Hallo zusammen, Jive Samba besteht nur aus zwei Akkorden: G7#9 und C7 (für B-Instrumente). Welche Scale(s) bieten sich denn für den G7#9 an, der sich bis auf zwei Takte durch das ganze Lied zieht? Danke für Eure Hilfe!
Hallo, Okami Typischerweise würde man über G7#9 erstmal superlokrisch spielen, so dass du das Tonmaterial von Ab Melodisch Moll nutzen würdest. Bei diesem Stück könnte ich mir aber durchaus vorstellen, dass man auch einfach Mixolydisch spielen kann. Eine #9 über einen Dominantseptakkord hier und da hat sowieso noch nie jemandem geschadet, der in einem jazzverwandten Kontext unterwegs ist, unabhängig von Akkord-Skalen-Theorie. Im Prinzip lädt die simple Harmonik des Stücks dazu ein, sich gerade über Guide Tones und Akkord-Skalen-Beziehungen keine Gedanken zu machen, sondern verschiedene harmonische Färbungen der was Färbungen angeht sehr flexiblen Dominantakkorde auszuprobieren
Das ist dann aber sehr weit weg vom C7 und so garantiert nicht gedacht. Und der Akkord ist auch nicht voll alteriert. Wenn er als G7#9 notiert ist, wird er, soweit ich es kenne, mit normaler Quinte gespielt. Und die Quinte kommt im Thema auch vor. Adderly hat da bei dem Solo, wenn ich mich richtig erinnere, viel Moll Pentatonik gespielt und sogar die Sechste und auch die None mal eingebaut, die Durterz hat er nur selten gespielt und dann um bewusst an einer Stelle Kontrast zu erzeugen. Eher vom Sound und dem Solo bluesig gedacht. Ich würde da als Skala auch eher nicht Alteriert spielen (gleich Superlokrisch, der Name ist nur in Deutschland eher selten im Gebrauch).
Jive Samba ist doch eigentlich ein Blues, nur im Samba-Gewand. So würde ich auch darüber improvisieren.
Die #9 nenne ich immer b10, denn ihre Rolle im harmonischen Geschehen ist in aller Regel die einer kleinen Terz zum Grundton. Pianisten z.B. können keine Töne "ziehen" und greifen gerne zu diesem Akkord, in dem unten eine Durterz und oben eine Mollterz in Bezug auf den Grundton erklingen. Eine Einladung, mit Bluenotes zu arbeiten.
Jepp, höre ich auch so. Wenn du von G7#9 die Bluestonleiter auf der Moll Parallelen bildest, ist die #9 (Bb) die Bluenote.
Ich gehe bei sowas ja erst mal ganz naiv ran, und merke mir, dass die #9 nichts anderes ist als die Mollterz. Das gibt bei G7 sowas ähnliches wie die Töne zum C7 (kleine Septime). Also als Grundstoff übers Stück 1b, mal von G, mal von C, und den Rest übers Gehör richten, was wie passt, und welche "schönen", "schaurigen", "spannenden" Töne hier und da noch gut klingen. Gruß, Otfried
Drum schrieb ich ja auch, dass ich anderes ausprobieren würde, allein schon, weil C-Mixo und G-Superl. sehr weit von einander entfernt sind in Sachen Vorzeichen ist das empfehlenswert, weil es sonst schwerer ist, melodisch zu spielen und trotzdem die Wechsel von einer Tonleiter in die andere zu meistern. Auf Sheets wird #9 oft auch nach meiner Erfahrung verwendet, um superlokrisch anzuzeigen, obwohl streng genommen in der Akkord-Skalen-Theorie dafür b9#9 das gängige Zeichen ist.
Mmh. b9#9 könnte auch HTGT sein. Ist in deinem Beispielen kein + oder #5 notiert, wenn es alteriert sein soll?
Der Meister selbst spielt sehr viel Blues. Material ist besonders zu Beginn D-Blues und gelegentlich die 9 und die 6. Wie schon weiter oben von ilikestitt geschrieben. Später im Solo geht's anders rund. Hui
So, wie ich es auf der Neuen Jazzharmonielehre kenne, gilt eigentlich b9/#9 = alt, wobei eine modernere und auch sinnvoller Bezeichnung ist, einfach zB G7alt zu schreiben. HTGT und superlokrisch sind im dominantischeb Kontext "outside"-Konzepte, anders als zB Mixolydisch, Mixob9, Mixob13 oder Mixo#11, die man alle insofern durch modalinterchange oder Anpassung der Diatonik an Sekundärdominanten erklären kann. Ich kenne ich nicht das Konzept, da speziell je nach Akkord zu unterscheiden, ob man HTGT oder alteriert man spielt. Es kann dir durchaus passieren, dass der Pianist die 5 spielt und du darüber alteriert, aber der Unterschied zwischen dem "richtigen" und dem "fehlerhaften" Sound ist eher klein, weil beide Sounds extrem spannungsreich sind. Außerdem kommt es auch auf tollen, authentischen Jazzaufnahmen vor, dass die Voicings oder Substitutionen der Pianisten nicht genau zu den Skalen oder Substitutionen des Solisten passen. Es gibt viele Parkeraufnahmen, wo er über V7 zB die Arpeggien ii-7b5 biimaj7 spielt oder auch ii-7 ii-7b5, ohne, dass der Pianist es auch macht. Klingt trotzdem gut
Die Funktion ist ja eigentlich immer die gleiche: chromatisches Abschleifen des eckigen V7-Sounds zugunsten eines lässigeren Eindrucks. Ob man nun diesen oder jenen Einzelton schleift, ist gar nicht so entscheidend.
Da kenne ich mich zu wenig in der Theorie aus. Für mich ist alteriert eher die Tonleiter der Tritonussubstition, die neben der Dominant-Sept noch die lydische Quart bekommt, um den Grundton der eigentlichen Harmonie zu bedienen. Ob das schon Outside ist, ist eine Frage der Epoche. Für mich beginnt es dort, für andere vom Gefühl noch nicht. Natürlich kannst du irgendwie alles zu allem spielen, für mich unterscheiden sich HTGT und alteriert aber schon stark durch die abwesende oder vorhandene übermäßige Quint. Vielleicht verwende ich sowas aber zu wenig, um viel aus der Praxis zu plaudern. Da bin ich doch meist eher glücklich, wenn inside und diatonische klappt…
Danke. Oder, um es mit den Worten eines sehr geschätzten Kollegen zu sagen, leider inzwischen verstorben, der in seiner Jugend u.a. mit John Coltrane, George Benson und Charles Mingus spielte: "Stop that brainshit!" Sowie: "If you think like that about improvising, you don't know ANYTHING about Jazz."
Umgekehrt muss aber auch nicht funktionieren. So etwas wie "Jazz Practice" dürfte es doch tatsächlich auch geben, oder will man das in Abrede stellen? Ich muss gestehen, dass mir einerseits das völlige Ablehnen von Theorie (ausschließliches "Bauchspiel") wie auch das "welche Skala spielst Du da drüber" gleichermaßen auf den Senkel gehen. Ich denke doch dass die meisten, die Hörbares zustande gebracht haben, irgendwas in die Birne reingeschaufelt haben, bevor es dort nach Verarbeitung so Wirkung entfaltet hat, dass es beim Spielen auf einer anderen als der intellektuellen Ebene benutzt werden konnte. Mit welchen MItteln auch immer.