Rampone & Cazzani Performance = Forestone GX (?)

Verstehe. Und auch wieder was gelernt! Ich war nicht sicher ob es ein Witz oder doch der Einstieg in eine philosophische Betrachtung zur Bedeutung juristischer Eigenschaften materieller Güter für deren Wert und für seine Benutzer wird. Und da hätte es mich nicht überrascht wenn ein Bezug zu Moses Mendelssohn möglich gewesen wäre…

 

Das ist positiv, wenn auch nicht unbedingt für Europa. Hier tut man sich zunehmend schwer mit Innovationen, vielleicht weil alles so teuer ist und das Verlustrisiko entsprechend, vielleicht weil man sich einfach nicht so sehr traut, neue Wege zu beschreiten. Vielleicht auch, weil die europäischen Marken mit ihrer teuren Produktion im Gegensatz zu den immer besser werdenden asiatischen Konkurrenten oft nur noch mit der Nostalgie punkten können. Diese Nostalgie wird dann als Luxus verkauft (sei es der Hauch von Mark VI, der Benziner im Benz oder die Muster von Burberry, Chanel oder Vuitton). Wirklich voll und ganz innovativ traut man sich aber oft nicht oder will einfach nicht, da ohne den nostalgischen Bezug das Verkaufsargument für den Klassiker ins Wanken gerät. Hab da gerade einen interessanten Beitrag in der SZ zur Thematik gelesen.

 

Ich wollte hier niemand meine Meinung auf's Auge drücken, und Sound ist immer eine Geschmacksfrage.
Ihr könnt aber gerne einen Thread eröffnen, und ich versuche etwaige Fragen zu beantworten.

 

Ich war im Sommer 2021 in Quarna Sotto im Piemont in der alten Instrumentenfabrik Rampone & Cazzani und habe da Sopransaxophone probiert und auch eines gekauft. Es gab einen kleinen Showroom, aber keinen Verlaufsraum im engeren Sinne und dort auch nur relativ wenige Saxophone (weil die wohl direkt weggingen...). Das war in einem Zeitalter, in dem man sich in geschlossenen Räumen mehr oder weniger nur mit Gesichtsmasken bewegte und insgesamt ein besonderes Entgegenkommen von Claudio Zolla, dem Inhaber /Besitzer/Chef-Holzblasinstrumentenmeister dort, der sich freundlicherweise nach sehr kurzfristiger Anfrage für mich Amateur (= Liebhaber, jedenfalls deutlich kein Profi) 2 Stunden Zeit nahm. Natürlich konnte ich mich mit ihm da auch etwas unterhalten und er machte kein Geheimnis daraus, dass es neben den Original Rampone und Cazzani - Saxophonen nun auch in näherer Zukunft eine preisgünstigere "Performance-Line" geben würde, bei der der Korpus in Taiwan hergestellt werden, die weitere Herstellung = Zusammenbau etc. jedoch in Italien erfolgen würde. Ich hatte keine Fabrikführung und habe auch nicht danach gefragt, weil ich das unhöflich gefunden hätte nach meinem relativen Hineinplatzen. Aber ich konnte auf dem Gang und in den einsehbaren Räumen schon auch unbehandelte Saxophonkorpora (ich hoffe, das ist der korrekte Plural) und "Rohlinge" sehen.
Also ich persönlich habe keine Zweifel, dass die originären R&C- Saxophone in Quarna Sotto hergestellt werden und dass die Performance Line dort zusammengebaut wird, glaube ich ihm auch. Die Marke hat doch auch einen Ruf dafür, in dieser relativ strukturarmen Gegend Italiens Arbeitsplätze für die lokale Bevölkerung (allzuviele werdens wohl nicht sein) zu sichern.
So wie ich das mitkriege, gehts ja beim Saxophon und beim Saxophonkauf um verschiedene Eigenschaften, die das Saxophon haben muss. Ich denke, es gibt einen Markt für billige Instrumente. Und es gibt einen Markt für Namen. Und es gibt einen Markt für bestimmte Herstellungsprozesse. Und daraus entsteht Konkurrenz und ein Spektrum von Kopieren, Abkupfern und Faken bis hin zur Patentverletzung. Das Design von den Rampone & Cazzani-Saxophonen ist doch einzigartig und sicher auf der Grundlage ihrer Bauart mit einer eher weiteren "Bohrung" = Konusdurchmesser ist dann der Aufbau auch gestaltet. Ich würde mir eher vorstellen können, dass Forestone das imitiert als das R&C eine neue Mensur/ Applikationen etc. entwickeln ... und dann bauen lassen.

 

Andersrum. Beide kaufen beim identischen Hersteller in Taiwan.

Bitte nicht falsch verstehen, in Taiwan werden gute Hörner gebaut. Und sie werden immer besser.

Insofern sind die Forestone und R&C sicher gut.

Mich stört nur, wenn Firmen glauben es nötig zu haben Nebelkerzen zu werfen, um damit einen falschen Eindruck zu vermitteln.

CzG

Dreas

 

Ich war gerade auf der Website von R&C. Da heißt es pauschal "handmade Italian saxophones". Also nicht direkt "made in Italy". Und zweifellos werden dort Saxophone von Hand gemacht (vielleicht nicht alle). Ich habe auch eines besessen und war auch mal dort - wunderschöne Gegend, sympathische Leute.

Aus Wikipedia zum Thema "made in Germany":

 

Danke für den schönen Bericht! Mir gefällt in dieser Gegend auch so vieles so gut, dass ich immer mit dem Gedanken gespielt habe, das Gleiche zu tun. Das letzte mal, als ich in der Gegend war, war auch Ende der Maskenzeit. Da saß ich an der Toce-Mündung mit Freunden am Ufer, habe den Kindern beim einfangen kleiner Fische in Marmeladegläsern zugeschaut und der Familie letztlich zugestimmt, dass ich in der begrenzten Urlaubszeit lieber keinen Kurztripp von ein paar Stunden mache und sowieso kein neues Sax brauche.
Hätte ich nicht schon so viele Berichte von Verarbeitungsmängeln gehört, würde mich das passende Saxophon zum Barbera, Barbaresco, Barolo, Trüffel, Vitello Tonato und Haselnusscreme noch mehr reizen. Wie ist die Küche eigentlich in Taiwan?

 

Mi geht es einfach darum, dass sowohl Rampone & Cazzani als auch Thomann bei der spezifischen Nachfrage nach der Performance Line steif und fest beteuern, dass "alle unsere Saxophone in Italien hergestellt werden" (auffälligerweise vermeiden sie mit dieser allgemeinen Aussage stets den expliziten Bezug zur Performance Line). Anhand der oben dargelegten Indizienkette sollen potentielle Käuferinnen und Käufer selber entscheiden können, wie sie den Wahrheitsgehalt dieser Aussage einschätzen.

Mir erscheint sie bestenfalls euphemistisch, schlimmstenfalls betrügerisch. Da selbst der Finish der Performance Line identisch ist mit dem Forestone, muss man davon ausgehen, dass sogar dieser in der gleichen asiatischen Fabrik ausgeführt wird und der Anteil der noch in Italien geleisteten Arbeiten eher gering ist. Ob dies mit der italienischen oder europäischen Rechtsprechung konform ist, vermag ich nicht zu beurteilen, irreführend erscheint es mir allemal.

Dass Forestone das Design von R&C kopiert hat, ist übrigens aufgrund der Timeline ausgeschlossen: Das Forestone GX gibt es schon mindestens seit 2017, das R&C erst seit 2021.

Ich habe überhaupt nichts dagegen, dass eine bekannte und beliebte Firma wie Rampone & Cazzani ein Produkt aus Asien einkauft und unter ihrem Markennamen verkauft; was ich indessen nicht mag, ist Unehrlichkeit. Wieso nicht einfach zugeben, dass man die Dinger importiert und dann darlegen, was die eigene Firma zur Wertschöpfungskette beiträgt (z.B. spezifische Designelemente, Setup, Qualitätskontrolle etc.)? Gut möglich, dass die taiwanesischen Instrumente mindestens so gut wie die wirklich in Italien hergestellten Modelle sind. Mir selber ist jedoch aufgrund obiger Erkenntnisse die Lust vergangen, es herauszufinden.

 

Skandal!

Die übliche Praxis bei 90% aller „deutschen“ technischen Erzeugnisse ist endlich enttarnt!
Audi, BMW, Mercedes, VW - alles Fake mit Teilen aus Polen, Leder aus Argentinien und Chips aus Taiwan!
Bosch, Siemens, Neff, Gaggenau - Betrüger! Alles gleich, außer dem Firmenschild und dem Preis! Und in Polen, Italien, Slowakei hergestellt!
Grundig Fernseher - aus der TÜRKEI!

Und erst diese Italiener! Da wird doch tatsächlich ein Fiat bei Peugeot in Frankreich zusammengeschraubt! Mit Teilen aus … CHINA!!!



Mal im Ernst:

Ich verstehe nicht, warum man so etwas derart dramatisieren muss.
Wer sich mit der Marke R&C beschäftigt, hat jede Gelegenheit, sich zu informieren.

Die Internetseite beschreibt ziemlich präzise, was man mit dem Performance bekommt. Auf Englisch und Französisch (Italienisch vermutlich auch, das kann ich nur nicht). Da steht nichts von „in Italien hergestellt“.

Was Thomann nach angeblicher Rücksprache mit R&C (eigentlich dem deutschen Vertrieb) von sich gibt, war zumindest in einem, von mir selbst erlebten Fall, nicht besonders belastbar.

 

Ich finde die Recherche von @Microtourist schon interessant und für viele bestimmt hilfreich, die den Markt nicht verfolgen.

Wer die Entwicklung von Marken wie Mauriat, Cannonball, Forestone, Wanne, RetroRevival, Thomann, Schagerl etc. seit Jahren verfolgt, das plötzliche Auftreten und Verschwinden von identischen Modellen in ganz anderen Vertrieben, Kontexten und Kontinenten und die immer wiederkehrenden identischen Bauteile, für den ist das nicht komplett überraschend.

Die große Mehrzahl moderner Saxophonmarken und folglich auch Budgetreihen etablierter Marken sind in Wirklichkeit nur Vertriebsmarken für Produkte aus asiatischen Fabriken, die mit wenigen Ausnahmen nicht gelabelt, nicht benannt und nicht offengelegt werden. An diesen Punkt ist einerseits der Hauptkritikpunkt dieser Systeme, andererseits auch die Überlebenagarantie der Vertriebsmarken gebunden.

Für alle, die diesen Markt ein bisschen beobachten, wäre es überraschend gewesen, wenn eine Budgetlinie von R&C irgendetwas anderes gewesen wäre, als ein Produkt mit teilen aus asiatischer Produktion. Es ist die neue Realität. Was daran tatsächlich R&C ist, wäre natürlich interessant, vielleicht. Vielleicht ist es auch egal.

 

Ohne Frage.

Für meinen Geschmack hätte es in Sachen „Skandal“ drei Nummern kleiner gereicht.

 

Hallo,

ich finde es geht manchmal zu weit mit den Be- bzw. Vorverurteilungen von Produkten oder Firmen (wie auch bei der Firma Stalaxy geschehen), ohne letztlich Details zu wissen; beziehungsweise weil einem Bezeichnungen, evtl. sogar rechtlich zulässige, nicht befallen.

z.T. die selben Personen mahnen andere an mit ihren Behauptungen vorsichtiger zu sein, da hier viele mitlesen. Eine gute Idee.

Und klar kann einem die eine oder andere Vorgehensweise missfallen und dies sollte auch ansprechen werden.
Es muss aber doch nicht gleich das Fallbeil ausgepackt werden.

Manchmal würde ich mir einen "gefällt mir nicht" Bottom wünschen
Hün-chen

 

Also wir leben in einer Marktwirtschaft. Unternehmen müssen daher auch Kritik aushalten können, ob berechtigt oder nicht.

(Schon eigenartig, dass sich niemand hier aufregt, wenn Amazon, Google, etc., oft auch zu unrecht, kritisiert werden.)

Für Unternehmen sind solche Kritiken auch sehr nützlich, geben sie doch ein unmittelbares Feedback, welches möglicherweise Hinweise enthält den Marktauftritt zu optimieren.

Selbst ein regelrechter Shitstorm hat Potential daraus gestärkt raus zu kommen.

Unternehmen erhalten dadurch eine Transparenz, die es vor Internet schlicht nicht gab.

CzG

Dreas

 

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Ein Shitstorm und das dazugehörige Bashing haben ganz andere Potenziale - vor allem
Menschen gegeneinander aufzuhetzen. Diese selbstgerechte Empörung ist doch nur der erste Schritt. Und wer das leugnet, oder am besten noch mit Derailing ("ja, aber die ..." oder "... und warum nicht über jene ..." verteidigt, stellt sich ganz bewusst auf die Seite der Scharfmacher, die es vorziehen die Gesellschaft an den Abgrund zu treiben, als auch die Kirche einer anderen Glaubensgemeinschaft im Dorf zu lassen.

Gruß
Charly

 

Wir haben hier keinen Shitstorm, nur Kritik, ob man sie teil oder nicht.

Selbst bei einem Shitstorm: Sie passieren, ob wir es gut finden oder nicht (ich finde es nicht gut.)

Wir sind da hier sehr harmlos.

Ich wollte nur einen Hinweis geben, wie man als Unternehmen mit solchen Situationen umgehen kann und sollte.

Als ich noch die Agentur hatte, haben wir Geschäftsführer und Vorstände beraten, wie man damit umgeht und wie man das positiv nutzen kann.

CzG

Dreas

 

Hallo,

ein Hinterfragen, oder ein in Frage stellen ist super. Ggfls. Kritik üben - am besten gegenüber der Firma selbst, ist auch nicht der Punkt.

Die relativ schnell Be- bzw. Vorverurteilung generiert erstmal eine sehr negative Stimmung. Es wird erstmal vermutet das "die" uns linken wollen.

Kleinere Firmen oder Startup's kann es schon das Genick brechen, wenn dies in einem großen fachspezifischen Forum passiert.

Vermutlich bin ich zu naiv oder noch zu jung, das ich den Themen erstmal positiv gegenüber eingestellt bin. Und das nicht nur hier im Sax-forum

Grüße
Hün-chen