Viel Spaß?

Dieses Thema im Forum "Eigene (musikrelevante) Themen" wurde erstellt von Rick, 23.April.2024.

  1. Iwivera*

    Iwivera* Ist fast schon zuhause hier

    Verständlich. Wenn ich auf solchen Veranstaltungen bin, versuche ich eigentlich immer den Musikern eine positive Rückmeldung zu signalisieren. Dann wissen die, wenigstens eine hat zugehört und weiß es zu schätzen.
    Ich kenne das auch vom Blasorchester. Spielen auf irgendeiner politischen Veranstaltung und dann wird man, weil der große Parteivorsitzende nun endlich kommt, quasi von der Bühne geschubst. Unmöglich, auch wenn es Geld für den Auftritt gab.
     
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  2. altoSaxo

    altoSaxo Ist fast schon zuhause hier

    Sorry, habe noch nicht alles gelesen, möchte aber auch schon meinen Beitrag kundtun.

    Ich spielte in den letzten beiden Jahren in einer Band, die von einer Dozentin betreut wurde. Die sagte uns vor jedem Auftritt: „Habt Spaß/versucht, Spaß zu haben. Ihr seid super vorbereitet, das wird gut klappen.“ Das hat mich als Amateur bei den Auftritten sehr bereichert, denn ich habe meine Wahrnehmung auch auf diesen Aspekt gelenkt, anstatt „nur“ bestmöglich abzuliefern. Die Kommunikation mit dem Publikum wird durch Spaß beim Spiel auch positiv beeinflusst. Würden die Künstler nur Anspannung, Mühe und Stress dabei erfahren, wäre es für sehr empathische Zuhörer eine unangenehme Erfahrung, den Künstler die ganze Zeit leiden zu sehen.

    Daraus abgeleitet folgende Gedanken:
    Ich gehe davon aus, dass du dich als Profi auch auf die Auftritte sehr gut vorbereitest. Und ein professionelles Auftreten inkl. passender Kleidung, den Auftrag ernst zu nehmen, sprechen doch nicht dagegen, dass man beim Auftritt Spaß haben kann, selbst wenn man voll konzentriert ist, oder?

    Natürlich kommt oft Anspannung dazu und bei einem längeren Auftritt kann es auch sein, dass irgendwann das Tragen des Instruments Mühe zu bereiten beginnt, aber Raum für Spaß bei der Performance sehe ich da schon. Es heißt ja nicht, dass man ohne Unterbrechung Euphorie verspürt.

    Auch die gemeinsame Erfahrung mit den Mitmusikern sollte doch in der Regel auch Spaß bereiten, wenn es kein Solo-Auftritt ist.

    Viel Spaß zu wünschen bedeutet am Ende auch, dass dir gewünscht wird, dass die Rahmenbedingungen passen, um dir Spaß zu ermöglichen. Andersherum: keinen Spaß hat man wohl, wenn Sachen schief gehen, wie Verkehrsprobleme bei der Anreise, Stress mit Instrument oder Equipment, Störungen von außen oder ähnliches.

    Letzteres wünscht man keinem, darum bin ich froh, wenn man mir viel Spaß, gerne auch Erfolg und gutes Gelingen vor Auftritten wünscht.
     
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  3. visir

    visir Gehört zum Inventar

    Dann kann ich mir immer noch vorstellen, dass Ihr Euch im gesteckten Rahmen Euren eigenen "Insider"-Spaß macht, den das Publikum gar nicht mitkriegt. Einfach für Euch selbst.
     
  4. JES

    JES Gehört zum Inventar

    Es kommt hier niemand um die Ecke und sagt dir, du musst Maurer werden. Oder Tischler, oder du musst bwl studieren statt Maschinenbau. Geh bspw nach Kuba, da ist das anders. Da sagt man dir, was du tun sollst.
    Und klar, man kann alles auf soziale Herkunft, fehlende Chance und ach so ungerechte Umstände schieben. Oder man kriegt vielleicht doch den A... hoch. Ich hatte viele Kommilitonen, die aus einfachen Verhältnissen kamen, die nicht direkt auf dem Gymnasium waren und von dort gleich auf die Uni. Die haben teilweise nicht mal Bafög bekommen oder große Hilfe von zuhause... und haben ihr diplom trotzdem.

    @Rick: sieh die jobs nicht als solche, sondern als bezahlte Probe. Du darfst üben, vielleicht bekommst du Feedback (positiv wie negativ) und bekommst noch geld dafür. Klasse.
    Gegen die Angst hat mir ein Buch geholfen
    "Die Formel für Glück: Und wie Sie diese nutzen" von Mo Gawdat.
     
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  5. _Eb

    _Eb Ist fast schon zuhause hier

    @JES es ist nicht ach so ungerecht...
    Es ist die Realität.
    Und es sind einfach Fakten das Menschen aus bildungsfernen Familien kaum Chancen haben den Beruf zu erlernen denn sie sich vorstellen..

    Es gibt ausreichend Untersuchungen die bestätigen das Berufsqualifikation und soziale Herkunft abhängig sind...
     
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  6. Rick

    Rick Experte

    Nö, denn erstens muss ich diese Sachen nun wirklich nicht mehr proben und zweitens weiß ich aus Erfahrung, dass viele die Ohren spitzen und genau zuhören, auch wenn keiner klatscht.
    Mein guter Ruf beruht genau auf diesem Bewusstsein, dass wir eben nicht "irgendwie" spielen, sondern trotzdem bestmögliche Qualität abliefern. :cool:

    Welche Angst?
    Mit Angst wäre ich falsch in meinem Beruf. Ich bin da angespannt, konzentriert, aber nicht ängstlich.
    Freut mich trotzdem, dass Dir das Buch geholfen hat. :thumbsup:
     
  7. Bernd

    Bernd Gehört zum Inventar

    Das wäre Thema für einen eigenen Thread. Allerdings mit reichlich Konfliktpotenzial :confused:
    Und in politische Themen abdriften würde er wahrscheinlich auch.

    Aus meiner eigenen Vita gebe ich Dir Recht mit der Einschränkung, dass tatsächlich nicht jede/r die Möglichkeit hat, aus seiner/ihrer „Komfortzone“ herauszukommen. Es gehört neben dem unbedingten Willen und Ehrgeiz auch der erforderliche Intellekt dazu. Von Haus aus gepamperte haben es leichter und sicher die besseren Startbegingungen.
     
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  8. altoSaxo

    altoSaxo Ist fast schon zuhause hier

    Vielleicht ist ja beim genannten Wunsch die Freude auch tatsächlich gemeint oder immerhin mit gemeint und der Begriff nur nicht optimal nach deiner Deutung gewählt, weil „viel Freude“ in meinem Umfeld bisher von niemandem verwendet wurde, „viel Spaß“ hingegen von fast jedem, weil es viel geläufiger ist, ständig verwendet wird. Eine Tätigkeit, die Spaß macht, bereitet Freude. Den Begriff so auf die Goldwaage zu legen, halte ich bei einer offensichtlich positiv gemeinten und im Alltag ganz oft verwendeten Redewendung nicht für zielführend.
     
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  9. altoSaxo

    altoSaxo Ist fast schon zuhause hier

    Ich bin erstaunt, dass du als sehr erfahrener Musiker nicht schon tausend mal „viel Spaß“ gehört hast und dich das nun bei dem Gig im Zusammenhang mit den angesagten Stunden irritiert hat. Das sage ich völlig wertfrei.
     
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  10. JES

    JES Gehört zum Inventar

    Jetzt muss man 2 Dinge bitte mal ausklammern
    1. Wenn ich zu doof bin raketenwissenschaftler zu werden, also nicht unwissend sondern schlicht geistig zu einfach, dann kann ich so viel wollen wie ich will raketenwissenschaftler zu werden, das wird nix.
    2. Wenn mir zuhause vorgelebt, dass es reicht den bürgergeldantrag auszufüllen und mit dem hintern besser zuhören zu bleiben, dann könnte das abfärben.
    Das klingt nicht nett, ich weiß, aber das sind meine Erfahrungen. Irgend welche Studien finden sich immer, egal welche These es zu belegen oder widerlegen gibt.
     
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  11. scenarnick

    scenarnick Administrator

    A propos: Spielst Du am Donnerstag im Jazzkeller oder spielt Olaf selbst?
     
  12. Rick

    Rick Experte

    Er hat mich nicht als Ersatz gebucht, deshalb wird er wohl selbst spielen. Ich weiß von nichts.
    Wenn, dann wäre das wieder ein "Spaß-Gig": Mainstream Jazz vor Fachpublikum, da spielt man auch gerne mal nur auf Eintritt!

    Tatsächlich ist mir das im musikalischen Zusammenhang noch nie begegnet, jedenfalls nicht bei solchen Hintergrund-Jobs.
    Da wünscht man sich, wie erwähnt, nur "Viel Erfolg" oder "Gutes Gelingen".
    Höchstens sarkastisch "Na dann viel Spaß".

    Übrigens habe ich darüber auch beim Gig mit den Kollegen gesprochen - sie fanden "Viel Spaß beim Spielen" ebenfalls merkwürdig bis möglicherweise abwertend.

    Sonst wäre ich nicht so irritiert gewesen.
    Aber jetzt bin ich ja schlauer, wenn das von so vielen als ganz normal empfunden wird. :)
     
    Zuletzt bearbeitet: 23.April.2024
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  13. _Eb

    _Eb Ist fast schon zuhause hier

    @JES dann bist du ja schlauer als die Experten, die natürlich nur Unsinn schreiben....
    Also ich kenne aus meinem Leben Fälle wo der Vater bestimmt hat was das Kind wird.
    Wo Kindern Bildung als unnötig vorenthalten wurde...
    Wo Kinder nicht die Chance hatten das zu lernen was sie wollten, nicht weil sie zu dumm waren, sondern weil die Familie Geld brauchte und sie gearbeitet haben...

    Sorry. Aber dein Statement ist schlicht weg dumm.
     
  14. altoSaxo

    altoSaxo Ist fast schon zuhause hier

    Im Eingangspost hattest du die Umstände des Jobs nicht näher erläutert. Vielleicht war die Situation den Beteiligten auch nicht so genau klar?
    Jedenfalls kann ich auch gut verstehen, dass es auch Jobs gibt, die tatsächlich wenig Potenzial für Freude bieten und überwiegend aus ökonomischen Gründen geleistet werden.
     
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  15. Rick

    Rick Experte

    Da stand "hoch offiziell" - ich habe irrtümlich angenommen, das sei klar genug. Im Nachhinein gebe ich Dir Recht, dass sich wohl nicht alle darunter eine "spaßbefreite" Veranstaltung vorstellen können.

    Wir Musiker sind wahrscheinlich einfach deshalb so sensibel beim Thema "Musik mit Spaß", weil uns immer wieder unterstellt wird, Musik, speziell Jazz, sei kein ernsthafter Beruf.
    Die Bezeichnung "spielen" für die Ausübung ist dabei nicht hilfreich...

    Deshalb ist "Viel Spaß beim Spielen" doppelt problematisch.
     
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  16. optics

    optics Schaut nur mal vorbei

    Wenn der Spaß an der Arbeit ausbleibt sollte man sich eine andere Art der Beschäftigung überlegen, nicht jammern. :-?
    Trotzdem viel Spaß mit der Musik...:smil3dbd4e29bbcc7:
     
  17. Florentin

    Florentin Strebt nach Höherem

    Sorry, aber diese Bemerkung ist ziemlich unrealistisch.

    Selbst wenn man Spaß (Freude) an der Arbeit an sich (insgesamt) hat, wird es immer einzelne Tage geben, wo sich der Spaß nicht einstellen kann, und wo man das auch vorher weiß. Darum geht es hier.

    Gerade als Profi, wenn man davon leben muss, kann man diese Tage nicht vermeiden. Nur das beste draus machen.
     
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  18. Florentin

    Florentin Strebt nach Höherem

    Ich war mal Gast bei einer sehr eleganten Jubiläumsveranstaltung. In einer Villa über den Hügeln von Rom, riesiger Park, alles nur vom Feinsten.

    Schon beim Eintreffen hörte ich, dass da ein Saxophonist seinen Dienst tat. Ganz dezent im Hintergrund. Zu Beginn dachte ich, dem würde ich aus Sympathie zuhören können und mich vielleicht sogar unterhalten mit ihm.

    Tja, ging nicht. Ich traf so viele andere Gäste und unterhielt mich mit ihnen, saß beim Bankett an Tischen, viele Reden usw. usw. Und der Saxophonist war stundenlang im Einsatz, ganz allein. Spielte abwechselnd Alt, Sopran, Tenor. Später dann auch lebhaftere Sachen zum Tanzen. Alles hoch professionell. Meinen Respekt. Aber irgendwelchen Feedback oder gar Applaus hat er nie bekommen.
     
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  19. ppue

    ppue Experte

    Na, das läuft ja lustig durcheinander hier.


    Wo hat er denn gejammert?


    Ich glaube, er weiß vielleicht schon, was er da tut.


    Genau darum geht aber nunmal genau der Thread.

    Es gibt Berufe, die in den Augen der Unwissenden Spaß bereiten, wie das Spielen von Musik.

    Es gibt Berufe, die in den Augen der Unwissenden unglaublich traurig sein müssen, wie den der Bestatter.

    Bei beiden stimmt das Gefühl der Unbeteiligten nicht mit dem Gefühl beim Ausüben des Berufs überein. Der Bestatter ist ja nicht traurig, er wird sagen, ich freue mich, wenn ich den Wunsch der Hinterbliebenen erfüllen konnte. Dann ist er selber erfüllt in seinem Beruf. Kein Mensch aber käme auf die Idee, dem Bestatter hinterherzurufen: "und viel Spaß bei der Beerdigung".
     
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  20. JES

    JES Gehört zum Inventar

    Habe nie das Gegenteil behauptet.... Das Ganze als bezahlte Probe zu sehen ist nur ein anderer minset zu "jetzt muss ich hier spielen und keiner hört zu. Habe ich keine Lust zu"...
    Ersteres focussiert auf den positiven Aspekt, letzteres auf den negativen.
     
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