. Ein Studierter bekommt das Material (das war eher eine Frage an die Studierten) vorgesetzt, wie auch alle anderen seiner Mitstudenten.
     
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  3. altblase

    altblase Strebt nach Höherem

    Das erlebe ich auch jeden Tag zuhauf!
    Selbstüberschätzung anstelle von Selbstreflektion. Die Aussage von Herrn Marsalis habe ich weniger auf die Musikstudenten an sich als auf die gesamtgesellschaftliche Entwicklung, was da Einstellung und Geist so nachkommt, bezogen. Da muss ich ihm schon Recht geben.:cool:
     
  4. Gelöschtes Mitglied12629

    Gelöschtes Mitglied12629 Guest

    So unterschiedlich sind die Erfahrungen - ich erlebe das nicht so. Ich lehre an der Uni (nicht Musik) und meine Erfahrung ist: Erstmal sind die Studis total unterschiedlich hinsichtlich Herkunft, Einstellung, Selbstbewusstsein usw. Das Stereotyp des arroganten Studierenden, der glaubt, ihnen liegt die Welt zu Füßen, erfüllen sicher einige, aber das ist wirklich eine Minderheit. Auf der Gegenseite gibt es nicht wenige, die sich in ihrer eigenen Lebensgeschichte bildungsmäßig hochgekämpft haben und stolz sind, als erste in der Familie einen Abschluss machen zu können. Was die eigene Zukunft angeht, ist die Mehrheit eher unsicher. Und nicht erst seit Corona. Liegt vielleicht auch an meinem Studiengang (wir haben auch Studierende mit Berufserfahrung statt Abi).
     
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  5. Wanze

    Wanze Strebt nach Höherem

    Sokrates
    griechischer Philosoph
    * um 469 vChr, † 399 vChr
     
  6. ppue

    ppue Experte

    Und meines Wissens ein Fake.

    Wahr aber ist diese Weisheit: Würde die Jugend auch nur jedes Jahr ein kleines Bisschen schlechter, dann wäre sie in den letzten 2440 Jahren wohl völlig verdorben.
     
  7. saxfax

    saxfax Strebt nach Höherem

    Ich würde eher sagen, das KANN seine und ihre Individualität fördern. Muß es aber nicht. Ich kenne eher sehr individuelle Künstler (nicht nur Musiker), die ihre Individualität gerade in der Auseinandersetzung mit dem an der (Hoch-)Schule gelehrtem entwickelt haben. Daß ein Genie immer alles aus sich heraus entwickelt, halte ich für einen Mythos. Und Autodidakten, die im Mainstream verharren, gibts auch genug.
     
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  8. altblase

    altblase Strebt nach Höherem

    Das Zitat stammt aber nicht von Sokrates! Ein paar tausend Jahre später hat man ihm das in den Mund gelegt.:cool:
     
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  9. Jacqueline

    Jacqueline Strebt nach Höherem

    Hast du eine Abneigung gegen studierte Musiker?
    Bist du nicht selbst einer? o_O
     
  10. visir

    visir Gehört zum Inventar

    Diese "Jugend von heute" hat es wohl immer wieder einmal gegeben, aber wohl auch nicht immer - Kulturen steigen auf und fallen ab -> Dekadenz. Wir leben in einer dekadenten Zeit.
     
  11. Rabikali

    Rabikali Kann einfach nicht wegbleiben

    @Kristina Shamgunova das mit der Popcorn Explosion scheint Dir gut gelungen zu sein. Glückwunsch! Ob sich aus der Diskussion etwas Nachhaltigeres außer Zeitvertreib ergibt wird sich zeigen ;-)
     
  12. Gelöschtes Mitglied 13399

    Gelöschtes Mitglied 13399 Guest


    Wie es scheint kein neues Problem.
     
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  13. Gelöschtes Mitglied 13399

    Gelöschtes Mitglied 13399 Guest


    Du findest in künstlerischen Berufen immer mehr Menschen mit psychischen "Defiziten" als in der Durchschnittsbevölkerung. Narzissmus ist da, zumindest bei den ganz großen ihres, auch nicht selten dabei. Den Ehrgeiz, der nötig ist, um bestimmte Ziele zu erreichen, kann man mit einem gesunden Selbstbewusstsein auch nicht aufbringen. Ausnahmen gibt es bestimmt auch hier, Menschen sind schließlich sehr unterschiedlich.

    Bud Powell, Charlie Parker, Chet Baker.
    Das sind ein paar der Individuen der Jazzwelt, mit denen ich mich ausführlich beschäftigt habe. Bei allen dreien muss man kein Psychiater sein, um ein ungesundes Level an Narzissmus (der eben bis zu einem gewissen Grad auch gesund und normal ist) zu beobachten.

    Das muss sie auch nicht unbedingt unsympathischer machen!

    Desweiteren ist es schon lange in der Diskussion, ob herausragende (besonders kreative) Fähigkeiten nicht sogar in Verbindung mit einer (zumindest im Kindesalter) ungesunden Psyche stehen.
    So vermutet man zum Beispiel einen Zusammenhang zwischen Kreativität und Schizophrenie.

    Ich kenne mich damit aber weder gut genug aus, noch ist die Forschung meines Wissens weit genug, als dass sich von meiner Seite mehr dazu sagen ließe.
     
  14. quax

    quax Gehört zum Inventar

    In diesem Zusammenhang würde es mich interessieren, wann wir die letzte nicht dekadente Zeit verpasst haben.
     
  15. altoSaxo

    altoSaxo Ist fast schon zuhause hier

    Zu Jazz-Studium:
    Es gibt ja mehr als eine(n) Prof. für ein Instrument auf der Welt. Darum gibt es schon mal viele StudentInnen, die jeweils einen anderen Lehrer oder Lehrerin hatten. Zudem verbringen StudentInnen oft eine Zeit im Ausland und kommen dort wiederum mit anderen Lehrkräften und auch StudentInnen in Kontakt. Und selbst, wenn viele dieselben 100erte Standards lernen, transkribieren sie bestimmt unterschiedliche Soli und Interpretationen. Viele haben außerdem weitere Lehrkräfte z .B. für Komposition. So kommen verschiedene Einflüsse zusammen.

    Außerdem gibt es unterschiedlichste Charaktere und die Bereiche und Projekte, in denen die Musiker unterwegs sind, sind alleine schon stilistisch sehr verschieden.

    Die Zeit an der Hochschule ist nur eine relativ kurze Zeit, wenn man bedenkt, dass dem Studium noch mal ein- bis dreimal so viel Jahre vorangehen und man sich idR auch danach über viele Jahre bzw. einige Jahrzehnte weiter entwickelt.

    Darum besteht meiner Vermutung nach die Chance und so ist auch mein Eindruck, dass unter studierten Jazz-Musizierenden doch in der Regel Vielfalt und Individualität vorherrschen statt Klone bestimmter Lehrkräfte.
     
  16. Rubax

    Rubax Strebt nach Höherem

    also die 1920er waren doch eindeutig dekadent, was danach kam, ach lassen wir das... spiessbürgerlich-dämonisch ist auch nicht besser...
     
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  17. altblase

    altblase Strebt nach Höherem

    Für uns zumindest nicht unsympathisch, weil wir ihre Musik verehren, aber sonst menschlich vor Ort mit ihnen nichts zu tun haben mussten. Die waren alles andere als lieb und nett.

    Ja, auch in der sogenannten Klassikwelt ist es nicht besser, wenn man die Biographien studiert.:cool:
     
  18. Wanze

    Wanze Strebt nach Höherem

    wie sieht es aus mit
    245 Jahren?

    Spoiler

    :D

    Wanze
     
  19. Sandsax

    Sandsax Gehört zum Inventar

    Dass akademische Grade in den USA grundsätzlich nach finanziellen Möglichkeiten vergeben werden, kann man pauschal so nicht stehen lassen.

    Bei postgraduate Studiengängen (Ziel: Promotion) finanziert bei entsprechender Leistung und Qualifikation die Hochschule den kompletten Studiengang, die Krankenversicherung und zahlt ein Studiengehalt. So ist es zumindest bei meinem Sohn.

    Anders sieht es natürlich im Grund- und Aufbaustudium aus. Hier gilt, was Du geschrieben hast und damit werden wiederum auch die Postgraduiertenstudiengänge finanziert.
     
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  20. ppue

    ppue Experte

    Das widerspricht sich erstens nicht und zweitens habe ich keine Abneigung gegen Musiker. Ich halte die Akademisierung des Jazz für ein fragwürdiges Unterfangen und wie du oben lesen kannst, fand ich meine Ausbildung zwar sehr hochschulgemäß, aber alles andere als gut. Ich habe also eine generelle Ablehnung gegenüber der hochschulischen Ausbildung.
    Leider diskutiert keiner mit, der über die heutige Situation an den Hochschulen berichtet.

    Wie an anderer Stelle schon ausgeführt, ist Jazz für mich in erster Linie eine Haltung. So ein bisschen wie sie die Pubertierenden gegenüber ihren Eltern ("der Regierung") haben. Man kann nicht gleichzeitig gegen sie rebellieren und auf der anderen Seite ihre alten Strukturen mittragen. Und so eine ehrwürdige alte Hochschule scheint mir nicht der fruchtbare Boden für kreative neue Gedanken zu sein, für Gedanken, die auch anecken und die Gesellschaft kritisch spiegeln. Das ist meiner Meinung nach erste Aufgabe von Kultur.

    Ja, das Totschlagargument: "Ich kenne da ..." Da wird sich immer jemand finden, der als gutes Gegenbeispiel da steht. Wir bewegen uns hier aber eher im statistischen Bereich, also im Bereich, wo es um Tendenzen geht, wo es z.B. auch darum geht, ob die Hochschule in ihrer Struktur sich nicht längst überlebt hat.
    Wir leben in einer Demokratie und fördern immer noch die Stars, halten die Akrobaten, Meisterschüler und Überflieger für die, die unsere Kultur nach außen hin vertreten sollen, hoch. Das Konzept sollte man vielleicht einfach mal überdenken und eher die musikalischen Strukturen fördern, die emanzipatorisch, gleichgestellt, antirassistisch und sozial integrierbar sind. (Fehlt nachhaltig, habe ich aber nicht unter gekriegt).
     
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