26.09.20 : The Boperators im Jazzkeller

Zu meinem achzehnten Geburtstag habe ich es mir gegönnt, einen Tag mal nicht so viel zu üben und Claus Koch (Tenorsaxophon & Altsaxophon), Claus Raible (,,and den schwarzen und den weißen Tasten'') , Giorgos Antoniou (Kontrabass) sowie Xaver Hellmeier (Schlagzeug) live im frankfurter Jazzkeller spielen zu hören. Hier möchte ich ein paar der Eindrücke des Abends notieren, auf dem Sinne einer Schülerzeitung.

Es ging ca. 21:30 Uhr los und dauerte bis etwa 22:30 Uhr. Es wurden zwei Sets gespielt, die Lieder in chronlogischer Reihenfolge:
Hot House, My Old Flame, Barbados, Bebop (Set Nr. 1) ; Dewey Square, Quasimodo, Shawnuff, Laura, Segment (Set 2) ; Parker's Mood (Zugabe)

Bei Shawnuff und Bebop spielten Claus Koch und Claus Raible die Themen unisono - (bei anderen Stücken eventuell auch, ohne dass es mir aufgefallen ist), bei Quasimodo spielten Claus Koch und Giorgos Antoniou das Thema zusammen.

Xaver Hellmeier setzte ganz im Stil von Kenny Clarke synkopierte Akzente mit der Snaredrum, zeigte ebenso Max Roach-Einflüsse, indem er das gleiche auch mit der Bassdrum tat, die Stöcke manchmal verkehrt hielt, um interessante Timbres zu finden, und auch lateinamerikanische Rhythmen, Claven und sich verschiebende Grooves unter die Band legte. Er war sehr gut in time, hätte eventuell ein wenig leiser spielen können, überzeugte wiederum sehr durch seine Besen.

Auffällig war noch, dass Giorgos Antoniou seine Soli mitsang, wenn auch nicht hörbar, denn die Band trat unverstärkt auf. Weiter war er in der Lage, während seiner Soli ununterbrochene Basslinien zu spielen, in eine Art Trance zu fallen.

Die Artikulation von Claus Koch wirkt stark am Hardbop orientiert. meist sind Phrasen geslurt oder jeder Ton wird einzeln angestoßen. Der Zungenstoß ist jedoch sehr dezent und nicht etwa ,,genuschelt''.
Claus Koch spielt ein recht offenes Mundstück und dünne Blätter, klingt auf dem Tenor sehr nach dem frühen Lester Young (Stichwort Savory Collection), aber am Ende doch noch mehr nach Dexter Gordon. Er selbst nannte mir Gene Ammons als einen besonders wichtigen Einfluss, würdigte aber ebenso Young, Gordon, Parker. Auf dem Altsaxophon spielt Koch viel mit der Tongestaltung, kontrastiert luftige Desmondklänge mit bluesigen Bends und False-Fingerings.

Claus Raible spielt, außer bei Balladen bzw. langsamen Stücken, meist Bud Powells Shell-Voicings, legt aber in der rechten Hand, während er begleitet, interessante Töne als Upper-Structure darauf, setzt so harmonisch Akzente. Bei Balladen spürt man die Rauheit Monks, fühlt sich was die Voicings angeht jedoch auch an Dodo Marmarosa erinnert. Seine Aura wirkt majestätisch und arrogant, er ist aber nicht unfreundlich oder herablassend.

An Raibles und Kochs Fingertechnik fällt auf, dass sie nicht immer sauber aussieht, aber immer sauber klingt - Kochs Fingertechnik ähnelt optisch der von Sonny Rollins eher denn Parkers- , weil die Finger wie eine zuschnappende Mausefalle punktgenau auf den Tasten, bzw. Klappen, des Instruments landen, wenn sie gebraucht werden. Kochs Ansatz ist nicht Lip-In wie bei Cannonball Adderley, aber auch nicht gänzlich Lip-Out, wie bei John Coltrane: ,,So, wie es ja auch aussehen soll'', meint er dazu...sein Klang gibt ihm Recht.

In dem Gespräch, zu welchem mir Claus Koch die Ehre gab, betonte er, wie wichtig es sei, Jazz nicht akademisch anzugehen. Man solle so gut wie alles ,,von den Platten" lernen, an Musiktheorie nur das nötigste Wissen. Man müsse viel ausprobieren, es gebe kein Richtig oder Falsch beim Üben, Jazz sei nunmal sehr individuell.

Koch habe mit 15 Jahren gleich auf dem Tenorsaxophon angefangen, zuvor ein bis zwei Jahre lang klassischen Querflötenunterricht gehabt (,,Bach, Brahms und sowas"). Es sei zentral, das zu hören, was man spielt, er denke zum Beispiel nicht über seine Artikukation nach, ein Kind denke ja auch nicht beim Sprechen über die Aussprache nach. Vom Jazz leben könnten nur die allerwenigsten. wenn, dann Rhythmusgruppenmitglieder, die oft als Sidemen Gelegenheit zum Spielen bekämen. Daher sei das Wesentliche beim Studieren, die Chance zu bekommen, sich mit anderen auszutauschen (Raible und Koch lernten sich zum Beispiel beim Studium in Graz kennen).

Nun bin ich stolzer Besitzer eines von Claus Koch signierten Charlie Parker Omnibooks sowie einer von Claus Raible signierten CD ("Trio!"). Und natürlich eines Mittschnitts des Konzerts

Zum Interview mit Claus Koch werde ich vielleicht unten noch etwas ergänzen, insofern mein Gedächtnis fruchtbar bleibt.

 

Nachtrag Nr. 1:
Die Reihenfolge war nicht ganz richtig. Erst kam Hot House, dann Klacto-Vede-Stene, dann My Old Flame (meine Lieblingsnummer des Abends) dann Barbados usw.

Insofern legal möglich werde ich den Mittschnitt des Abends in nachbearbeiteter Form auf Youtube hochladen und dann hier reinstellen.

 

Nur wenn Du die Genehmigung der Künstler dafür hast.

CzG

Dreas

 

Ich werde mal per E-Mail anfragen.

 

@Paul2002

vielen Dank für die detaillierte Schilderung. Deine Beobachtungen und Eindrücke gefallen mir.

PS. nachträglich alle Gute zum Geburtstag.

 

Danke dir !

 

Von mir auch noch nachträgliche Glückwünsche zum Geburtstag

 

Freut mich

 

Oha, ham wa da was verpasst - Du bist jetzt ENDLICH 18? VOLLJÄHRIG?
Ganz herzlichen Glückwunsch zur Erreichung des Erwachsenen-Status, den wirst Du jetzt für den Rest Deines Lebens haben!
Alles Gute!!!

 

Vielen lieben Dank!

 

Ja, alles gute zum Geburtstag! Du solltest in die Richtung Musikjournalismus weiter streben. Liegt dir.

Lg Guido

 

Danke für die Blumen, aber ich möchte beruflich lieber ein Saxophon in meinem Mund haben als einen Bleistift

 

Meiner Meinung nach schließt das Eine das Andere nicht aus. Um detailliert, fachkompeten und glaubhaft berichten zu können ist die Berufsmusikerwahl nicht die Schlechteste. Schreiben kannste...
Wenn noch Internationales dazukommt wird es noch runder und Du wärst nicht nur auf den deutschsprachigen Raum festgelegt...

Und es gibt bestimmt einen Kreativen, der Bleichstifte in Saxform erfindet und vertreibt...

 

wirlkich eine prima beschreibnung des abends...

und nachträglich alles gute!

 

Wenn ich auf jeden Beitrag einzeln antworte, wird es mir auf Dauer etwas peinlich, weil es formelhaft wirkt. Daher möchte ich mich gesammelt bei allen Gratuleuren/innen dee Vergangenheit und Zukunft bedanken, es freut mich, dass ihr an mich denkt!

 

Cooler Gedanke, Rick.

 

Auch von mir nachträglich alles Gute und vor allem viel Glück beim Erreichen deines beruflichen Zieles!

 

Lieber Paul,

Auch von mir alles Gute zum Geburtstag und ich drücke Dir die Daumen, dass Dein Berufswunsch in Erfüllung geht! (Woran ich keinen Zweifel hege, wenn ich sehe, wie engagiert Du bist )

Viele Grüße von

Jazzica