Anstoßen vs Binden

Dieses Thema im Forum "Saxophon spielen" wurde erstellt von Alex_Usarov, 10.April.2025.

  1. Alex_Usarov

    Alex_Usarov Ist fast schon zuhause hier

    Hallo Zusammen,

    Ich arbeite von Anfang an mit dem Buch von John O'Neil Die Jazzmethode für Saxophon. Relativ früh überlässt der Autor dem Schüler zu entscheiden, ob er anstoßt oder bindet, notiert wird es nicht wirklich. Man kann in den beigefügten Stücken raushören, was gebunden und was angestoßen gespielt wird. Aber gibt es da irgendein Prinzip? Wie geht Ihr da vor? Wonach entscheidet Ihr in jedem Fall, ob gebunden oder angestoßen wird?
    Würde mich auf die Antworten freuen.

    Liebe Grüße, Alex
     
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  2. Analysis Paralysis

    Analysis Paralysis Ist fast schon zuhause hier

    Servus,

    in der Popularmusik ist das so üblich. (Nicht unbedingt nur dort).
    Ja, es gibt Regeln.

    Ein sehr guter Leitfaden (nicht nur dafür) ist das pdf "The Science and Art of Saxophone Teaching" von Ray Smith

    https://outskirtspress.com/raysmith

    Das pdf kostet 10 Dollar, es ist mehr wert.
    Ray war ein Schüler des kürzlich verstorbenen Eugene Rousseau und gehört damit hauptsächlich zur dunklen Seite der Macht, ist aber auch viel Crossover unterwegs, hat also auch von Popularmusik Ahnung.
    Ich hatte einige Stunden online bei ihm.

    Unterstützende Videos dazu gibt es auf youtube von ihm:



     
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  3. JES

    JES Gehört zum Inventar

    Eigentlich ist das Konzept von O'Neill, nur die elementaren Elemente eines Stücks vorzugeben, und den Rest der Fantasie und dem Geschmack des Schülers zu überlassen. Der Schüler soll Varianten durchspielen und dann entscheiden, was ihm gefällt und was nicht. Darüber jetzt Regeln zu stülpen kann man machen, ist m.E. aber nicht im Sinn der Methode, die das Buch verfolgt.
    Ich will nicht propagieren Regeln zu ignorieren, würde diese aber nur als "kann man machen, muss man aber nicht" betrachten. Dummer wird man nicht, wenn man über den O'Neill hinaus über den tellerrand schaut... zur Info.
     
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  4. Alex_Usarov

    Alex_Usarov Ist fast schon zuhause hier

    Danke Günter, ich kann leider so gut wie kein Englisch. Gibt es vielleicht etwas in Deutsch, was mir da helfen kann?
     
  5. JES

    JES Gehört zum Inventar

    Das sagt die Google-ki
    "Binden
    Im Swing und Jazz wird von einem Offbeat zum OnBeat gebunden.
    Der Offbeat ist die Note zwischen zwei Taktschlägen, der OnBeat die Note auf dem Taktschlag."
    So will es mein neuer Lehrer auch gerade. Zusätzlich den onbeat etwas betonter....

    @Analysis Paralysis
    Gibt es ev eine Quelle, bei der ich nicht für einen Download alle meine Daten offen legen muss?
     
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  6. Alex_Usarov

    Alex_Usarov Ist fast schon zuhause hier

    Danke @JES. Ich habe ja auch einen Lehrer. Und er empfiehlt mir ( und wir arbeiten auch daran), die einfachen Sätze verbal auszusprechen (Z.B ich gehe nach Hause), und sie dann nachzuspielen und schauen, dass diese durch Anstoßen und Binden auch so hörbar klingen. Es gestaltet sich aber momentan schwierig, ich wünschte mir zumindest zum Anbeginn irgendeine Stütze bzw. Leitfaden.
     
  7. quax

    quax Gehört zum Inventar

    Regeln. Pühh. Hier im Blasorchester ist es meist explizit in den Noten vermerkt und der Dirigissimus besteht dann auf diese Varianten.
    Wenn nicht notiert, dann so wie es sich gut anhört und zum Rest passt.
    Muss ggfs eh beides üben und können.
     
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  8. JES

    JES Gehört zum Inventar

    Schau mal in den O'Neil unter Bebop-Phrasierung bzw swing-Achtel (to swing or not to swing). Ist bei mir S48. Da steht was dazu....
     
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  9. Alex_Usarov

    Alex_Usarov Ist fast schon zuhause hier

    Mein Lehrer hat mir zum Beispiel dieses Beispiel vorgeführt und hat mir empfohlen, so eine Sprache zu entwickeln und nach und nach auf Sax zu übertragen.

    Aber ich stocke gerade. Irgendwie gelingt mir der Einstieg nicht. Irgendwie gefällt mir nicht, was rauskommt.
    Am Anfang des Buches von.ONeil war alles klar: es war alles notiert, ergab Sinn, klang schön. Und jetzt Irgendwie nicht. Ganz gleich, wie ich binde. Wenn ich alle Töne anstoße, na gut, es gibt eine Melodie halt. Wenn ich aber manche Töne zu binden vermag, kommt etwas ... wie soll ich es am besten ausdrücken... Sinnlos-Unharmonisches.
     
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  10. Analysis Paralysis

    Analysis Paralysis Ist fast schon zuhause hier

    Naja, der Kollege auf der CD von der Jazz Method spielt das eh ordentlich. Spiel es einfach nach und schau, dass es so oder ungefähr so klingt.

    Die dahinterstehende Technik sollte Dir Dein Lehrer vermitteln können, wenn etwas nicht passt oder Du es nicht schaffst.

    Du könntest auch was aus der JMfS einspielen und sagen, was Dir nicht gefällt.
     
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  11. Alex_Usarov

    Alex_Usarov Ist fast schon zuhause hier

    OK. Danke. Das Mache ich, eventuell am Samstag. Das ist eine gute Idee.
     
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  12. altoSaxo

    altoSaxo Strebt nach Höherem

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  13. bthebob

    bthebob Strebt nach Höherem

    @Alex_Usarov
    Mein Eindruck nach'm Anhören von post #9 ist ....

    Wenn du die Art des Singens / Sprechens versuchst,
    auf's Sax zu übertragen,

    dann bist du aber schnell in Sphären, die an Charly Parker erinnern.

    Das ist dann schon "die hohe Bebop-Kunst"
    und handwerklich für Fortgeschrittene.;)

    VG
     
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  14. ppue

    ppue Mod Experte

    Im Grunde bin ich heilfroh, dass es nicht die Methode gibt. Es gibt meines Erachtens eher ein Zuviel an Lehrmethoden. Die Gefahr besteht, dass das individuelle Spiel leidet, eine Tatsache, die ich im Grunde seit Zeiten des Free Jazz beobachte.

    Großer Vorreiter in Sachen Jazzpädagogok war die Berkley-Schule und ab Mitte der 70er hier in Europa die Jazzhochschulen, die alle einen eher nivellierenden Einfluss auf die individuelle Spielweise der Jazzmusiker hatten und haben.

    Sollt diese steile These diskutiert werden, schlage ich gleich dafür gleich einen eigenen Thread vor.

    Zur Phrasierung kann man grundsätzlich sagen, dass es tempoabhängig ist, wie man das angeht. Spielt man einen langsamen Swing, so darf durchaus jede Note angestoßen werden. Macht das ein Spieler mit noch wenig Erfahrung, klingt das aber meist recht bescheiden, weil er ein feines schnelles, ganz kurzes und lockeres Anstoßen noch nicht gelernt hat. Die Töne wirken dann stocksteif und schnell zickig, besonders, wenn in abendländischer Manier der Onbeat stärker betont wird als der Offbeat (die +).

    Der Legato-Zungenstoß (@Analysis Paralysis spricht lieber von einem Wegziehen der Zunge) ist gerade mal ein Antippen des Blattes, das die Schwingung mitunter gar nicht vollkommen stoppt. Es ist ein "L" der Zunge, schnell und ohne Kraft gespielt. Als Übung kann man auch versuchen, das Blatt mit der Zungenspitze zu berühren und trotzdem einen Ton erklingen zu lassen. Im Grunde das Prinzip von Ghostnotes.

    Zusammen mit einer Betonung, die sich eher auf den Offbeat konzentriert, sollte das schon einen passablen Swing ergeben.

    Wird das Tempo schneller, dann stoße ich persönlich den Offbeat an und binde zum Onbeat, also: und_1 und_2 .., da|haadahaadahaa ...

    Wird es noch schneller, so gibt es weitere individuelle Bindungen, z.B. zwei Achtel legato gestoßen, zwei Achtel gebunden.

    In noch schnellerem Tempo wird dann fast alles gebunden.

    Ich bin kein Jazzmusiker und habe nie gelernt, in schnellen Tempi zu swingen. Aufgefallen ist mir aber eine Anmerkung von @Juju, die erzählte, dass ihr Mann seinen Schülern generell das durchgehende Binden beibringt und wenn ich es richtig erinnere, sogar sagt, dass das Anstoßen, was in moderaten Tempi gelehrt wird, kontraproduktiv für ein späteres Steigern des Tempos ist.

    Vielleicht habe ich damals genau den Fehler begangen und die Swingachtel nie im gesamten gebunden.

    Du siehst, die Sache ist individuell verschieden und unsere großen Vorbilder sind die Art mit der Phrasierung durchaus in unterschiedlichen Methoden angegangen.

    Es lebe die Vielfalt.
     
    Zuletzt bearbeitet: 10.April.2025
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  15. Alex_Usarov

    Alex_Usarov Ist fast schon zuhause hier

    O ich bin zwar schreibelustig, aber nicht sehr gesprächig). Das werden erstmal die Sätze: ja, ich will / nein ich will nicht - wohl sein)
     
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  16. Alex_Usarov

    Alex_Usarov Ist fast schon zuhause hier

    Danke @ppue . Ich habe jetzt einiges von Euch gesammelt, habe auch heute einen Unterricht gehabt. Wir haben das Thema weiter behandelt.
    Ich übe Tonleiter ausschließlich ohne Zunge - so möchte es mein Lehrer, oder ich erarbeite sie melodisch.
    Ich arbeite jetzt ein Paar Tage mit dem gesammelten hier und dann schauen wir mal, wie das wird.
    Vielen Dank an Alle Foristen, ich weiß Eure Unterstützung sehr zu schätzen.
    Liebe Grüße, Alex
     
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  17. Witte

    Witte Ist fast schon zuhause hier

    Ick lerne auch immer noch Jazz-Swing-Phrasierungen...;) Das elementare hab ich mir mit Lennie Niehaus, und den
    Basic Jazz Conception Vol.2 erarbeitet...;)

    Nen für mich bestens geeigneten Lehrer hab ich auch...., und es bleibt von daher weiterhin spannend...

    Bei sämtlichen Jazz Fake Book´s iss mir da vor allem aufgefallen, dass eben auch wenig Bindebögen eingezeichnet sind.

    Dein verlinkter Clark Terry gefällt mir dahingehend schon mal sehr gut...;) Hab irgendwann auch Ella Fitzgerald für mich
    entdeckt, die sich im "Scat-Gesang" oft mit Solisten "duelliert"..., finde da kann man auch ne Menge im Bereich möglichen
    Phrasierungen von lernen...;)

    Tonleiter ohne Zunge zu spielen, macht dahingehend für mich Sinn, da die auf einer Luft, mit einer konstanten Luftsäule
    gespielt werden, denke das bringt vor allem was im Bereich Intonation, Sound...

    Und man kann dann ja auch später anfangen Sätze versuchen, rhythmisch zu erfassen, und versuchen zu vertonen, wo
    die Noten ja nicht unbedingt wiklich das Elementare sind, sondern der Rhythmus...;)

    Was ich allerdings elementar für gute Phrasierungen empfinde, ist rhythmisch sinnvoll zu atmen..., von daher zeichne ich
    mir fast immer Atemzeichen ein, und kürze da auch ggf. Noten für ein.

    Sonst hilft mir vor allem viel Jazz zu hören..., und erarbeite ich mir einen "Broadway-Klassiker", höre ich mir auf youtube
    verschiedene Interpreten an, und achte darauf, wie die so phrasieren...

    Und in der. RUHE liegt die Kraft, von daher dem Ganzen Zeit und Raum geben..., wird schon werden...;)
     
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  18. ppue

    ppue Mod Experte

    Ich würde dir vorschlagen, fast immer mit einer konstanten Luftsäule zu spielen, selbst wenn du Staccato spielst.

    Mal abgesehen vom Swing und den Bindungen. Wenn du Tonleitern schnell im Staccato spielst, übt das auch sehr. Denn Griff und Tonerzeugung müssen am gleichen Zeitpunkt sein. Da holpert es schnell mal

    Beim Binden kann es sein, dass ein paar Tönchen schneller oder langsamer als der Rest ertönt, ohne dass du es merkst. Manche Finger sind nämlich von Natur aus etwas fauler, z.B. deine Ringfinger (-:


    Das ist allgemein vollkommen unüblich im Jazz. Jeder phrasiert, wie er meint. Nur im Ensemble- oder Big-Band-Spiel sollte man sich da einigen.
     
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  19. Alex_Usarov

    Alex_Usarov Ist fast schon zuhause hier

    Danke @Witte. Ich habe mit 53 zum ersten Mal ein Musikinstrument in die Hand genommen; für mich ist alles neu, alles schwer zu begreifen. Und es kommen immer komplexere Sachen hinzu.
    Ich meine einen guten Lehrer zu haben, aber manchmal verstehe ich auf Anhieb nicht, wie und wohin. Also hole ich mir Hilfe hier im Forum. Und es gab wirklich kleine Anstöße von @Analysis Paralysis, @ppue, @Livia, anderen Musikern (ich will jetzt niemanden hervorheben, die mir das Leben erleichtert haben; das schätze ich wirklich sehr.
    Das was Du mit Atempausen, kleine Phrasen bilden etz beschreibst, das machen wir auch. Aber wenn etwas Neus kommt, dauert es bei mir ewig, bis ich es kapiere. Es kommt eher öfter, dass ich die Dinge intuitiv und hoffentlich richtig tue, ohne sie begriffen zu haben).
    Ich habe jetzt angefangen, das Ganze zu analysieren. Schauen wir mal, was daraus wird).
    Liebe Grüße, Alex
     
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  20. Alex_Usarov

    Alex_Usarov Ist fast schon zuhause hier

    Da ich ein ungeschulltes und immer schlechter werdendes Gehör habe, spiele ich die Tonleiter auf Empfehlung meines Lehrers ausschließlich mit Begleitung. Also im Takt. IREAL erlaubt das Ganze bei Bedarf zu beschleunigen. Ich vermute, irgendwann kommen wir auch zu Stoccato, aber jetzt will Tom, dass ich den Fingern mit nichts helfe.
    Das ist das tolle und grässliche an meinem Lehrer: er sagt nie "Morgen, in einer Woche, im nächsten Monat wir werden..." Bei im gibt es nur jetzt. "Wir machen jetzt.."
    Und das ist für mich ein bisschen erschreckend: ich schwebe ja förmlich in der Leere). Aber auch hilfreich: ich habe keinerlei Möglichkeit, über zuckunftige Belange Gedanken zu machen. Ich übe und lebe bei ihm immer im Jetzt.
    Und deswegen hole ich manchmal Hilfe von Euch und tue dann so, als hätte ich das alles selber begriffen. Er wundert sich und schüttelt den Kopf :)
    Liebe Grüße, Alex
     
    Rick gefällt das.
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