Hier ein sehenswertes und sehr langsames Porträt von Monk, das aus einer Fernsehsendung in Paris aus 1968 zusammen geschnitten wurde. Ich finde, man sieht sehr gut, wie wenig er selbst noch zu dieser Zeit verstanden wurde.
Interessant und eigenartig zugleich, er wirkt wie ein Statist und als ob er in einem falschen Film wäre. Und dann das mit dem Rausschneiden... Anscheinend wusste man schon damals, was man wie manipulieren wollte- seine Aussagen waren anscheinend nicht genehm, also raus damit (habe jetzt noch nicht das ganze angeschaut...)
Sehe ich nicht so. Das ist eine ganz normale Aufzeichnung, von der wir viel mehr mitbekommen, als die damaligen Zuschauer, weil eben vieles gerade nicht geschnitten ist. Dass man die eine oder andere Frage herausschneiden will, sehe ich weniger als Manipulation, sondern als die Frage an, ob es ins Konzept passt. Das macht doch ein jeder, dass er sich überlegt, was gesendet und was nicht gesendet werden soll. Interviewer wie Künstler.
Ich verstand das als "Making Of", das ausgestrahlte Ding musste diese Auslassungen über sich ergehen lassen- sagte der Interwiever ja auch- "das kommt nicht gut an" als Monk kritische Anmerkungen machte.
"... bei meinem ersten Frankreichbesuch hatte ich einfach nur Schiss....." "...davon erzählen wir nichts...das ist nicht schön." [30:40]
Naja, der Interviewer war auch ziemlich überfordert und empathiefrei, was Monk wohl auch irritiert hat. Heute ist das natürlich ein interessantes Zeitdokument, nicht nur in musikalischer Hinsicht.
Zum 100. Geburtstag erschien in Zeit-Online im April 2017 ein Artikel, mit der sein Sohn den Vater rehabilitieren wollte. Sehr interessant zu lesen und hinsichtlich manchem Unverständnis Monk gegenüber - ist hier mit viel Empathie beschrieben : was für ein Mensch Monk war; wie auch seine musikalischen Verdienste als Künstler... https://www.zeit.de/kultur/musik/2017-04/thelonious-monk-jazz-liaisons-dangereuses?page=2#comments Zitat: "In diesem Oktober wäre er 100 Jahre alt geworden. Anlass genug, die alten Geschichten noch einmal auf den Prüfstand zu stellen – und für ein Treffen mit seinem Sohn Thelonious Sphere Monk junior in New York, selbst ein renommierter Jazzschlagzeuger, der das Jubiläum nutzen will, um den mitunter zweifelhaften Ruf seines Vaters zu korrigieren." .
@monkfreunde Nach dem Lesen des interessanten -Zeit- Artikels kam mir spontan folgendes in den Sinn. Monk war ja nicht der einzige US-Jazzer , den es um 1950 rum mit viel Zuversicht nach Europa zog. Aus musikalischer als auch aus einer allgemein menschlichen Hoffnung heraus. Auf nach Paris, Dänemark, Schweden usw. Ich lass mich mal hinreißen zu der These ..... Die "Europäische Seele" will reflektieren und spiegeln. Die "Amerikanische Seele" hingegen will -kaufen und verkaufen- Mag das aktuelle Interview mit Harald Welzer (Soziologe) Schuld sein an meiner streitbaren Aussage, .... Egal, mir war grad' so .... "Berliner Zeitung" Online-Ausgabe von heute, 24.09. VG
Ich denke, da hast du dich tatsächlich hinreissen lassen So einfach dürfte es dann doch nicht sein...
In Europa gab es keinen institutionellen Rassismus. Das muss sehr wohltuend gewesen sein, vor allem in den Clubs, in den Hotels, im Umgang mit Veranstaltern. Wenn sie dann noch als Künstler geschätzt und womöglich gefeiert und hofiert wurden, war das ein krasser Gegensatz zu den Staaten. Außerdem lief man in den USA in der Zeit Gefahr, in den Vietnamkrieg geschickt zu werden - ein zweiter, vielleicht nicht so offen gehandelter Grund.
@antonio Mag sein, mag sein .... Ich würde ja gern das Interview von H.Welzer hier verlinken. Damit man nachvollziehen kann, wie ich zu meiner These heute früh kam. Bin dafür aber -technisch zu doof- Er beschreibt erschreckende Entwicklungen beim Thema .... Demokratische Meinungsvielfalt / Meinungsäußerungen und -Information als Ware- in Geld / Macht Zusammenhängen. VG
Mal ganz davon abgesehen, dass ich Herrn Welzer und seine Positionen insgesamt eher „sehr schwierig“ finde… Der stetige Strom schwarzer Künstler nach Europa nach 1945 lag ganz sicher nicht an der „Europäischen Seele“ und irgendwelchem „reflektieren und spiegeln“ (selten so einen Humbug gelesen - das ist eigentlich sogar unter BZ - Niveau… was ist überhaupt der Unterschied zwischen reflektieren und spiegeln? Sowas ist doch nur pseudointellektuelles Gesülze eines Wichtigtuers). Die schwarzen Musiker, Maler und Schauspieler sind nach 1945 bis weit in die 1970er auf freudige Einladung der Europäer nach Europa gekommen, weil sie hier in der gleichen Bahn fahren, in den gleichen Lokus pinkeln und am gleichen Tisch essen durften, wie alle anderen, also nicht-schwarzen. Darüberhinaus wurde ihre Kunst nicht diffamiert und in obskure Orte verbannt sondern konnte nicht nur ausnahmsweise auf den Bühnen der Hochkultur stattfinden und hat Anerkennung erfahren. Das hat auch zu einem phänomenalen Schub für die Jazzszene in Kopenhagen, Paris und London geführt. Trotzdem sind die meisten irgendwann doch wieder an den Ort zurückgekehrt, an dem ihre Kunst ihren Ursprung hat. Das gilt insbesondere für die amerikanischste aller Künste des 20. Jahrhunderts, die wir Jazz nennen. Das ist keinem der Rückkehrer auf Dauer gut bekommen.
Nur um Missverständnisse zu vermeiden: Damit meine ich Harald Welzer. Tiefer möchte ich aber weder hier noch an anderer Stelle im Saxophonforum auf diesen Menschen und seine persönliche Beleidigtheit über Gegenwind für seine nicht nur gelegentlich abstrusen Thesen eingehen.
@Silver Oh, Oh .... jetzt läuft aber einiges durcheinander. Dieses "Gesülze eines Wichtigtuers" ( wegen Seele und reflektieren und so) stammt von mir. H.Welzer hat im besagten Interview überhaupt nicht von Musik gesprochen. Der Zufall wollte es, dass ich den alten Monk Artikel lass und kurz danach das Gespräch in der "Berliner Zeitung" . @Silver bist auch immer schnell mit einer fundierten Meinung zur Stelle. Einzig deine Wortwahl .... aber lassen wir das. PS: Die Zeitung -BZ- aus Berlin hat mit der "Berliner Zeitung" nichts zu tun. Sind völlig unterschiedliche Blätter. VG
Die schwarzen Musiker hatten nach 1945 die Möglichkeit in Europa aufzutreten, wurden Wertgeschätzt und haben hier gute und angemessene Gagen für ihre Auftritte bekommen. deshalb kamen sie gerne nach Europa. Künstler wie Dexter Gordon, Miles Davis oder später Archie Shepp wurden in Paris oder Kopenhagen gefeiert und waren keiner Rassendiskriminierung ausgesetzt. Von ihren Gagen, die in Europa gezahlt wurden, konnten sie relativ gut leben.
Dann habe ich Herrn Welzer und der Berliner Zeitung diesmal Unrecht getan… für die Zeitung bitte ich um Entschuldigung. Die Formulierungen „immer schnell“ und „Wortwahl“ würde ich allerdings nicht zuerst mit meinen Beiträgen verbinden. Falls doch, stehen wir beide uns auf jeweils völlig unterschiedliche Weise in nichts nach. Und jetzt schlage ich vor: