Talent – ein großes Wort

Dieses Thema im Forum "Saxophon spielen" wurde erstellt von RomBl, 6.September.2015.

  1. ppue

    ppue Mod Experte

    Nein, nicht notwendig. Motivation besteht natürlich auch immer aus Lob und es kann sein, dass man jemanden talentiert nennt. Würde ich aber nicht zur pädagogischen Frage erheben, sondern es sich im ganz natürlichen Umgang ergeben lassen.

    Die von dir angeführten negativen Auswirkungen befürchte ich nicht.
     
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  2. Rick

    Rick Experte

    Gelegentlich werde ich gefragt, vor allem, wenn jemand meint, er sei eben "unmusikalisch" (das kommt vorwiegend von Erwachsenen).
    Ich sehe das ähnlich wie der geschätzte Kollege @ppue : Talent spielt für mich im Unterricht keine große Rolle.
    ich erlebe da eher mehr oder weniger schnelle Auffassungsgabe (Intelligenz), Motivation, Fleiß (im Sinn von Zeit fürs Üben nehmen).

    Ich sage es vor allem denen, die daran zweifeln. Ich hatte schon viele Schüler, die sich anfangs sehr schwer taten, doch irgendwann kippte der Schalter und sie waren voll dabei, mit den entsprechenden Fortschritten. Andere eben nicht, die gaben irgendwann auf.
    Aber das war nie eine Frage von "Talent", sondern mehr von Motivation und Auffassungsgabe.

    Und ich habe schon an anderer Stelle öfter darauf hingewiesen, dass viele sehr talentierte junge Menschen irgendwann aufgeben, wenn es an Fleiß und Ausdauer geht, denn DIESE Hürde muss jeder nehmen. ;)

    Ich selbst war gewiss für manches "talentiert", aber mich hat nicht alles davon auch interessiert.
    Ich hatte seit meinem siebten Lebensjahr regelmäßig Klavierunterricht, doch anfangs hat der mich nicht sonderlich interessiert, denn das große Hobby meiner Kindheit war Storytelling und Film (und Comiczeichnen).
    Darüber kam ich allerdings zur Musik (im Sinn von Soundtrack), weil ich selbst gedrehte Filme vertonen wollte. Plötzlich war Musik etwas Wichtiges, Besonderes, ich konnte von meinen instrumentalen Vorkenntnissen profitieren, begann zu komponieren, dadurch zu fantasieren, schließlich kippte das Interesse ganz zur Musik und ich gründete mit 13 meine erste Band (mit denselben "Spielkameraden", mit denen ich vorher die Filme gedreht hatte).
    Der Rest ist Geschichte. :-D
     
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  3. Jacqueline

    Jacqueline Strebt nach Höherem

    Ja, hier. War bei mir ebenso. Mir wurde das aber auch gesagt, dass ich unmusikalisch bin (von meinem damaligen Schulunterricht-Musiklehrer).
    Das bleibt hängen. Hätte er mir das nicht gesagt, vllt hätte ich dann schon eher mit der Musik angefangen.
    Dem trauere ich aber nicht hinterher.

    Wussten sie es denn, dass sie das sind? Vllt hätten sie es nicht getan, wenn sie darüber Beschied wussten?

    Die Frage nach Talent oder ausreichend Talent/Können/Fähigkeiten wird doch dann im Unterricht interessant, wenn der Schüler überlegt, ob er ein Musikstudium beginnen möchte.

    Aber ich finde es gut, dass Lehrer anscheinend zurückhaltend mit dieser Aussage sind. Eben weil die Bestätigung oder das Absprechen des Talentes eben gravierende Folgen haben kann.
     
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  4. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Ging mir genauso. Ich hatte als Junge 2 Jahre Klavierunterricht und die Lehrerin teilte meine Eltern mit ich hätte nicht ausreichend Talent. (Ich musste immer blöde Etüden spielen. Was ich spielen wollte - Pop/Rock - durfte ich nicht.)

    Das hat mich so geprägt, dass ich mich nicht getraut habe ein Instrument zu lernen……bis ich 50 wurde.

    CzG

    Dreas
     
  5. Rick

    Rick Experte

    Ja, unglaublich - im Endeffekt ein Verbrechen, weil so etwas den weiteren Lebensweg prägen kann! Unfassbar!!

    Einer davon war mein eigener Sohn. Vielleicht habe ich damals falsch reagiert, weil ich sein Talent sah und mich ärgerte, dass er nicht mehr daraus machen wollte.
    Aber ich hörte auf, als er meiner Frau, seiner Mutter, sagte: "Ich bin kein Kind, das Klavierspielen lernen will." :(

    Er hat dann noch Schlagzeug gelernt, wollte eigentlich in einer Band mitspielen, doch es fand sich keine. Da gab er auf - es hatte ihn eben nicht SO SEHR gepackt, dass er es unbedingt machen MUSSTE. Das war bei mir in dem Alter definitiv anders - da hätte man mich fesseln müssen, damit ich keine Musik mache.

    Er hat dann noch andere Dinge angefangen, die er aber nicht mehr weiterführte - auf jeden Fall war (und ist) er vielseitig künstlerisch talentiert.
    So etwas habe ich bei vielen talentierten jungen Leuten gesehen. Fehlt das Feuer, dann wird nichts aus der Suppe, so gut sie auch vorbereitet ist...
     
  6. Jacqueline

    Jacqueline Strebt nach Höherem

    Oder : Fuego :-D

    Wie Rodrigo de Souza sagen würde :-D
     
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  7. Jacqueline

    Jacqueline Strebt nach Höherem

    Ja, Lehrer haben sehr viel "Macht" und ich glaube nicht alle haben das auf dem Schirm.
     
  8. ppue

    ppue Mod Experte

    Ich behaupte mal, dass die Hälfte aller Nichtmusizierenden solch traumatische Erfahrungen gemacht haben. Ich habe mit meinem Chor diese Erfahrung gemacht und auch mit vielen anderen. Oft stelle ich Leuten unvermittelt die Frage, welches Instrument sie denn spielten und dann bekommst du die Antwort: Der Musiklehrer in der fünften Klasse sagte, ich hätte kein Talent, würde nicht singen, sondern Brummen oder ähnlichen Kiki.

    Gerade wenn es ums Singen geht, treffen solche Aussagen die Kinder tief in der Seele.
     
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  9. Jacqueline

    Jacqueline Strebt nach Höherem

    Und bei den Leuten, die es dann doch probieren und dann nach 6 Monaten sagen: ne, wird nichts, ich hab einfach kein Talent. Und dann hören sie auf.
    Es besteht kein Konsens darüber, dass das Musikmachen eine erlernbare Fähigkeit ist. Das ist mir aber auch erst klar seitdem ich eins spiele.
    Aber es lernt sich eben nicht in 6 Monaten. Das hat aber nichts mit fehlenden Talent zu tun, wenns nicht klappt (meist).
     
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  10. antonio

    antonio Gehört zum Inventar

    Oh ja, Mann- hab ich erlebt und habe mich daher erst mit etwa 27 getraut, überhaupt an ein Instrument zu denken- und dann noch länger zu hadern, ob mir das überhaupt zusteht.
     
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  11. visir

    visir Gehört zum Inventar

    Als ob die ganze Verantwortung bei den Lehrern läge... wenn da im Elternhaus schon vorgebaut würde, bräuchte es das Urteil der Lehrer nicht mehr. Die Kinder kommen ja erst mit 6 Jahren in die Schule - da sei der größte Teil der Erziehung bereits passiert, heißt es.
    (und damit kein Missverständnis entsteht: ich halte nichts davon, Kinder ab frühester Kindheit zu "drillen", aber hin und wieder mit den Kindern zu singen oder andere Fähigkeiten zu wecken schadet nie)

    Aber (nachdem jetzt da eh nicht mehr nur Pädagogen schreiben) ich erlebe schon, dass es Menschen mit mehr oder weniger Talent, oder ich sage lieber "Begabung", gibt. In meinem Fall beim (Salsa-)Tanzen: da gibt es schon Leute, die voller Begeisterung dabei sind, aber völlig "taktbefreit". Über lange Zeit. Wird bei manchen besser, bei anderen nicht merklich. Aber das sind seltene Extremfälle.

    Die "Begabten" fallen hier weniger auf. Die lernen einfach schnell und gehören dann einfach relativ bald zu den guten Tänzern. In der Tanzszene ist das Erwähnen von (hoher) Begabung jetzt natürlich auch jetzt viel weniger relevant als bei Instrumentalunterricht...

    Langer Rede kurzer Sinn: Begabung gibt es, in verschiedenem Maß.
    Ob ein hohes Maß erwähnt werden soll, überlasse ich den Pädagogen. Zumal sie ja nur eine Komponente des Erfolgs ist - andere Komponenten wurden ja schon erwähnt.
     
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  12. Jacqueline

    Jacqueline Strebt nach Höherem

    Das war bei mir nicht der Fall, von daher lag da die ganze Verantwortung diesbezüglich schon beim Lehrer.
    Und ein Musiklehrer hat mit seinem Urteil ein höheres Gewicht als ein Elternteil (wenn die Person nicht selbst Musiker ist)
     
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  13. jimi

    jimi Ist fast schon zuhause hier

    Talent tut was es kann. Genius was es muss.:)
     
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  14. visir

    visir Gehört zum Inventar

    Die Verantwortung für die Entwicklung des Kindes liegt an erster Stelle bei den Eltern, und dann lange nichts. Dann kommen irgendwann einmal die Lehrer. Heutzutage schieben halt Eltern oft die Verantwortung oder gar das ganze Kind an irgendwelche Einrichtungen ab, die dann richten sollen, was die Eltern versäumt haben oder einfach nicht tun wollen... ich hör da mal auf.
     
  15. Jacqueline

    Jacqueline Strebt nach Höherem

    Es gab bei uns einfach kein Musikinstrument:-?

    Trotzdem hat solch ein Lehrer, der innerlich wahrscheinlich seinen Dienst schon längst quittiert hat, solche Äußerungen zu unterlassen. Was soll das für eine Pädagogik sein?
     
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  16. visir

    visir Gehört zum Inventar

    Ihr seid alle stumm? :eek:

    Im Prinzip ja, aber auch Lehrer sind Menschen...
     
  17. Florentin

    Florentin Strebt nach Höherem

    Für diese Frage habe ich ein wenig Erfahrung im Musikunterricht (Klarinette) und ziemlich viel in Matheunterricht (Nachhilfe und Begabtenförderung).

    1. Nein, noch kein Schüler hat jemals gefragt, ob ersiees Talent hat. Auch niemand von den Eltern.

    2. Ja, manchmal sage ich es. Wenn der Schüler unnötig unsicher ist, und wenn ich dadurch auf zusätzliche Motivation hoffe.

    Bei der Klarinette (alles Erwachsene) hatte ich einen, den ich damit loben wollte, dass er doch wirklich begabt ist. Ohne Schmeichelei. Nicht außergewöhnlich begabt, aber er hat schnell gelernt und wäre sicher noch weit gekommen. Ich wollte damit erreichen, dass er nicht aufhört. Dann ist aber leider Corona dazwischengekommen und er musste doch aufhören. Ist dann wohl beruflich in ganz andere Weltgegenden entschwunden. Schade.

    Einen anderen erwachsenen Schüler hatte ich, der leider wirklich total unbegabt war. Aber in jeder Beziehung. Intellektuell (er konnte sich einfach die Namen der Noten nicht merken), motorisch (Beweglichkeit der Finger, geschweige denn synchrone Bewegungen), musikalisch (hat nicht gehört, ob ich einfachste Lieder richtig oder falsch gespielt habe), rhythmisch (er konnte nichtmal sagen, ob bei "Alle meine Entchen" der erste Ton von "schwim-men auf dem - See" jetzt dreimal oder viermal kommt). Da habe ich nicht übers Herz gebracht, ihm irgendwas zu sagen, weil er doch so mit Begeisterung bei der Sache war. Zum Glück kam auch da dann Corona und hat den Unterricht beendet. Hoffentlich meldet er sich nicht wieder.

    In der Mathematik habe ich zum Glück auch wirklich Begabte gehabt (Jugendliche). Die waren halt einfach sehr intelligent und waren in allen Fächern sehr gut. Da habe ich kein Problem: ich gebe ihnen einfach schwierigere und noch schwierigere Aufgaben (weit über den Schulstoff hinaus). Da blühen sie zunächst mal richtig auf, wenn sie ein bisschen denken müssen (und nicht nur die langweiligen Hausaufgaben machen). Wenn dann allerdings die Grenze erreicht ist, wo sie's nicht hinkriegen, dann werden sie irritiert. Sie sind ja gewohnt, dass sie immer alles ganz leicht schaffen. Ist eine wertvolle neue Erfahrung. Ich erkläre dann: das ist jetzt wirklich schwierig, da müssen sie mal richtig Fleiß und Ausdauer reinstecken. Einen darf ich jetzt für die Mathe-Olympiade trainieren. Macht richtig Spaß.

    Zur Frage "oder merken sie es selbst?" (ob sie begabt sind):

    Wenn einem etwas leicht fällt oder wenn man etwas auf Anhieb gut kann, dann glaubt man (vor allem als Kind) zunächst, dass das ja wohl jedem so geht. Erst nach einer Weile merkt man, dass die meisten anderen das nicht so können. Dann finde ich es wichtig, die talentierte Person schnell weiter zu fordern, damit die nicht in Langeweile oder in andere negative Emotionen verfällt.
     
    Zuletzt bearbeitet: 18.Oktober.2021
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  18. Jacqueline

    Jacqueline Strebt nach Höherem

    Gesungen haben wir auch nicht, es lief auch nie großartig viel Musik.
    Ist echt so :D
     
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  19. visir

    visir Gehört zum Inventar

    Dann fehlte bei Dir wohl einfach die Vorbildung... wenn man nie mit Musik in Berührung gekommen ist, wie sollte man dann "plötzlich" damit zurecht kommen?

    (Als Kind) Musik nicht einmal zu hören (zu bekommen) ist für mich aber eigentlich etwas undenkbares. Da brauche ich noch nicht einmal meinen klavierspielenden Vater, aber ein Radio läuft doch schnell einmal, oder es kommt im Fernsehen Musik, oder im Kindergarten wird doch auch gesungen, oder eine Kinderkassette im Rekorder, oder wir sind halt auch in die Kirche gegangen, wo gesungen wurde, oder es gibt eine Veranstaltung, wo Musik gespielt wird... wo kommt Musik denn nicht vor?
     
  20. Longtone

    Longtone Ist fast schon zuhause hier

    Wenn man als "Spätberufener" beginnt dann schon: Da lässt man sich von einem pädagogisch und menschlich Ungeeigneten nicht mehr so schnell die Butter vom Brot nehmen. Und wechselt ihn aus: Weil man selbst zahlt und entscheiden kann.

    Kinder und Jugendliche haben diese Option nicht: Weshalb ich mich als Jugendlicher drei Jahre lang von einem Gitarren"lehrer" quälen lassen musste. Und danach nie wieder ein Instrument anrührte - bis vor 5 Jahren - als Spätberufener.

    Mit großer Freude, zweimal Lehrerwechsel - und inzwischen drei Formationen, in denen ich mitspielen und auftreten darf.
     
    Rick gefällt das.
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