Auswendig spielen

Dieses Thema im Forum "Saxophon spielen" wurde erstellt von ppue, 17.Januar.2024.

  1. bebob99

    bebob99 Strebt nach Höherem

    Kommt immer wieder und führt bei mir immer wieder zu emotionalen Reaktionen, weil diejenigen, bei denen "es geklappt hat" sicher sind, dass das bei jedem anderen auch so sein muss. Besonders die Unterrichtenden wissen genau "dass es noch jeder Schüler gelernt hat". Ist doch nicht so schwer, man muss nur ... aber richtig ... und konsequent ... Was übersetzt soviel heißt wie "wenn es trotz aller Ratschläge doch nicht klappt, dann deshalb, weil Du permanent alles falsch machst du Looser ...".

    Für alle, die also das Gefühl haben, dass es doch schon sehr viel länger dauert, als allgemein behauptet: Ich bin Späteinsteiger und versuche das seit 15 Jahren erfolglos. Vielleicht fehlt mit in der kindlichen Entwicklung ein wesentlicher Schritt, mein Gehirn ist anders verkabelt oder ich bin tatsächlich einfach zu doof dafür.

    Um MEIN Problem noch einmal genauer zu spezifizieren:

    Ich habe kein prinzipielles Problem, mir die Tonfolgen zu merken. Ich kann das relativ bald vernünftig "singen". Normalerweise treffe ich dabei auch die gewünschte Tonlage. Bei regelmäßigem Üben habe ich auch in der übefreien Zeit permanent "Kopfradio" wo die Stücke im Powerplay ganz automatisch ablaufen. Ich wage zu behaupten, dass die Tonfolge akustisch relativ gut verinnerlicht ist.

    Ich habe allerdings große Probleme, die verinnerlichten Töne richtig am Instrument abzurufen. Sowohl absolut, wie auch in Intervallen. Das beginnt bei Tonleitern jenseits dessen, was man als Vorschulkind an der Blockflöte lernt - DAS kann ich im Schlaf, nach 55 Jahren noch abrufen, ohne darüber nachdenken zu müssen. Alles andere kann ich in vertretbarer Zeit durch viele Wiederholungen ins Arbeitsgedächtnis stopfen und dann oft (leider nicht immer) auch wieder so weit abrufen, dass ich halbwegs unfallfrei durch das Stück komme. Wenn es mehrere Stücke werden, die Teile komplizierter, dann werden die "Ladezeiten" zu lange und ich finde entweder gar nicht rein, zu spät, oder die Finger machen irgendwelche "Zufallstöne" als reinen Aktionismus - nur um "irgendwas" zu tun. Das sind dann auch nicht Fehler in der Harmonie, sondern durchaus "unmögliche Fingerstellungen" die gar keinen Ton ergeben, Teile von Tonleitern oder andere "spastische Zuckungen".

    Das ganze ist auch nur sehr begrenzt nachhaltig. Auch nach 15 Jahren wöchentlich zumindest einmal "Rainermarsch" kann ich den immer noch nicht verlässlich auswendig. Und da sind keine großen Intervallsprünge drin. :bag: Drei Monate Vorbereitung zur Marschprüfung reichen, um durch die Aufführung zu kommen, wenn ich das in der Masse spielen darf. Trotzdem kann ich das eine Woche drauf nicht mehr verlässlich auswendig spielen.

    Da hilft kein "das hast Du doch eh schon 100x gespielt" und auch kein "wenn Du es singen kannst, kannst Du es auch spielen". Schön für die, die es können. Das unterscheidet wohl Musiker/innen von Handwerkern.

    Ein Bisschen Auswendig geht natürlich. Muss gehen, denn ich kann es auch vom Blatt bei weitem nicht so schnell lesen, wie ich es spielen muss. Es ist also ein "Orientieren an der gelesenen Start Note + Vorstellung, was ich greifen muss + eine Erinnerung wie der Takt klingen soll + Besonderheiten in der kommenden Tonfolge auf die ich achten muss + automatisierte Fingerkoordination". Danach kann ich hoffen, am nächsten Ziel halbwegs anzukommen. So wurstle ich mich durch die Stücke. Vier Takte wechselnde Arpeggios in 16tel und ich bin spätestens im zweiten Takt raus, weil das Auge keinen Anker findet und die Finger anfangen sich zu verselbständigen.

    Wenn ich (wie immer) versuche, Takte und Phrasen durch viele Wiederholungen ganz auswendig zu spielen, dann geht das nach dem Schließen der Augen ein paar Durchläufe ganz passabel, um mit der Zeit immer schlechter(!) zu werden. Nach spätestens 10 Wiederholungen kann ich es gar nicht mehr und muss mich wieder optisch justieren. Ich weiß schon noch was ich spielen will - ES spielt einfach nicht so.

    Und bitte: KEINE neuen(?) Tips, wie das "bestimmt ganz leicht geht". Ich verstehe, dass es Euch (jetzt) ganz leicht fällt. Mir eben nicht. Die 40 Jahre Lücke zwischen Blockflöte und Saxophon war vermutlich doch zu lang. Ich habe trotzdem Freude am Üben und Spielen.

    Ich habe auch immer noch das Gefühl, dass es mit jedem Jahr etwas besser geht. Aber es sind winzige Verbesserungen. Auf jeden Fall zu wenige um nach jetzt 15 Jahren aktiver Teilnahme im Musikverein in Leistungsstufe "D" auf die Aufforderung "spiel doch mal was" auch nur "Hänschen klein" spontan fehlerfrei abzuspulen. Klingt komisch, ist aber so.
     
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  2. ppue

    ppue Mod Experte

    Ja, das klingt tatsächlich etwas entmutigend. Aber schön, dass du es probierst und auch so Spaß am Spiel und Üben hast. Danke für den Einblick.
     
  3. scenarnick

    scenarnick Admin

    Den Teil kenne ich allerdings auch nur zu gut (und es frustet). Nen Rezept habe ich da auch nicht gefunden...
     
  4. Gelöschtes Mitglied 13399

    Gelöschtes Mitglied 13399 Guest

    Vielleicht ist die Lösung das Problem. Klar, ich will dich nicht belehren, du hast schon viel versucht.

    Aber ich habe z.B. ein eher schlechtes relatives Gehör. Die Changes von Laugh, Clown, Laugh kann ich trotzdem nach 1-2 Chorussen raushören, obwohl ich keinen Plan habe, welche Umkehrungen der Pianist genau spielt o.ä.

    Ich denke wirklich, das analytische Hören und Beschreiben hat zwar Überschneidungen mit dem Raushören, wie man es auf Jamsessions braucht, ist aber nicht dasselbe.

    Wenn es darum geht, Changes schnell so zu lernen, dass man unfallfrei durchkommt, muss man einfach sehr oft trial and error machen. Strukturierte Gehörbildungsmethoden sind da einfach zu langsam, weil man sie bewusst anwendet. Das gilt auch fürs Lernen von Melodien.

    Ich bin nicht gegen Gehörbildung, aber Gehörbildung im Sinne von "sag mir, ob das jetzt ein Akkord in Grundstellung oder Quartsextstellung ist", ist zu langsam für Jazz. Da musst du eine Akkordfolge hören und denken "Das hört sich an wie das eine Mal, als ich auf dem Heimweg im Zug vor 5 geweint hab, weil ... - also ist das I I7 IV iv"

    Über Emotionen und Intuition lernt es sich einfach schneller

    Klar, du wolltest keine Tipps mehr. Sorry.

    Aber versuch doch mal, das Thema wirklich ohne Leistungsgedanken und Systematik anzugehen. Ohne "Sinn" sozusagen
     
  5. Gelöschtes Mitglied 13399

    Gelöschtes Mitglied 13399 Guest

    Nochmal zur weiteren Erklärung meines Ansatzes: Wenn ich übe, übe ich wirklich wie eine Maschine und gestalte jeden Ton ganz bewusst, übe viel technischen Kram mit Metronom.

    Aber wenn es darun geht zu "spielen", muss man wirklich "spielen", wie ein Kind.

    Bird hat das ja auch mal in der Richtung erklärt.

    Das Problem, wenn man viel nach Noten spielt, ist, dass man es oft gewohnt ist, das eher Technische und das Gefühlvolle zur gleichen Zeit zu aktivieren.
    Wenn du aber zB beim Lernen einer neuen Melodie bewusst überlegst, wie du etwas spielst, welches Intervall als nächstes gegriffen werden muss usw, machst du eher Fehler, als wenn du es ohne nachzudenken einfach "passieren lässt"
     
  6. bebob99

    bebob99 Strebt nach Höherem

    Naja, scheinbar doch ein Bisschen. ;)

    Ist bestimmt lieb gemeint. Aber zwischen dem was Du beschreibst und meinen Problemen liegen mehrere Größenordnungen. Von der Hälfte des geschriebenen verstehe nicht mehr als wenn ich mir die Gebrauchsanweisung meines Smartphones in original Chinesisch lese. Das ist definitiv noch lange nicht mein Level. Ich scheitere bereits da, wo ich versuchen soll, auf Zuruf eine einfache, leicht eingängige Tonfolge in beispielsweise Es-Dur nach "Kopf" oder nach Vorspielen nachzuspielen. So einfach wie "Kommt ein Vöglein geflogen". Nix "Changes" oder "I I7 IV, XX, LL". Liegt vielleicht auch daran, dass ich zu wenig weine. :cry:

    Und wie beschrieben liegt es NICHT daran, dass ich mir die Tonfolge nicht merken könnte. Es liegt daran, dass ich sie nicht SPIELEN kann, wenn ich die Noten als optische Erinnerung für die dazu nötigen Griffe nicht sehe. Und selbst dann oft nur, wenn ich direkt zuvor durch Übungen genug "Schwung" aufgebaut habe, um aus dem Arbeitsgedächtnis zu spielen. Was es andererseits wieder schwerer macht, bei der nächsten Stelle den "Schwung" wieder raus und die Kurve zum nächsten Abschnitt zu bekommen. Kopf und Hände arbeiten schlecht miteinander, Ohr und Hände scheinbar gar nicht. Ich kann auch Noten nicht vom Blatt singen. Die Verbindung von Optik zu Akustik stellt sich bei mir nicht ein. Dass ich trotzdem weiß wie die geschriebenen Noten klingen liegt daran, dass ich sie spiele und dann höre, wie das klingt. DAS merke ich mir im akustischen Gedächtnis. Wenn mir später jemand im Notenbild irgendwas verändert, oder ich hab's einfach am Anfang falsch gelesen, lese ich auch wieder drüber, ohne es zu merken und spiele es immer falsch.

    Deine Vermutung ist leider falsch. Denn genau das "Passieren" passiert nicht. Wenn ich es einfach passieren lasse, kommt am Ende meist schwampf!* heraus.

    Wie ich geschrieben habe. Diejenigen, bei denen sich das irgendwie automatisiert, können sich nicht vorstellen, dass es Leute gibt, bei denen das augenscheinlich nicht der Fall ist. Weshalb die gut gemeinten Ratschläge, um die ich ausdrücklich NICHT gebeten habe, ins Leere laufen. ICH kann mir auch nicht vorstellen, dass ich jemandem erklären muss, wie man ein oder aus amtet. Das "passiert" einfach. Je weniger man darüber nachdenkt, desto einfacher ist es. Trotzdem gibt's Menschen, die für diese Funktion eine Maschine benötigen, weil es alleine nicht klappt. Kann ich mir nicht vorstellen. Nur akzeptieren. Da hilft auch kein "Du musst es nur fest genug wollen, dir intensiv vorstellen, wie die Luft in die Lunge strömt und es einfach geschehen lassen".

    * Das ist die Anekdote des Laien Schauspielers, der einen einzigen Satz sprechen darf, wenn er auf die Bühne läuft und dem Feldherrn aufgeregt berichten soll: "Schwarz war die Luft, finster von Dampf".
     
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  7. bebob99

    bebob99 Strebt nach Höherem

    Nein so wollte ich eigentlich nicht klingen. Ich habe mich damit arrangiert. Entmutigend würde ich eher finden, wenn ich nicht akzeptieren könnte, dass es Dinge gibt, die außerhalb meines Erlebnishorizonts bleiben. Das Mantra, dass man angeblich ALLES erreichen kann, wenn man sich nur genug "anstrengt", verursacht vermutlich mehr Frust und Leid, als zu akzeptieren, dass genau das eben NICHT der Fall ist.

    Die Wirklichkeit zeigt uns ganz klar, dass der Anteil derer, die "es" schaffen gering ist, unabhängig davon, was man als "es" tituliert. Der Anteil derjenigen, die "es" trotz vieler Mühen nicht schaffen, ist dagegen hoch. Die jetzt noch damit zu geißeln, dass sie vorgeblich daran auch selbst schuld sind, macht es nicht besser. Irgendwie scheint unsere Gesellschaft nur noch Superlative zu akzeptieren. Jeder muss ein (künftiger) Nobelpreisträger sein, muss sich irgendwo als Sieger über alle anderen erheben, um etwas zu gelten. Alle Eltern sind fest überzeugt, dass ihre Sprösslinge mindestens 10 Punkte mehr beim Intelligenztest aufweisen müssten als alle anderen und wenn die frustrierten Lehrer das nicht erkennen, dann wohl deshalb, weil sie selbst zu dämlich sind. Dass die anderen Eltern das gleiche von deren Kindern auch denken, zeigt klar, wie verbreitet Dummheit bei den anderen leider ist... Schon rein rechnerisch kann gar nicht jeder besser sein als die meisten oder gar alle anderen. Dabei müsste jeder zweite eigentlich zugeben, dass Junior in spezifischen Punkten "nur normal" oder gar "unterdurchschnittlich ist. Zwangsweise, denn so wird der Durchschnitt ermittelt.

    "Nur normal" ist aber zu wenig. "Normal" ist heute keine Option. Ich bin allerdings gern "normal". Ich kann viele Dinge nicht gut oder gar nicht. Und ich kenne viele, denen es auch so geht - unabhängig davon wie sie sich vielleicht selbst sehen. :rolleyes:

    Dass unter den Musizierenden gewisse Fertigkeiten gehäuft sichtbar sind, heißt aber nicht automatisch, dass die Masse der "nicht (so gut) musizierenden" diese Fähigkeit nur noch nicht entdeckt oder erarbeitet hat. Möglicherweise sammeln sich ja auch diejenigen, die "das Merkmal des Vorteils" tragen leichter zusammen und sehen dann in ihrem Umfeld, dass das doch ganz offensichtlich "jeder" kann. Das ist das Paradoxe an der Sache, dass diejenigen, die tatsächliche eine Begabung haben, das oft gar nicht so empfinden. Fühlt sich doch "normal" an. Gerüchte weise soll es am anderen Ende der Begabungskurve genauso sein. Insofern kann wohl keiner selbst gut einschätzen, wo in der Bandbreite man tatsächlich liegt. Narzisten und Depressive sind hier explizit nicht gemeint. Die verorten sich sowieso nie "im Normal", egal wie man das objektiv(?) messen könnte.

    Nein, ich bin nicht entmutigt. Ich sehe meine Grenzen und kann innerhalb derer entspannter agieren, als wenn ich dauernd versuchen müsste, die Wände einzureißen und mich zu grämen, dass ich es offenbar immer noch nicht hart genug versucht habe.

    Und ich bleibe offen für den Fall, dass vielleicht unerwartet doch noch einmal der Groschen fällt. :cool: Das müsste dann aber bald sein, denn mit 60 sehe ich schon, dass ich den Zenit geistiger und körperlicher Höchstleistungen bereits überschritten habe. Die Prognose wird in den kommenden Jahren auch nicht mehr besser. Ich kann nur versuchen, die Kurve so flach wie möglich zu halten.
     
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  8. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    @bebob99
    Volle Zustimmung !!!

    Gruß,
    Otfried
     
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  9. Gerrie

    Gerrie Strebt nach Höherem

    @bebob99

    So viel von dem was Du geschrieben hast kann ich nachvollziehen.
    Auch wenn es empfohlen wurde es bleiben zu lassen machen wir weiter. Oder ?

    Wir sind in der gleichen Altersgruppe, auch ich hatte viele Jahre Pause.
    Habe mir zum 50. wieder ein Sax gegönnt.
    Es gibt wenige Stücke die ich ohne Noten mitspielen kann.

    In der Band mit Gitarren, Klavier und Gesang habe ich mir die Soli ausgedacht und notiert.
    Das brauche ich als Orientierung wenn die 8, 12 oder 16 Takte zu Ende sind. Auch die Töne zur Orientierung, spiele es aber nicht exakt nach der Notierung, sondern nach Stimmung und Gefühl abgewandelt.

    In der Kapelle spielen wir nach Noten.
    Und es macht riesigen Spaß.

    Mit der Sax Truppe spielen wir im Prinzip auch nach Noten. Die Soli können aber beliebig und individuell verändert werden.

    Ich halte es wie @bebob99.
    Ich bin mir darüber im klaren was ich noch erreichen kann, und das ich nicht mehr ewig Zeit habe.
    Es macht mir Spaß, spiele täglich 1h, demnächst noch mehr, und das will ich noch lange genießen.

    So lange die gleichen Menschen regelmäßig zum Konzert kommen und zuhören freut es mich.
    Noch mehr wenn sie zum nächsten Konzert Freunde und Bekannte mitbringen.

    Grüße Gerrie
     
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  10. Gerrie

    Gerrie Strebt nach Höherem

    Würde ich heute noch mal anfangen, würde ich es anders angehen.
    Die Möglichkeiten an den Schulen sind ganz anders als vor gut 50 Jahren.

    War gestern bei einem Schulkameraden unseres Sohnes.
    Er spielt mit 19 Jahren in einem Jazz Quintett.
    Tolles Konzert. Der Lehrer an der Schule begeistert die jungen Menschen, vermittelt den Stoff und das Wissen. So was hätte ich gerne gehabt in meiner Jugend.

    Grüße Gerrie
     
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  11. altoSaxo

    altoSaxo Ist fast schon zuhause hier

    In einem der Beiträge las ich die Begriffe "in vertretbarer Zeit ... ins Arbeitsgedächtnis stopfen" oder "die Finger machen irgendwelche Zufallstöne". Das veranlasste mich, mein eigenes Üben zu hinterfragen und mir wichtige, wissenschaftlich ergründete Regeln für Effektives Üben ins Gedächtnis zu rufen.

    1. Keine Fehler machen!
    Erläuterung: man sollte immer versuchen, so zu spielen, dass keine Fehler passieren.
    Anmerkung: Fehler können aber passieren, wenn die Konzentration nachlässt. Dann ist eine Pause oder Beendigung der Übeeinheit angebracht. Eine weitere Ursache kann sein, dass man in zu hohem Tempo übt. Warum übt man in zu hohem Tempo? Weil man zu schnell voran kommen will oder sich nicht die notwendige Zeit nimmt, um den Übeerfog herbeizuführen. Hält man die notwendige Zeit für "nicht vertretbar", wird ein gutes Gelingen beeinträchtigt. Ist die notwendige Zeit für das Üben nicht vorhanden, ist man überfordert, was weitere negative Konsequenzen wie Frust oder Verspannungen zur Folge hat. Die Vorstellung, etwas ins Gedächtnis stopfen zu wollen, passt für mich außerdem nicht mit dem Vorgang des Musikmachens zusammen. Im Idealfall macht mir das Spielen Spaß, auch beim Üben, und das Gehirn saugt den Input auf.

    2. Fehler korrigieren!
    Erläuterung: Sollte doch mal ein Fehler passieren, muss man die Stelle drei mal hintereinander fehlerfrei spielen, um den Fehler wieder aus dem Gedächtnis zu kriegen. Ansonsten läuft man Gefahr, dass der Fehler immer wieder passiert.
     
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  12. altoSaxo

    altoSaxo Ist fast schon zuhause hier

    Wie lerne ich etwas garantiert auswendig?

    Ganz einfach: indem ich nicht nach Noten spiele.

    Das heißt nicht, dass jeder beliebig viele oder beliebig lange und erst recht nicht technisch zu anspruchsvolle Stücke auswendig lernen kann, aber in gewissem Umfang kann das vermutlich fast jeder, und sei es nur "Alle meine Entchen". Zu der Frage, bei welchen Stücken es überhaupt vorteilhaft ist, sie auswendig zu lernen, wurde an anderer Stelle schon genug gesagt. Meine Überlegung ist ein Umkehrschluss daraus, dass eine der ineffektivsten Methoden des Auswendiglernens wohl darin besteht, ein ganzes Stück unzählige Male komplett vom Blatt zu spielen. Man kriegt ein Stück so vielleicht ins Gehör, lernt es aber am Instrument aber so auf absehbare Zeit nicht auswendig. Denn es reicht in den meisten Fällen nicht, ein Stück nur im Gehör zu haben, ohne die Noten zu kennen, es sei denn, man ist ein sehr erfahrener Musiker, möglicherweise mit absolutem Gehör, der jede Klangvorstellung unmittelbar und fehlerfrei auf das Instrument übertragen kann.

    Damit wäre eigentlich alles notwendige gesagt. Es könnte sich jetzt jedoch jemand fragen, wie das gehen soll, ohne Noten zu spielen. Eine Möglichkeit ist, ein Stück nicht nach Noten, sondern nach Gehör zu lernen. Die Folge ist, dass keine Chance besteht, dabei von Noten abhängig zu werden. Ist ein Stück dafür zu lang, kann man mit einer Passage oder einem kürzeren Stück beginnen, um einen erfolgreichen Start ins Auswendiglernen zu erlangen.

    Eine weitere Methode unter Verwendung von Noten kann darin bestehen, sich in den Noten eine ausreichend kurze Einheit anzuschauen und zu merken. Wenn es sein muss, sind es dann halt am Anfang nur wenige Noten oder ein möglicherweise nur ein halber Takt, wenn man sich ad hoc nicht mehr merken kann, weil Takte mit vielen Noten vollgepackt sind. Vielleicht sind es aber auch schon größere Einheiten wie zwei Takte, die man sich merken kann. Idealerweise stellt man sich schon vor, wie das klingt, dazu unten eine Anmerkung*. Nun spielt man die Noten, die man sich gerade gemerkt hat, ohne in die Noten zu schauen. Denn zu diesem Zweck hat man sich die Noten ja gemerkt. Das wiederholt man mehrere Male fehlerfrei, bis die Stelle sicher sitzt. Beachte dabei die Regeln zu Fehlern im vorherigen Post. Danach erarbeitet man sich nach dieser Methode die nächste Einheit.

    Dann spielt man beide Einheiten zusammen. Wenn die erste jetzt nicht mehr klappt, saß sie noch nicht sicher genug und man wiederholt die Erarbeitung dieser Einheit. Vielleicht erhöht man die Anzahl der Wiederholungen. Es ist aber auch unvorteilhaft zu viele Wiederholungen zu machen. Wenn beide Einheiten zusammen funktionieren, nimmt man sich die nächste vor. Es ist vorteilhaft, wenn sich die Einheiten etwas überlappen, weil man so den Übergang von einer in die nächste Einheit gleich mit übt.

    Am nächsten Tag spielt man das bisher gelernte einige wenige Male fehlerfrei. Passieren Fehler, vielleicht zunächst das Tempo etwas raus nehmen und unbedingt die Fehlerkorrektur anwenden. Sollte man die gelernten Stellen ganz oder teilweise vergessen haben. Fängt man von vorne an. Dann war das bisherige Auswendiglernen aber nicht vergeblich, wie man jetzt vielleicht vermuten könnte. Nein, man wird sich die Stellen nun beim nächsten Mal viel schneller und auch dauerhafter einprägen können. Außerdem gewöhnt sich das Gedächtnis an die neuen Herausforderungen.

    Es dauert so lange, wie es dauert. Das verlangt Disziplin und es dauert vielleicht gerade am Anfang länger, als einem lieb wäre, aber die Zeit muss man sich halt nehmen, wenn man von den Noten wegkommen will.


    *Zur Vorstellung von Musik: das Gehör ist die leitende Instanz beim Musikmachen. Idealerweise stelle ich mir, die nächsten Töne, die ich spielen möchte, vor und gleiche das gespielte mit der Vorstellung ab. Passt das nicht zusammen, ändere ich das Spiel soweit möglich ab, bis es passt. Das betrifft sowohl die richtigen Töne, den richtigen Rhythmus, die genaue Artikulation und auch den Klang. Das ist die Feedbackschleife des Lernens eines Instruments. Wenn ich immer nur Noten lese und diese ohne vorherige Vorstellung spiele und mich davon überraschen lasse, was anschließend erklingt, werde ich nie ein guter Musiker. Diese Fähigkeit des Antizipierens über das Gehör zu erlernen oder fort zu entwickeln ist aber ein anderes Thema.
     
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  13. saxfax

    saxfax Strebt nach Höherem

    Genau das ist der Trick. Das "garantiert" würde ich aber weglassen, ich kann nur von mir reden.

    In jungen Jahren (zu Schulzeiten) ging es noch, ein Stück nach Noten auf dem Klavier zig mal zu spielen, dann ging es irgendwann auswendig. Heute geht das nicht mehr, ich muss Sachen explizit auswendig lernen wie von @altoSaxo beschrieben. Aber immerhin ;)
     
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  14. gefiko

    gefiko Strebt nach Höherem




    Grace Kelly hat noch ein Video, wo sie ihr Gesang und die nachgespielten Töne mithilfe der Smartphone-Aufnahme vergleicht. Finde ich momentan nicht.
    Man muss dich die Zeit nehmen und üben (ich weiss, ich weiss, sorry für das "Ü"-Wort)
     
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