Schreckliche Musikstudenten

Dieses Thema im Forum "Alto Special" wurde erstellt von Kristina Bossanova, 29.Dezember.2020.

  1. ppue

    ppue Experte

    Es ist ein großer Unterschied, ob man auf Lehramt studiert oder eine Karriere auf dem Instrument anstrebt und seinem Meister lernt. Wenn ich das Wissen nachher weiter vermitteln will, dann wird Pädagogik im Studium stärker gewichtet sein. Das sind zwei verschiedene Studiengänge, die hier leider immer noch durcheinander geworfen werden.
     
  2. Rick

    Rick Experte

    Das ist richtig, aber in der Realität wird man auch als Absolvent des rein künstlerischen Studiums nicht völlig um das Unterrichten herum kommen - deshalb sind da ein paar Kenntnisse nicht schlecht, allerdings eben mit mehr Praxisbezug.
    (Wenn alle Musiker ausschließlich auf Auftritte angewiesen wären, dann sähe die Situation für sie unter den aktuellen Umständen noch verheerender aus, aber auch so leidet man schon genug unter dem vollständigen Fehlen von Perspektiven für Proben und Auftritte, alle Veranstalter halten sich nach dem letzten Jahr extrem zurück, da kann man schon je nach Veranlagung zynisch, aggressiv oder depressiv werden...)

    Ich möchte noch mal daran erinnern, dass die Erwähnung des "unterirdischen" Pädagogik-Kurses durch mich geschah, weil unser Leadtrompeter, der Kommilitone von @Kristina Bossanova ist, sich vor zwei Monaten in gemütlicher Runde (nach unserem vorerst letzten Big-Band-Auftritt...) darüber beschwerte.
    Insbesondere darüber, dass die Dozentin jegliche Empathie für ihre Studierenden vermissen lässt, nur über das von ihr herausgegebene Buch zu sprechen scheint und ihm auch auf wiederholte Nachfrage hin keine konkreten Tipps geben konnte. Sein Kommentar: "Dann übe ich lieber in der Zeit, mache sonst etwas anderes Sinnvolles, anstatt da nur für einen Schein mehr oder weniger frustriert herumzusitzen."
    (Das sind nun mal sensible Künstler und keine angehenden Akademiker, trotz Hochschule.)

    Aber ich denke, das Thema ist jetzt einigermaßen durch, immerhin hatten wir ja hier diesbezüglich einen ausführlichen Exkurs. ;)
     
    Zuletzt bearbeitet: 11.Januar.2021
  3. altblase

    altblase Strebt nach Höherem

    Finde ich wichtig und sollte von allen (!) Studenten, egal welcher Fachrichtung, abverlangt werden! Das differenzierte Denken lernen.
    Nicht nur nicht ausreichend. Ich fände es höchst bedenklich.
    Bei der o.g. Theoriefeindlichkeit von Musikstudenten darf man sich auch nicht wundern, dass das Musikstudium von richtigen Akademikern und breiten Bevölkerungsschichten dann nicht für so voll und wichtig genommen wird.
    Dass viele Musikstudenten, wenn sie später fertig sind, musikfremde Hilfsjobs machen müssen oder bei Engagements wie die letzten Willis bezahlt werden, ist eine andere Geschichte.
    Und vor allem erstmal sich vertiefend mit dem Sachgegenstand auseinandersetzen, um sich dann eine differenzierte Meinung bilden zu können.
    Ein guter Vergleich! Auch Pädagogik ist ein Abbild der gesellschaftlichen Verhältnisse und dadurch in einem historischen Kontext zu sehen. Von einem Musikstudenten, der später in irgendeiner Art und Weise pädagogisch tätig sein will, erwarte ich auch, dass er ein grundlegendes historisches Verständnis und Urteilsvermögen hat und sich in Bereichen der Anthropologie, Entwicklungspsycholgie, Physionomie und Soziologie gut auskennt.:cool:
     
  4. Rick

    Rick Experte

    Erwarten kann man viel als Außenstehender, aber was soll der junge Mensch davon haben, wenn er dermaßen mit Seitenwissen voll gepumpt wird, dass er in der Zeit nicht so viel üben kann, ihm andere die wenigen guten Jobs wegschnappen (selbst die Musikschulen stellen nur noch sehr selten Lehrer fest ein) und er dann lediglich seine schönen Scheine für Anthropologie, Entwicklungspsychologie usw. vorweisen kann anstatt einer erfolgreichen Karriere? ;)

    Die meisten Leute, die im Lauf meines Lebens bei mir Unterricht haben wollten, hatten mich vorher spielen gehört - ob ich irgendetwas anderes kann oder weiß, war dabei völlig irrelevant, es zählte allein die Überzeugungskraft meiner Musik.

    Ein befreundeter Kollege ist ein "Tier" auf seinem Instrument und hat wenig Kenntnisse auf anderen Gebieten - aber er verlangt pro Unterrichtsstunde deutlich über € 100,- und bekommt sie auch, jedoch nicht, weil er ein braver Student war, sondern weil er früher geübt hat "wie ein Ochse".
    Wenn ich einem angehenden Profi die Übezeit "stehle", dann sollte ich dafür einen wirklich guten Grund haben - und nicht vergessen, dass diese jungen Leute die hohen Standards, denen sie sich freiwillig unterwerfen, automatisch auch bei anderen erwarten, oder er fällt eben durch und wird nicht ernst genommen, wie so eine Dozentin. :cool:
     
  5. Sebastian

    Sebastian Ist fast schon zuhause hier

    Na ja, da sollte man schon zwischen einem Vollstudium der Musikwissenschaften (welches wiederum völlig ohne Instrumentalunterricht auskommt) und der Musikpraxis- und -pädagogik unterscheiden.
     
  6. Jacqueline

    Jacqueline Strebt nach Höherem


    Wie will das ein Anfänger beurteilen, ob du gut spielst? Und dass du gut spielen kannst sagt ja nichts über deine pädagogischen Fähigkeiten aus.
    Mein 1. Musiklehrer hat am Berklee College studiert (was auch immer das bedeuten soll), war mit Sicherheit ein sehr toller Spieler, konnte mir aber nicht viel beibringen.
    Wenn ich Fragen hatte hieß es: kommt mit der Zeit, musst du üben.
    Nach 1 1/2 Jahren war ich da weg.

    Oder er besetzt einfach nur eine Angebotslücke, weil es weit und breit keine anderen Saxophonlehrer gibt. Dein Produkt muss ja nicht unbedingt gut sein, du musst dich nur gut vermarkten.


    Vllt ist es was anderes, wenn dein Kandidat da oben nur weit fortgeschrittene Spieler unterrichtet, aber das hast du nicht geschrieben.
     
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  7. Rick

    Rick Experte

    Stimmt, er nimmt keine Anfänger an. Ist übrigens Pianist, kein Saxer.

    So ist es - aber OHNE musikalische Überzeugungskraft erzeugst Du keine Aufmerksamkeit, sei es bei anderen Musikern (damit sie Dich engagieren), Veranstaltern (damit sie Deine Band buchen) oder beim Publikum (damit sie Deine CDs kaufen, Deine Workshops besuchen oder eben bei Dir Unterricht haben wollen).

    Und es geht nicht darum, ob Du lediglich gut spielen kannst, was ein Anfänger nicht unbedingt mitbekommt, sondern dass er von Dir fasziniert ist und sich sagt: DER und kein anderer. Von solcher Faszination lebt man als Künstler, aber das erreicht man nicht durch nette Scheine von der Hochschule. ;)

    Das ist aber nun mal bei vielen Dingen auch so, und gerade ein guter, erfahrener Musiker weiß, woran man tatsächlich aktiv arbeiten kann und wann man sich einfach in Geduld üben muss (und geduldig üben).
    Erwachsene Einsteiger denken oft, es ginge darum, irgendetwas zu VERSTEHEN - aber das sind die wenigsten Dinge am Anfang.

    Hatte kürzlich einen Diplomphysiker, Ende 50, bei seiner ersten Stunde. Er wollte ständig sachlich überzeugt werden und fragte bei allem nach; das bin ich von Akademikern gewöhnt, ich gehe auch im gewissen Rahmen gerne darauf ein, aber es bringt ihn nicht unbedingt weiter, er muss einfach das Gefühl dafür entwickeln, wie weit er das Mundstück in den Mund nimmt, wie stark er mit den Lippen drückt usw. Ich kann ihm da keine physikalischen Werte nennen! :-D

    Tja, Pech gehabt, aber immerhin warst Du 18 Monate bei ihm. Dass ein "schlechterer" Musiker Dir mehr hätte beibringen können, ist nicht gesagt, es gibt auch viele mittelmäßige Spieler ohne pädagogische Fähigkeiten.
     
    Zuletzt bearbeitet: 11.Januar.2021
  8. altblase

    altblase Strebt nach Höherem

    Mal nicht tiefstapeln, lieber @Rick ! Du hast (!) eine umfassende Bildung und Kenntnisse, die man Dir in Deinen Beiträgen anmerkt. Das wird auch bei den Schülern ausstrahlen und wirken, auch wenn ihr Euch im Unterricht nur auf das Saxophonspielen konzentriert.
    Er wäre nicht mein Lehrer!
    Bist Du Dir sicher, dass Musikstudenten, die den ganzen Tag in Einzelhaft üben und nur auf ihr Instrument fixiert sind, die Standards in den anderen Fachbereichen adäquat beurteilen können?

    Ich denke eher, dass die o.g. Musikstudenten, die @Kristina Bossanova beschreibt, einfach nur angenervt sind, dass ihnen Übezeit am Instrument verloren geht. Die Zwänge, auf dem Instrument perfekt zu sein, um sich im späteren Haifischbecken der Profimusiker zu behaupten, sind einfach zu groß. Aber, ist das gesund?:cool:
     
  9. Jacqueline

    Jacqueline Strebt nach Höherem

    Ach, kleines nicht so unwichtiges Detail.
    Ja, dann ist die Lage anders. Guck Dir mal die Preise für Klavierunterricht hier in Berlin an, da schlackern einem die Ohren.
    Ich glaube Klavier hat einfach einen anderen Status als Saxophon.
    Du bist ja selber auch Pianist oder? Das ist ein viel gefragteres Instrument und irgendwie priviligiert...? Klassik und so?
    Wie viele Studenten brauchen Klavier als Zweitfach?
    Also das wären so meine Erklärungen dafür...

    Also haben das alle pädagogisch orientierten Msuiker nicht? Bzw werden es nicht haben? Weil man ihnen Übezeit klaut?
    Mit Verlaub, aber ich glaube, wenn jmd. übt wie ein "Ochse" ist das erste Ziel wahrscheinlich die eigene musikalische Karriere und nicht die Pädagogik.

    Lehrer sollten grundsätzlich eine gewisse Begeisterung für ihr Fach mitbringen, das halt ich sogar für viel wichtiger als Mega-Skills und extrem tiefes Fachwissen.

    Und auch wenn ich zu Beginn hochbegeistert von der Lehrperson bin fängt es doch irgendwann an zu bröckeln, wenn bei mir nichts ankommt.

    Weil ich es nicht beurteilen konnte. Lustigerweise bin ich extrem früh misstrauisch geworden - das kann ich eh gut ;-)
    Das habe ich auch nirgends behauptet.
     
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  10. Jacqueline

    Jacqueline Strebt nach Höherem

    Ich glaube das was @Rick schreibt, könnte man eher auf Masterclasses anwenden.
    Aber Ahnung davon habe ich nicht, ich kann nichtmal 2 1/2 Oktaven auf meinem Saxophon spielen, ich mutmaße nur :roflmao:
     
  11. Gelöschtes Mitglied 13399

    Gelöschtes Mitglied 13399 Guest

    Ich kann mir schon denken, wer das ist, hihi ;)
     
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  12. ppue

    ppue Experte

    Ja, und eben ein anderer Studiengang. Wenn man das nicht auseinanderhält, kann man es nicht diskutieren.

    Ja, sollte man unterscheiden. Und mit dem Musikwissenschaftsstudium rauscht hier nun der dritte Studiengang in die Diskussion (-: Die sitzen aber in der Uni. und nicht ab der Hochschule.
     
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  13. _Re_

    _Re_ Ist fast schon zuhause hier

    Ich hab tolle Instrumentalisten als supergute und ganz schlechte Lehrer gehabt - es liegt einfach an der Einstellung zur Aufgabe.
    Ich hatte auch Instrum.-Lehrer die mit Sicherheit nicht besondere InstrumentalistInnen waren, die aber durch Empathie und besondere Kniffe vieles erreichen ließen...
    Mal abstrakt gesagt:
    Wenn man das, was man macht nicht als seine Aufgabe begreift gibt ein Problem.
    Und solche gibt es überall...
     
  14. sachsin

    sachsin Strebt nach Höherem

    Bisher habe ich mich aus der "pädagogischen" Diskussion heraus gehalten. Möchte aber jetzt doch ein paar Gedanken – ohne besondere Wertung - hinterlassen.

    Nach über 47 Arbeitsjahren bin ich endlich im Ruhestand. Die letzten knapp 16 Jahre meines Arbeitslebens habe ich an privaten Berufsfachschulen
    MDAs (Medizinische Dokumentationsassistenten) ausgebildet. Mit dem Hochschulabschluss für Information / Dokumentation brachte ich die entsprechende
    fachliche Expertise mit. Eine pädagogische / didaktische habe ich im Studium nicht erhalten und auch eine Weiterbildung habe ich nie besucht,
    - was heute die Voraussetzung wäre für einen Einsatz als Quereinsteiger.
    Ich komme aus einem Lehrerhaushalt und habe mir nie vorstellen können, mal als Lehrer zu arbeiten. Letztendlich hat sich das dann 2004 doch ergeben
    und ich habe zugesagt, weil: zu dem Zeitpunkt arbeitslos, keine Aussicht auf eine Einstellung (zu alt) bestand und ab 2005 wurde das unselige Hartz4 eingeführt.
    Das Besondere war mein (seltenes) Fachgebiet und der Umstand, dass es kaum Fachlehrer für diese MDA-Ausbildung auf dem freien Markt zur Verfügung standen.
    Die ersten zwei Jahre waren befristet, danach wurde mir vom Kultus in Sachsen, mittlerweile war ich über 50 Jahre alt geworden, nach einem Tag Prüfung
    die Lehrbefähigung auf Lebenszeit zuerkannt. Zusammenfassend kann ich sagen, es ist für mich gut gegangen: die Vermittlung des Lehrstoffes,
    die Zusammenarbeit mit den Praxiseinrichtungen, die freundliche Zusammenarbeit mit den Schülern. Probleme gab es sicher auch, aber waren lösbar.
    Das wichtigste Instrument für mich war der Lehrplan, den ich als Vorlage – als roten Faden – brauchte, auch wenn ich ansonsten freie Hand hatte den
    Unterricht zu gestalten. Beliebt unter uns Kollegen waren (besonders im Abschlussjahr) projektbezogene Aufgaben, z.B. das Planen einer klinischen Studie.
    Die Theorie vorausgeschickt, wurde diese in der praktischen Umsetzung begleitet. Da waren dann meine Wenigkeit für die Dokumentation,
    der Mathelehrer (Fallzahl / statistische Auswertung), der IT-Lehrer für die Formular- und Datenbankerstellung sowie der Englischlehrer beteiligt.
    Diese Form des Unterrichtens ist planerisch aufwendig und in der Betreuung zeitintensiv. Was haben wir uns geschunden, und nochmehr über die Ergebnisse gefreut.
    Wie gesagt, mein Ausflug in die pädagogische Arbeit ohne didaktische bzw. pädagogische Vorkenntnisse ist gut gegangen.

    Zwei meiner Brüder (der eine älter, der andere etwas jünger als ich) haben Musik an der Musikhochschule „Carl Maria von Weber“ studiert.
    Beide sind exzellente Musiker in ihrem Bereich und haben als Profis über die Jahrzehnte ihr Geld verdient. Reich sind sie nicht geworden;
    lief der Monat nicht so gut gab es die Familie und gute Freunde, die halfen.
    Je älter aber Beide werden (besonders mein Trommler) , ärgern sie sich, dass sie damals während des Studiums den angebotenen Abschluss
    der Lehrbefähigung zum Musikpädagogen nicht angenommen haben. Sie hätten nur den Unterricht besuchen brauchen und die Prüfung machen müssen.
    Da es freiwillig war, haben sich Beide den Schein geschenkt. Auch sie haben sich nie vorstellen können, einmal zu unterrichten. Das Bedauern ist
    heute groß um diese vertane Chance, da die Musikschulen ausgebildete Lehrer für den Instrumentalunterricht suchen, wie auch die privaten Berufsfachschulen
    in Dresden für die Erzieherausbildung und Ausbildung zum Sozialassistenten.

    Ein weiterer Gedanke zu den von mir besuchten Workshops. Und hier möchte ich besonders zwei Foristen hervorheben, deren WS ich vor allem
    von didaktischer Seite als besonders gut gelungen in Erinnerung habe. Zum einen ist es @ppue sein Online-Kurs in Harmonielehre / Improvisation
    über die VHS Duisburg. Man merkte bei der Durchführung, wie gut dieser geplant und aufgebaut war; wieviele Gedanken für die Vermittlung
    des Stoffes enthalten waren. Neben dem musikalischen Angebot habe ich auch viel über die ethnische Herkunft von verschiedenen Stilrichtungen erfahren.
    Topp geplant und empathisch umgesetzt! Das ich vorzeitig aus dem Kurs ausgestiegen bin, hatte private und berufliche Gründe.

    Zwei weitere WS habe ich in Stralsund mit @saxhornet erlebt. Auch er ein super guter Musiker und qualifizierter Musikpädagoge dazu, der an den
    jeweils drei Tagen in Stralsund die Teilnehmer mit ihrem unterschiedlichen spielerischen Niveau in der Gruppe zusammen geführt hat.
    Auch er hatte einen Plan und Ziele als Gruppenergebnis, und hat sich dennoch individuell - mit Herzblut - um jeden Einzelnen gekümmert.
    Obwohl ich vom spielerischen Niveau nicht so weit wie meine Mitspieler war, fühlte ich mich nicht abgehangen. Ich denke sehr gern an diese Tage zurück.

    Ich hoffe, ich habe Euch nicht gelangweilt und Danke fürs Lesen.
    Liebe Grüße in die Runde,
    Christine
     
    Zuletzt bearbeitet: 11.Januar.2021
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  15. visir

    visir Gehört zum Inventar

    Vielleicht bekommst Du Deine Schüler ja hauptsächlich so, aber ich glaube, dass die meisten Schüler ihre Lehrer vor der ersten Stunde noch nicht spielen gehört haben - weil sie einfach bei der Musikschule angemeldet werden und höchstens dann einen Lehrerwunsch haben, wenn sie wissen, dass das ein guter Lehrer ist - unabhängig davon, ob er ein besonders toller Musiker ist.

    Meine erste Saxlehrerin fand ich über ein Inserat, und nachdem es Privatunterricht war, hätte ich ja nach jeder Stunde aufhören können, ich fand sie aber wirklich gut - hätte ich sie aber vorher spielen gehört, wäre ich mit großer Skepsis reingegangen, denn mit ihrer Musik kann ich nicht wirklich was anfangen.

    Ein Musiker soll natürlich faszinieren, also durch seine Musik - das gehört dazu! Aber ich sehe es eher umgekehrt - je faszinierender jemand musiziert, desto weiter droht er von den Schülern "weg" zu sein. Bei einem "Star" mag ich vielleicht in eine "Meisterklasse" (käme ich jemals da hin), aber als Anfänger ist so jemand vielleicht nicht so geeignet.

    Nenne ihm einfach einmal einen Phantasiewert, und schau, was er damit tut... oder frag ihn, in welcher Einheit er den Wert will ;)
     
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  16. Rick

    Rick Experte

    Herzlichen Dank!
    Aber das habe ich nicht meinen Studienzeiten und noch nicht mal der Schule zu verdanken, sondern in erster Linie meinem Elternhaus, wo ich nicht nur Informationen vermittelt bekam, sondern vor allem die Wichtigkeit von Bildung und Wissen, sodass ich mich seither um alles kümmere, was mich interessiert.
    Und meine Mutter war wie erwähnt Lehrerin, nicht nur deshalb konnte ich schon vor der Grundschule lesen, schreiben und rechnen.
    Als mich in der 7. Klasse Gymnasium dann die Begeisterung für Musik "packte" und ich täglich mehrere Stunden wie besessen übte, litt zwangsläufig die schulische Leistung, ich schlitterte mehrfach haarscharf am Sitzenbleiben vorbei (u. a. wegen Einser in Deutsch und Musik, für beide Fächer musste ich nie großartig lernen).

    Deshalb verstehe ich sehr gut die Verzweiflung von Studenten wie unserem Trompeter, der da im ungeliebten Kurs seine Zeit "absitzen" muss.

    Meiner ehrlich gesagt auch nicht, er ist extrem anspruchsvoll und fordernd, einer von denen, die ungeübte Schüler nach Hause schicken, weil sie "nicht seine Zeit und Energie verschwenden sollen, wenn sie es offenbar nicht ernst nehmen" (Zitat).
    Allerdings WAR er in gewisser Weise ein sehr wichtiger Lehrer für mich, allein durch Zuhören und "Abschauen" seines Spiels. :cool:

    Es geht ja nicht nur ums Üben - der erwähnte Trompeter sieht seine berufliche Zukunft eher in der Musikproduktion, damit könnte er sich dann beschäftigen.

    Und es geht auch nicht ums adäquate Beurteilen, sondern um das rein subjektive Erlebnis, dass ihm Zeit gestohlen wird. Wohlgemerkt WÜRDE er gerne etwas übers Unterrichten lernen, zum Beispiel, wie man mit unmotivierten Schülern umgeht, aber da kommt ja nichts, vielmehr stellt sie sich gerade ihm selbst in diesem Punkt als unfähig heraus.
    Das ist für die jungen Musiker so, als würde ihnen jemand, der nicht mal einem Kräutertee zubereiten kann, einen Kochkurs geben. ;)

    Selbstverständlich, genau wie bei diesem Studiengang, so weit ich weiß.
    Aber wie erwähnt muss man sich irgendwann einmal der Herausforderung des Unterrichtens stellen (ich selbst habe mich auch nie darum gerissen, die Schüler kamen zu mir), gerade heute in den Corona-Zeiten bin ich froh, dass ich einen Schülerstamm habe, sonst wäre meine Verzweiflung NOCH größer, wo die anderen finanziellen Standbeine Auftritte, musikalische Bandleitung und Workshops ersatzlos weggebrochen sind und es keine Perspektive auf baldige Besserung gibt...
     
  17. Rick

    Rick Experte

    Spätestens im Unterricht HÖRT dann der Schüler doch mal den Lehrer, selbst wenn die Anmeldung "blind" erfolgte, dann sollte dieser schon (einigermaßen) überzeugend spielen können. ;)

    Ein Stück der Motivation geschieht aber durch Faszination.
    Kann natürlich auch ins Gegenteil umschlagen und zu Frustration werden...

    Ein "Star" ist das in der Regel durch sein Marketing und so jemand hält sich nicht mit Anfängerunterricht auf, der könnte seinem Ruf schaden (wie mein pianistischer Freund, und selbst er ist nicht so bekannt außerhalb bestimmter Kreise).

    Nun, das war mehr metaphorisch gemeint - er möchte gleich alles richtig machen und misstraut seiner Intuition, seinem Körpergefühl. An diesem Punkt muss ich ansetzen, zumal er in der aktuellen Situation auch nur gelegentlich Unterricht haben kann, denn Anfänger unterrichte ich lieber in Präsenz, wir müssen also den Lockdown abwarten.
    "Try & Error" ist für Erwachsene oft nicht so einfach, das ist meine Erfahrung, das wollte ich damit aussagen.
     
  18. ppue

    ppue Experte

    Für eine Anstellung an der Musikschule? Nach drei Jahren als Lehrer an der Musikschule Remscheid hatte ich gründlich die Nase voll. Wenig Geld und Fließbandarbeit im 30-Minuten-Takt. Privat verdiente ich besser und konnte dabei auch noch Kaffee trinken.

    Danke dir für die Blümchen. Schön, zu hören, dass dir mein Kurs gefiel. Pädagogik hatte ich allerdings nur zwei Jahre auf dem Gymnasium bei Liesel Westermann, he, he. Ich halte persönlich nicht viel von dem Fach. Mag sein, dass der Unterricht vor einer Klasse mehr pädagogische Kenntnisse braucht. Beim Einzelunterricht am Instrument kommt es auf den persönlichen Draht zum Schüler an. Wenn du da stur dein Konzept, sprich Lehrplan, durchziehst, mag das bei dem einen klappen. Beim anderen nicht mehr.
     
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  19. visir

    visir Gehört zum Inventar

    Ich würde sagen, dass jeder Lehrer ausreichend Sicherheit am eigenen Instrument hat, um einen Anfänger zu überzeugen, zugleich eröffnet wohl kein Lehrer den Unterricht mit einem grandiosen Solo, das den Schüler von der spielerischen Virtuosität des Lehrers überzeugt - auf die es eben nicht ankommt, sondern darauf, ob er einem Anfänger was beibringen kann. Siehe meine Lehrerin.

    Natürlich bedarf es Faszination für ein Instrument, um dasselbe lernen zu wollen. In aller Regel aber nicht die Faszination am Lehrer, sondern eher an irgendeinem populären Spieler des Instruments oder auch an einem Musikstück, oft lange, bevor man dazu passende Lehrer kennenlernt bzw. sich wirklich dafür entscheidet, das Instrument auch lernen zu wollen.
    Dass die Faszination tatsächlich von dem ausgelöst wird, der dann auch als Lehrer in Frage kommt, wäre schon ein großer Zufall - und muss wohl in einer Gegend ohne Rundfunk (bzw. Internet) stattfinden.

    Keinen meiner Lehrer hab ich vor dem Unterricht spielen/ singen gehört, und ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass das relevant wäre. Als Anfänger.

    Ebenso siehst Du bei Tanzlehrern (da kann ich auf einem anderen Niveau mitreden) im Tanzunterricht nicht, was die eigentlich können (in der Regel Turniertanz, jedenfalls sollten sie auf dem Niveau sein), sondern das wird - neben aller Sauberkeit der Ausführung - auf das reduziert, was die Schüler brauchen.
    Und eben für die Sauberkeit brauchen sie Turnierniveau - nicht dass man was sieht, sondern, dass man was nicht sieht, nämlich Fehler, beim Vorzeigen der Schritte. Dieses Niveau haben Turniertänzer ab einer gewissen Klasse aber alle - dazu brauchen sie keine großartigen Erfolge gehabt haben.
    Aber was die Tanzlehrer dann noch benötigen, ist das pädagogische Geschick, jemandem mit zwei linken Füßen beizubringen, wie er es schafft, jeweils den richtigen linken Fuß zu benützen. Auf dieser Seite ist ganz egal, wie gut der Tanzlehrer tanzen kann.
    Ebenso ist es für den Anfänger am Instrument irrelevant, ob der Lehrer die tollsten Solos spielen kann, sondern vielmehr, ob er ihm vermitteln kann, wie man die richtigen Körperteile zur richtigen Zeit benützt, um einmal ganz allgemein zu bleiben.
     
    _Re_ gefällt das.
  20. Jacqueline

    Jacqueline Strebt nach Höherem

    Stimmt.
    Warum hab ich das eigentlich nicht gemacht?
    Erste Stunde erstmal Privatkonzert vom Lehrer :cool:
    Hätte schon was :D
     
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