Jazz oder nicht Jazz?

Dieses Thema im Forum "Eigene (musikrelevante) Themen" wurde erstellt von Analysis Paralysis, 7.Dezember.2024.

  1. JES

    JES Gehört zum Inventar

    Man muss deine Meinung ja nicht teilen.
     
  2. Dreas

    Dreas Gehört zum Inventar

    Nö. Deine auch nicht.

    Ist doch auch ein Ergebnis, das wir uns nicht einig sind.

    CzG

    Dreas
     
    Sax a`la carte und JES gefällt das.
  3. Alex_Usarov

    Alex_Usarov Ist fast schon zuhause hier

    Ich glaube, hier im Forum gibt es wenn dann Musiker mit umfangreichem Musikwissen. Musikwissenschafttler sind nochmal ein ganz anderes Volk. Ich war mal bei einer Vorlesung zu Humorwissenschaft (nicht in diesem Land). Das war überhaupt nicht lustig und der Proff hat ein paar Komik-Sendungen auseinander genommen, und die Argumente: viele Menschen würden darüber lachen - haben ihn gar nicht interessiert. Er hat quasi wissenschaftlich bewiesen, dass es kein Humor und das Lachen unberechtigt ist))
     
  4. JES

    JES Gehört zum Inventar

    Mich würde aber mal interessieren, was antwortest du, wenn dich jemand fragt "was ist Jazz und was unterscheidet jazz von anderen Musikstilen?".
    Wir haben hier zig Threads darüber, wie man zu jazzstandards improvisiert, welche harmonien bzw folgen benutzt werden, welches tonmaterial, etc.. und können jazz nicht definieren oder zu anderen musikstilen abgrenzen? Das kann ich nicht glauben. Immerhin muss man ja wissen, wann all diese "regeln/methoden" funktionieren, und wann nicht mehr.

    P.S. Ich glaube unsere Meinungen sind gleich, je nach Umgang mit der Musik. :).
     
  5. ppue

    ppue Mod Experte

    Ich habe etliche Charakteristika des Jazz aufgeführt und habe geschrieben, je mehr dieser Charakteristika zutreffen, umso wahrscheinlicher handelt es sich um Jazz.

    "Individuelle Tongestaltung
    Swing
    Walking Bass
    Off Beat
    Soli
    Tritonussubstitute
    Bluesform
    AABA-Form
    Kollektivimprovisation
    Instrumentierung
    Combobesetzung
    Bigband
    Synkopierung
    Laid Back
    ...
    und so weiter."


    Keines dieser Elemente für sich aber ist schon Jazz.

    Wo du die historische Einordnung nennst: die ist in den Anfängen des Jazz eine ganz andere als zur Swing-Ära oder zur Zeit des Free Jazz. Und so ist auch der Swing in New Orleans ein anderer als der, den Han Bennink spielt. Dennoch sind sie auf eigenartige Weise verknüpft, atmen den gleichen Geist, haben eine ähnliche Haltung, berufen sich auf die gleiche Tradition.

    Was das "Art Ensemble of Chicago" spielte, hat musikalisch oder musiktheoretisch nichts gemein mit dem Chicago Jazz, na ja, vielleicht die Combobesetzung. Auf die willst du aber eine scharfe Definition des Jazz nicht reduzieren wollen.

    Je genauer du einen Jazzstil untersuchst, desto ungenauer wird die Sicht auf das Ganze. Je genauer du das Ganze definierst, desto weniger trifft es auf das Einzelne zu.

    Es gibt doch das schöne Paradoxon mit dem Pfeil:

    Zenon sagt, ein fliegender Pfeil nehme in jedem Moment seiner Flugbahn einen bestimmten, exakt umrissenen Ort ein. An einem exakt umrissenen Ort befinde sich der Pfeil in Ruhe, denn an einem Ort könne er sich nicht bewegen. Da sich der Pfeil in jedem Moment also in Ruhe befinde, müsste er sich insgesamt in Ruhe befinden.

    Man sieht, das Problem ist schon uralt.
     
  6. JES

    JES Gehört zum Inventar

    Die historische Einordnung, bzw dass es so etwas gibt, kam von dir. Trotzdem danke für die Blumen.
    Was mir in deiner Liste komplett fehlt ist "Improvisation" und "Individualität". Für mich persönlich das wichtigste Kriterium. Weg von Vorgaben eines Komponisten hin zur freien Ausführung der "Soli".
     
  7. altoSaxo

    altoSaxo Ist fast schon zuhause hier

    War die Vorlesung Satire? ;)
     
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  8. Kohlertfan

    Kohlertfan Strebt nach Höherem

     
  9. Alex_Usarov

    Alex_Usarov Ist fast schon zuhause hier

    Nein. Voller Ernst. Es waren auch einige Komiker dabei, die er quasi enttarnen wollte. Sie sind aber irgendwann gegangen. Er hat sichtlich triumphiert)
     
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  10. Alex_Usarov

    Alex_Usarov Ist fast schon zuhause hier

    Als ich noch Lesungen hatte, gab es so gut wie immer Menschen dabei, deren Ziel war mir zu beweisen, dass meine Bücher Scheiße sind. Seltsamerweise immer nur einer pro Lesung. Und nur Männer. Haben auch sehr philologisch argumentiert. Gehört zum Geschäft)
     
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  11. ppue

    ppue Mod Experte

    Ja, schreibs dazu. Die Liste ist ja offen für weitere Kriterien.
     
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  12. JES

    JES Gehört zum Inventar

    Individuelle Tongestaltung
    Swing
    Walking Bass
    Off Beat

    Improvisation (freie Gestaltung des Musikers)
    Soli (streichen)
    Tritonussubstitute
    Bluesform
    AABA-Form
    Kollektivimprovisation
    Instrumentierung
    Combobesetzung
    Bigband
    Synkopierung
    Laid Back
     
  13. Dreas

    Dreas Gehört zum Inventar

    Ich würde demjenigen Miles Davis „So what?“ , Paul Desmond „Take Five“ und Coltrane „Giant Steps“ vorspielen und sagen: „Das ist Jazz.“ Darin sind sich alle Musiker und Experten einig.

    Dann würde ich Sinatra „My Way“ Sammy David jr „Mr Bo Jangels“ vorspielen und sagen: „Hier teilen sich die Meinungen, ob es Jazz ist.“

    Sodann Kenny G und Michael Buble: „70% kein Jazz, 30% Jazz.“

    Letztlich Helene Fischer und AC/DC. Da würden alle sagen:
    „Kein Jazz.“

    Erklärungen würde ich keine versuchen.

    CzG

    Dreas
     
  14. Kohlertfan

    Kohlertfan Strebt nach Höherem

    Wie schon geschrieben, ohne Softskills wird das nix mit dem Jazz: Haltung, Toleranz, Offenheit, Neugier, Emphatie....
    Es gibt keinen rechtsradikalen Jazz!
     
  15. _Eb

    _Eb Ist fast schon zuhause hier

    Ahm ne..
    Weil müssen alle Kriterien erfüllt sein oder nur ein subset von mindestensn Kriterien?.
    Oder wenn Kriterium A nicht dann aber B oder C vielleicht sogar nur wenn B und C


    Selbst wenn und Laien und wir unwisendenden Enthusiasten von Profis die Kriterien gelistet würden, würden die Profis über die Kriterien Matrix streiten...
    Und wir Ahnungslosen wären schlau wie zuvor..
    Und wie müssten weiter mit der Massstabs Prothese rum laufen, binär oder bestenfalls tristate : gefällt geht gefällt nicht...

    Unwissenheit kann manchmal herrlich befreiend sein.
    Mich amüsiert die Verbissenheit der Diskussion zunehmend...
     
  16. ppue

    ppue Mod Experte

    Je mehr Kriterien erfüllt sind, desto wahrscheinlicher handelt es sich um Jazz. Schreibe ich jetzt zum dritten Mal. Genauer wird das nicht.

    @Kohlertfan. Schreibe ich einfach mal dazu.

    Solo-Improvisation
    Kollektiv-Improvisation
    Individuelle Tongestaltung
    Swing

    Balladenform
    Walking Bass
    Synkopierung

    Back Beat
    Laid-Back-Spiel
    Ghost Notes
    Bending

    Call and Response
    Inside-Outside-Spiel
    Scatgesang
    Quintfälle

    Tritonussubstitutionen
    Extensions
    Alterations

    Standards

    AABA-Form

    Bluesform
    Modale Form
    Stilkonformität

    Instrumentierung

    Rhythmusgruppe
    Bläsersatz

    Combobesetzung

    Bigbandbesetzung
    Haltung
    Toleranz
    Offenheit
    Neugier
    Empathie
    Protest
    Politisierung
    Freiheitsbedürfnis
    Traditionsbewusstsein
    ...
     
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  17. Dreas

    Dreas Gehört zum Inventar

    So habe ich es auch verstanden. Werden alle Kriterien erfüllt, ist es eineindeutig Jazz. Wird kein Kriterium erfüllt, ist es eineindeutig kein Jazz.

    Alles andere liegt dazwischen und es liegt am Betrachter, wie er es nennt.

    M. a. W. : Alles wie schon am Anfang…..

    CzG

    Dreas
     
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  18. JES

    JES Gehört zum Inventar

    Einen Artikel, den ich für mich sehr gut finde,

    https://www.jazzseite.at/Videos/S-1.Merkmale.html

    Die weiteren links verdeutlichen das Ganze noch weiter.... Wie ich finde sehr gut formuliert und vllt etwas "griffiger" als eine reine Liste.
     
    altoSaxo gefällt das.
  19. Claus

    Claus Mod Emeritus

    Das hat eine völlig andere Qualität als die Punkte davor. Die Frage ist doch, ob irgendetwas von diesen "Softskills" Einfluss nimmt auf die Musik selber - in diesem Fall würde es auch zu wahrnehmbaren Veränderungen bei den bereits benannten "harten" Faktoren führen und man bräuchte die "softskills" nicht separat aufzuführen.

    Oder tut es das nicht? Dann hätte das zur Konsequenz, dass zwei objektiv völlig identische Musikstücke einmal (bei Vorhandensein der Softskills) als Jazz und im anderen Fall (bei Fehlen der Softskills) nicht als Jazz eingeordnet werden müssten. Das ist es, was ich weiter oben als "dünnes Eis" bezeichnet habe.
     
  20. Sebastian

    Sebastian Ist fast schon zuhause hier

    Ich hab zwischendrin nicht mehr mitgelesen, daher weiß ich auch nicht, ob nicht jemand vorher auch schon ChatGPT gefragt hat: "Welche Definitionen von Jazzmusik gibt es?"

    ANTWORT

    Jazzmusik ist ein vielschichtiges Genre, das sich durch eine Vielzahl von Stilrichtungen und Interpretationen auszeichnet. Aufgrund seiner Vielseitigkeit gibt es keine einheitliche Definition, aber verschiedene Perspektiven und Merkmale, die oft zur Beschreibung von Jazz verwendet werden. Hier sind einige gängige Definitionen und Ansätze:

    1. Musikalische Merkmale
    • Improvisation: Das spontane Kreieren von Melodien, oft basierend auf harmonischen Strukturen oder vorgegebenen Themen.
    • Swing-Feeling: Ein rhythmisches „Schwingen“, das durch synkopierte Rhythmen und eine spezielle Artikulation entsteht.
    • Blues-Elemente: Die Verwendung von Blues-Skalen, -Phrasen und -Emotionen.
    • Call-and-Response: Ein Dialog zwischen Instrumenten oder Musikern.
    • Harmonik: Komplexe Akkordprogressionen und erweiterte Akkorde (z. B. Septimen, Nonen).
    2. Historische Definitionen
    • Traditioneller Jazz: Die Ursprünge in New Orleans, geprägt von Bands wie denen von Louis Armstrong, bei denen kollektive Improvisation und einfache Melodik im Vordergrund standen.
    • Modern Jazz: Spätere Entwicklungen wie Bebop, Cool Jazz und Free Jazz, die komplexere Strukturen und mehr Freiheit einführten.
    3. Kulturelle Perspektiven
    • Jazz wird oft als eine Kunstform der afroamerikanischen Kultur gesehen, die sich aus den Erfahrungen und der Musiktradition der afroamerikanischen Gemeinschaft entwickelt hat.
    • Er spiegelt die gesellschaftlichen und kulturellen Veränderungen des 20. Jahrhunderts wider, von der Bürgerrechtsbewegung bis hin zur Globalisierung.
    4. Philosophische Ansätze
    • Jazz als Ausdruck der Freiheit: Viele sehen Jazz als eine Form der individuellen und kollektiven Freiheit, bei der Musiker ihre Persönlichkeit und Kreativität ausdrücken können.
    • Jazz als Dialog: Das Zusammenspiel zwischen Musikern wird als Metapher für Kommunikation und gegenseitigen Respekt angesehen.
    5. Definitionen durch Musiker
    • Duke Ellington: „Es gibt nur zwei Arten von Musik: gute Musik und die andere Art. Jazz gehört zur guten Musik.“
    • Louis Armstrong: „Wenn du fragen musst, was Jazz ist, wirst du es nie verstehen.“
    6. Institutionelle Definitionen
    • Organisationen wie das Smithsonian Institution definieren Jazz als eine „amerikanische Musiktradition, die auf Improvisation, Swing und afroamerikanischen Musikformen basiert“.
    • Lehrpläne an Musikhochschulen betrachten Jazz oft als eine disziplinierte Kunstform mit einer starken Betonung auf Technik, Theorie und Interpretation.
    Fazit
    Die Definition von Jazz hängt stark davon ab, aus welcher Perspektive man das Genre betrachtet – sei es musikalisch, historisch, kulturell oder philosophisch. Seine offene Struktur und Vielseitigkeit machen es schwer, Jazz in eine einzige Kategorie zu fassen, was auch ein zentraler Teil seines Reizes ist.
     
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