Zeit für eine Neiddebatte

Dieses Thema im Forum "Eigene (musikrelevante) Themen" wurde erstellt von Gelöschtes Mitglied 13399, 8.Dezember.2023.

Status des Themas:
Es sind keine weiteren Antworten möglich.
  1. visir

    visir Gehört zum Inventar

    Da konnte er aber auch keinen Unterricht geben - ?
     
  2. Rick

    Rick Experte

    Natürlich lief der Unterricht prinzipiell weiter, eben per Distanz (Internet oder Telefon).
    Wir hatten sogar treue (und solvente) Schüler, die darauf verzichteten und trotzdem auch während der harten Lockdown-Phasen weiter zahlten.

    Aber solch eine Schülerschaft muss vorher aufgebaut worden sein, über Nacht bekommt man das nicht hin.

    Freilich mussten auch meine Frau und ich an die Ersparnisse, aber nicht in dem Maß wie die Kollegen, die ganz überwiegend auf Live-Auftritte und Probenleitung etc. angewiesen waren. Da brachen dann sehr viele Einnahmen plötzlich weg - und nicht wenige haben als Konsequenz der Musik komplett den Rücken gekehrt.
     
  3. ppue

    ppue Mod Experte

    Ich auch. Also zumindest der Musik, mit der ich Geld verdiente. Aber knapp vor der Rente war das nicht mehr tragisch. Bin froh, nicht mehr touren zu müssen.
     
  4. Argonrockt

    Argonrockt Kann einfach nicht wegbleiben

    … man musste kreativ sein, man musste wissen „wo was wann“ bezüglich Förderungen und Stipendien und ja, man ist teilweise unter den Auflagen des Ordnungsamtes (Aerosolschutz) bewusstlos geworden. Gerade in dieser schlimmen Zeit, die fast einem Berufsverbot gleich kam, musste man wieder alle Attribute von „Selbst und ständig“ ziehen. Schlimm war es für alle, die aus der ersten depressiven Phase nicht rausgekommen sind. Zu dem Zeitpunkt hatte ich zufällig ein Intermezzo als Instrumentallehrer an einem Gymnasium, das war dann tatsächlich ein positiver Verstärker.
     
    Gelöschtes Mitglied 13399 und Rick gefällt das.
  5. Gerrie

    Gerrie Strebt nach Höherem

    Musst nicht gleich Unbeweglichkeit unterstellen nur weil man nicht allem kommentarlos hinterher rennt.

    Die KI haben wir und werden damit leben müssen.

    Trotz allem ist es eine Tatsache das nicht alles toll sein wird. Es gibt auch die Kehrseite der Medaille.

    Internet ist toll, bietet auch die Möglichkeit Fake News zu verbreiten. Etc......
    Auch die KI wird dazu führen das es Anwendungen gibt die in den falschen Händen nicht zum Allgemeinwohl beitragen.

    Ich möchte auch nicht mehr auf Homebanking verzichten, trotzdem ist es gut zu wissen das es ein paar Risiken gibt.

    Nur weil man nicht jede Neuigkeit bedingungslos in den Himmel lobt ist man noch lange kein Ewiggestriger oder jemand der den Weltuntergang predigt.

    Grüße Gerrie
     
  6. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Nein, sicher nicht. Kritisches Hinterfragen ist wichtig und richtig.
    Wie ich schriebte: eindeutig erkennbare Risiken.

    Mir gefällt nur das pauschalisierte „KI nimmt mir den Arbeitsplatz weg“ Gejammer nicht.
    Wenn das sehenden Auges so kommt, war es Unbeweglichkeit.
     
  7. Gerrie

    Gerrie Strebt nach Höherem

    Das habe ich nicht behauptet.

    Gerade im Arbeitsleben sehe ich große Chancen um lästige administrative Vorgänge zu vereinfachen.

    Grüße Gerrie
     
    Rick und Silver gefällt das.
  8. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Ich denke dass die Denkweise nicht den Kern des Problems trifft. Ich hoffe, dass ich die KI finanzieren kann, die vielleicht mal meine Arbeit macht. Und denke hier liegt der Schlüssel, ob KI im Bezug auf Arbeit die Welt besser machen kann oder nicht.
     
    Silver gefällt das.
  9. Gerrie

    Gerrie Strebt nach Höherem

    Speziell am Arbeitsplatz wird es m. E. möglich werden die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

    Da kann ich mich noch an die ersten Messebesucher unserer AV'ler erinnern.

    Mit der CNC Technik werden die Einrichter überflüssig.
    Programm rein, erstes Teil produzieren, korrigieren fertig. Das kann jede Reinigungsfachkraft.:D
    Heute ist es immer noch ein gut bezahlter Fachmann/frau. Bald mit Seltenheitswert.

    Grüße Gerrie
     
  10. altblase

    altblase Strebt nach Höherem

    Erzählt man im Rahmen der Automatisierung/Computerisierung seit Jahrzehnten dasselbe. Sollte die arbeitenden Menschen entlasten. Komisch nur, dass die psychischen Belastungen/Burnouts nicht abgenommen haben.

    Lügt man sich selbst was nicht in die Tasche?:cool:
     
    tango61, Rick, Gerrie und 2 anderen gefällt das.
  11. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Die Vereinfachung hat ja stattgefunden bzw. findet immer weiter statt.

    Aber zeitgleich wurden in der Administration Arbeitsplätze abgebaut, Führungsebenen reduziert, Führungsspanne erweitert, Sekretärinnenpositionen abgeschafft.

    Und die Abläufe wurden dabei noch deutlich beschleunigt.

    Möglicherweise hat das die Entlastung überkompensiert.

    Ich gebe aber auch zu bedenken das in den 60ern/70ern noch niemand über „Burn Out“ gesprochen, psychische Belastungen durch Arbeit nicht erkannt wurden.

    Insofern kann es sein, dass die Erkrankungen tatsächlich gar nicht zugenommen haben.

    CzG

    Dreas
     
  12. ilikestitt

    ilikestitt Strebt nach Höherem

    Bei Jura gibt es doch auch genug Juristen, die davon nicht leben können oder gar nicht so weit kommen und durch die Staatsexamen fallen. Die Quote der Leute, die besteht ist schon gering beim Jurastudium.
     
    Rick und Gelöschtes Mitglied 13399 gefällt das.
  13. ilikestitt

    ilikestitt Strebt nach Höherem

    Tausendfüßler trifft es, denn oft sorgt das Zeitgeschehen dafür, daß nach und nach zig Standbeine wegbrechen können und so viele Möglichkeiten gibt es oft gar nicht, daß alle aktiven Berufsmusizierenden so viele Standbeine gleichzeitig haben können (es fehlt an Möglichkeiten für die grosse Anzahl an Personen oft).
    Und viele Standbeine heisst auch entsprechend viel Zeit für Planung, Vorbereitung und auch Marketing zur Verfügung haben zu müssen. Und man muss auch mal seinen Stolz zur Seite legen können und darf sich nicht für bestimmte Projekte, Bands oder Tätigkeiten zu schade sein, man weiss nie was sich aus diesen Dingen noch ergibt.
     
  14. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    „Das geht aus der neuen Ausbildungsstatistik des Bundesamts für Justiz hervor. Im Jahr 2020 haben nur 11,6 Prozent der Absolvent:innen das Zweite Staatsexamen nicht bestanden“

    Finde ich jetzt nicht hoch….

    CzG

    Dreas
     
  15. ilikestitt

    ilikestitt Strebt nach Höherem

    Weil die Leute meist vorher schon am 1. Staatsexamen scheitern. Ich habe in meinem Umfeld ein paar Leute, die Jura studiert haben und denen wurde schon anfangs gesagt, daß ca. 50 Prozent im Schnitt nicht durchkommen (ist vielleicht auch nur Abschreckung).
     
    Rick und Gelöschtes Mitglied 13399 gefällt das.
  16. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Das war schon in den seligen 1980ern so: Überbevölkerte Studiengänge wurden zum Vordiplom / 1. Staatsexamen „zurechtgeprüft“

    Betraf damals vor allem BWL und war ein offenes Geheimnis.
     
  17. Gerrie

    Gerrie Strebt nach Höherem

    In die Tasche lügen würde ich nicht sagen.

    Ein Argument war es den Firmen zu verkaufen. Personalabbau war natürlich ein Argument. Damals war man begeistert in 3 Achsen ein Werkzeug positionieren zu können. Für eine Kontur brauchte man einen externen Programmierplatz.

    Heute programmiert man 5 Achsen an der Maschine. Da kann man halt nicht jeden von der Straße holen und nach einer Woche Einarbeitung drauf los lassen.
    Dafür gibt es Möglichkeiten die man vor Jahrzehnten dem Wunschdenken zugeordnet hat.

    Die Hauptursachen für Burnout sehe ich nicht in der Technik.
    Eher an der Überforderung. Sei es durch Zielsetzungen die nie erreichbar sind, oder durch Fehlbesetzung. Aber das ist ein weites Feld. Das würde hunderte Seiten füllen.

    Grüße Gerrie
     
    Rick und Gelöschtes Mitglied 1142 gefällt das.
  18. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Yep.

    Mein Erstsemesterjahrgang umfasste 630 Studenten. Davon haben dann 170 1986 das Examen bestanden.

    Nennt man auch „Schwund“….

    CzG

    Dreas
     
    Gelöschtes Mitglied 13399 und Rick gefällt das.
  19. bhimpel

    bhimpel Ist fast schon zuhause hier

    Ich habe die Diskussion verfolgt und noch keinen Zeit gehabt, das zu kommentieren. Vielleicht sind meine Erfahrungen von Interesse.

    Als ich entscheiden musste, was ich studieren wollte, musste ich mich zwischen Musik und Mathematik entscheiden, denn für beides habe ich gebrannt, aber Musiklehrer in einer allgemeinbildenden Schule wollte ich nicht werden. Mein Bruder hatte schon angefangen, klassische Klarinette zu studieren. Meine Eltern meinten, dass sie nicht zwei brotlose Musiker in der Familie haben wollten. Somit wurde mir die Entscheidung abgenommen. Außerdem war ich der Meinung, dass ich eigentlich nur Jazz machen möchte, dass es viele Jazzmusiker gab und gibt, die das nicht studiert haben, und ich das doch nebenher machen kann. Die Mathematik hätte ich glaube ich nicht einfach nebenher weiterverfolgen können. Da damals auch Mathematik den Ruf hatte, dass studierte Mathematiker Taxifahrer werden, studierte ich eben Mathematik mit Nebenfach Informatik.

    Die Musik nebenher intensiv weiterzutreiben war während meiner Promotion nicht so einfach, aber es funktionierte. Mein Doktorvater war Jazzgitarrist, und an der amerikanischen Uni, an der ich promovierte, gab es eine Musikhochschule, wo ich in den Big Bands mitspielen und ein paar Kurse belegen konnte. Für mich war das genau richtig. Mein Ziel war eine akademische Karriere, aber als ich mit 36 nur befristete Postdoc-Stellen hatte ohne Aussicht auf eine Professur und meine Kinder in Deutschland zur Schule gehen sollten, wechselte ich meinen Plan, damit ich dauerhaft irgendwo in Deutschland bleiben konnte. Es verschlug mich an eine Firma, wo ich weiterhin mathematische Forschung machen konnte und in Ruhe den Plan B einer Hochschulprofessur verfolgen konnte, bei der man eine mehrjährige Industrieerfahrung vorweisen muss. Das hat dann auch irgendwann geklappt. Nun bin ich flexibel und kann meine Zeit selbst einteilen, so dass ich verschiedene musikalische Projekte haben kann.

    Ich kenne ein paar sehr gute Saxophonisten, die erst einmal ein Jahr etwas anderes studiert haben (der eine Physik, der andere Jura), die das dann nach einem Jahr abgebrochen haben, um Saxophon zu studieren. Jetzt sind sie erfolgreiche Saxophonisten. Zwei Pianisten, die ich kenne, waren erst ziemlich erfolgreiche Profimusiker (einer in Berkeley/New York, der andere in München/Berlin), bevor sie Mathematik studiert haben. Jetzt sind beide Professoren und können weiterhin schöne Musik machen. Ein sehr erfolgreicher Professor für Neurowissenschaften ist nebenher ein sehr aktiver und bekannter Bassist. Sein Bruder ist ein sehr guter Saxophonist. Andererseits kenne ich kaum professionelle Jazzmusiker, die nicht auch noch privat oder an der Musikschule unterrichten.

    Du siehst, es gibt viele Möglichkeiten, was man machen kann. Das eine schließt das andere nicht aus. Alles birgt Risiken, aber alles kann auch funktionieren. Mach das, was Dir am meisten Spaß macht, es kann immer ein paar Durststrecken geben. Habe immer einen Plan B, aber verfolge auch langfristige Ziele.

    Viele Grüße,
    Benjamin
     
    p-p-p, ChristophSax, tango61 und 14 anderen gefällt das.
  20. Gelöschtes Mitglied 13399

    Gelöschtes Mitglied 13399 Guest


    Ich denke, wir haben einen unterschiedlichen intellektuelles und sozialen Hintergrund, weshalb ich deine Biographie und Prinzipien nicht vollumfänglich auf mich übertragen kann, aber ich danke dir für deinen ausführlichen, motivierenden und klugen Beitrag.
    Es ist einer der vielen, vielen Aspekte, die uns moderne Jazzer aus Europa von den ,,Originalen" unterschieden. Ein Louis Armstrong musste, bzw viel eher durfte, sich nie die Frage stellen: ,,Jazz oder nie?", weil die Alternative zur Musikerschaft für ihn in der niederen Arbeiterschaft oder dem niederen Dienstleistungsbereich gelegen hätte, da war Musik schon viel wert, nicht nur, weil es viel zu spielen gab, sondern, weil die Musik ökonomisch eine Perspektive bot.

    Für mich wie für viele andere ist es eine ganz andere Lage. Bleibe ich in der unteren Mittelschicht, versuche ich, aufzusteigen und ganz im
    Zeitgeist ein Juppie-Revival zu fahren, oder folge ich der Wandtapete und meinen Träumen mit der Perspektive eines ziemlich sicheren sozialen Abstiegs?

    In meine Überlegungen zur beruflichen Zukunft spielt auch meine politisch linke, humanistische Gurndhaltung hinein, die es mir vergällt, auf einen Zug gen ,,höher, weiter" aufzuspringen und im Angesicht sozialer Abstiegsängste die Ellenbogen auszufahren, hinein. Insofern mag die Wandtapete mehr Weisheit bergen als das writing on the wall.
     
    Rick gefällt das.
Status des Themas:
Es sind keine weiteren Antworten möglich.
  1. Diese Seite verwendet Cookies, um Inhalte zu personalisieren, diese deiner Erfahrung anzupassen und dich nach der Registrierung angemeldet zu halten.
    Wenn du dich weiterhin auf dieser Seite aufhältst, akzeptierst du unseren Einsatz von Cookies.
    Information ausblenden