Das Saxophon und seine Soundvarianz

Dieses Thema im Forum "Saxophon spielen" wurde erstellt von Jacqueline, 8.Februar.2025.

  1. Jacqueline

    Jacqueline Strebt nach Höherem

    Hallo Forum!

    Ja, mich gibt es noch (wenn sich noch jmd an mich erinnert?) und ich spiele auch noch Saxophon :)

    Ich lese mich gerade durch euren Thread zum Saxophonsound und da ist mir wieder das Soundthema eingefallen, welches ich auch am Do mit meinem Lehrer diskutiert habe.

    Ich habe das Gefühl, dass ein Saxophon einen sehr individuellen Sound je nach Spieler hat..bzw. dass es "Soundklassen" gibt.

    Damit meine ich zB einen klassischen Sound, einen dunklen Sound (Art Pepper), einen strahlenden, lyrischen Sound (Paul Desmond), dann helle Sounds wie Charlie Parker oder Cannonball Adderly und dann noch die Sparte wie David Sanborn etc.
    Ich hoffe es wird deutlich was ich meine. Evtl ordnet ihr die Sounds ja auch ganz anders ein. Aber so erstmal meine Sortierung.
    Wieso ist das so? Liegt es am Equipment? Mit Sicherheit auch. Und mit Sound meine ich den Klang des Instruments zB wenn man einen einzelnen Longtone spielt. Ich klammere Phrasierung etc jetzt je nach Stilistik mal aus...

    Warum kommt es mir so vor (und das ist meine eigentliche Frage), dass der Sound am Saxophon individueller ist als an anderen Instrumenten?

    Ja, evtl begebe ich mich hier jetzt auf dünnes Eis, aber ich finde der Sound einer Trompete, einer Klarinette, einer Posaune oder einer Querflöte ist immer ähnlich - unabhängig vom Spieler?
    Oder liegt es daran, dass ich das nicht so differenzieren kann, weil ich zu wenig Soundbeispiele der o.g. Instrumente kenne?
    Ich habe schon recht zu Beginn meiner Spielzeit gemerkt, dass die Saxophonisten sehr unterschiedlich klingen. Ohne großartig Jazz etc gehört zu haben.

    Ist es so, dass Saxophon einfach eine große Soundvarianz bietet oder würde ich als Trompeterin selber sagen, dass Saxophonisten alle gleich klingen?

    Mein Lehrer meinte, dass es diese Soundvarianz auch bei den anderen Instrumenten gibt.

    Wie nehmt ihr das wahr und wie schätzt ihr das ein?
     
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  2. scenarnick

    scenarnick Admin

    Der Sound eines Gitarristen ist auch individuell (und damit meine ich nicht Amp und Pedale, sondern Timing, Phrasierung, etc.). Sicher ist das auch so bei anderen Instrumenten.

    Das Saxophon ist allerdings entwickelt worden mit der Maßgabe, möglichst nah an der menschlichen Stimme zu sein, die auch eine sehr große Varianz hat. Ziel erreicht würde ich sagen.
     
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  3. Jacqueline

    Jacqueline Strebt nach Höherem

    Soweit ich weiß können Gitarristen aber auch viele Parameter am Instrument ändern. Saiten und sowas oder?
    Also liegts doch am Equipment?

    Würdest du also auch sagen, dass zB verschiedene Klarinettisten untereinander ähnlicher klingen als Saxophonisten?
     
  4. cwegy

    cwegy Ist fast schon zuhause hier

    Gib zwei Gitarristen oder Bassisten dasselbe Instrument, am gleichen Amp in die Hand und sie werden beide völlig unterschiedlich klingen. Das ist nicht anders, als bei Saxophonen.
     
  5. Florentin

    Florentin Strebt nach Höherem

    Ich finde auch, dass das Saxophon unter allen Blasinstrumenten die größte Vielfalt an Sounds bietet.

    Auch: die größte Vielfalt an Sound-Vorbildern, denen jeder nacheifern kann.

    Das macht dieses Instrument, das in vielfacher Hinsicht "leichter" zu erlernen ist als andere Blasinstrumente, auch so anspruchsvoll.
     
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  6. mato

    mato Strebt nach Höherem

    Deine Beobachtung kann ich gut nachvollziehen. Mir geht es genauso. Ein Saxophon ist sehr flexibel was den Ton angeht, und der Teil, den der Spieler mitbringt fällt nach meinem Empfinden klanglich viel mehr ins Gewicht als bei den meisten anderen Instrumenten. Bei der Klarinette bspw. ist die Range des Klanges viel enger als beim Saxophon.
     
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  7. visir

    visir Gehört zum Inventar

    Ich selbst kann am Sax ganz verschieden klingen, je nachdem, was ich spiele. Und da meine ich auch nicht Phrasierung etc., sondern tatsächlich den Klang. Ist ein Unterschied, ob ich "Tequila" oder "My funny Valentine" spiele.

    Wenn sie einfach nur einen Ton anschlagen?

    Es gibt natürlich Instrumente, die mehr Varianz durch den Spieler erlauben, und solche, die weniger bis gar keine Varianz erlauben. Violine erlaubt sicher auch genug Varianz, aber das mag weniger am Spieler an sich liegen als daran, welchen Stil er spielen will oder kann.
    Beim Sax kommt halt dazu, dass die Anatomie des Spieler mitwirkt - mindestens Mundhöhle.

    Bei der Trompete war ich erstaunt, welche Vielfalt an Mundstücken möglich sind. Wobei ich den Einfluss auf den Klang nicht einschätzen kann.
     
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  8. slowjoe

    slowjoe Strebt nach Höherem

    Altes amerikanisches Indianersprichwort:;)

    It's easy to learn playing the saxophone badly......
    ;);)

    SlowJoe
     
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  9. scenarnick

    scenarnick Admin

    Equipment ist ein Teil bei Gitarristen, sicher. Aber nicht alles. Und am Setup des Saxophon können wir ja auch was ändern.
    Ich kenne zu wenige Klarinettisten, um das zu bestätigen. Ich wage zu behaupten, dass ich jeden Trompeter in unserer BB am Sound erkenne (ok, sind nur 5). Mit anderen Trompetern hab ich mich wenig auseinandergesetzt. Dizzie, Chet und Miles unterscheiden sich allein schon im Stil massiv, so dass da viele andere Faktoren reinspielen.

    Ich bin (aus der anderen Diskussion) tatsächlich eher in der Fraktion "Sound ist in gewisser Weise dem Menschen innewohnend" (ob nun angeboren oder sozialisiert ist eine andere Diskussion). Ich glaube, wir nutzen unsere Instrumente, um unser Inneres nach außen zu bringen. (Egal welches Instrument). Solange man am Anfang steht (gelehrte Zungen behaupten, das sei immer so) sind die Unterschiede noch gering, aber im Laufe der Zeit verfestigen sie sich wie sich eine Handschrift entwickelt. Für mich ist es ein erstrebenswertes Ziel, meinen eigenen Sound, meine eigene "Handschrift" zu entwickeln. Das Instrument ist ein Mittel dazu - mehr nicht. Ob nun Sax, Piano, Stimme.

    Auch wenn man in einer BB oder einem anderen Ensemble strikt nach Noten spielt ist der Sound individuell und nur zu einem Teil durch das Equipment / Setup beeinflusst.

    Soweit meine Meinung...
     
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  10. Werner

    Werner Strebt nach Höherem

    Die Mundharmonika ist klanglich noch variabler. Da ist z.B. sozusagen ein Wah-Wah Effekt von Hause aus mit drinn. Ausserdem kann man durch die Mundharmonika sprechen, und das versteht man.
     
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  11. Saxax

    Saxax Ist fast schon zuhause hier

    Hmmmmm,

    einen Teil würde ich ja der eigenen Wahrnehmung zuschreiben. Wenn ich selber ein Instrument spiele, höre ich viel differenzierter hin. Die Variabilität bei der Trompete ist auch sehr groß, wenn ich da an Chet Baker oder Miles auf der einen Seite denke und auf der anderen Seite die "Strahlemänner" (Louis Armstrong - Dizzy - Thad Jones). Die von Werner genannte Mundharmonika finde ich da nicht herausragend ... sprechend kann man auch durch ein Sax oder eine Posaune (Albert Mangelsdorff). Ich denke besonders variabel sind die Instrumente, bei denen ich den Ton nicht nur im Einschwingverhalten (Klavier, Gitarre usw.) beeinflussen kann sondern im Verlauf noch erhebliche Möglichkeiten habe. Und da stehen die Blasinstrumente (Dudelsack und Zinken mal ausgenommen) an vorderster Stelle. Da habe ich nicht nur die Möglichkeit das Vibrato zu dosieren (das können die Streichinstrumente auch) sondern ich kann den Frequenzgang und die Zusammensetzung des Frequenzgangs noch sehr weitgehend beeinflussen.

    Bei den Saxen ist es so, dass bestimmte Bauformen mehr Variabilität ermöglichen, als andere. Mich hat das vor vielen Jahren zum Conn Ladyface gebracht. Das Chu Berry war auch klasse, aber nicht so variabel. Auf modernen Hörnern (also Mark 6 und danach) vermisse ich da ganz viel.


    keep swinging


    Euer Saxax
     
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  12. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Ich zitiere jetzt mal aus dem Gedächtnis eine Anekdote, die Kenny Werner (Jazzpianist) in seinem Buch „Effortless Mastery“ erzählt:

    In der New Yorker Jazzszene treffen sich immer wieder die mehr oder weniger bekannten Größen zum Feiern und Musizieren. Bei so einer Gelegenheit trafen eine ganze Reihe von Jazzpianisten in einer Wohnung zusammen, in der ein Flügel eine asiatischen Marke stand, die für besonders hellen, strahlenden Klang bekannt war. Die Pianisten spielten reihum und es hörte sich bei den meisten ziemlich hell und strahlend an bis sich schließlich Bill Evans an die Tasten setzte und der selbe Flügel plötzlich warm und gedeckt klang - so wie man Bill Evans eben aus seinen Live- und Studioaufnahmen kannte.

    So ein Klavier bzw. Flügel ist, wie er ist.

    Und genau genommen sind fast alle Blue Note Platten entweder am Klavier im Wohnzimmer der Familie Van Gelder oder an dem in Rudy Van Gelders Studio entstanden - und da gibt es gewaltige Unterschiede zu hören.


    Bei den Blasinstrumenten dem Saxophon eine besondere Ausdrucksfähigkeit oder Bandbreite zuzuschreiben halte ich für eher gewagt. Bei der von @mato erwähnten Klarinette fallen mir dazu sofort Giora Feidtman und Rolf Kühn ein.
    Bei der Trompete ist zwischen Til Brönner und Theo Croker oder meinetwegen Miles Davis und Dizzy Gillespie eine irre Bandbreite.
    Und sogar auf der Querflöte … Herbie Mann, Ian Anderson…

    @Saxax hat gerade was ganz ähnliches geschrieben und war zwei Minuten schneller fertig mit tippen ;)
     
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  13. Perlvatt

    Perlvatt Schaut öfter mal vorbei

    Hallo Jaqueline,
    Der Klang beim Saxophon ist tatsächlich individuell, da die Anatomie des Spielers eine Rolle spielt. Zum einen sind die Lippen undzugehörigen Muskeln bei jedem Menschen etwas anders geformt und zum anderen spielen die Resonanzräume im Kopf, also vor allem die Nasennebenhöhlen und Stirnhöhlen eine große Rolle. Daher klingt jeder Spieler auch bei langen Tönen und bei identischem Setup anders.
    In der Praxis ist es meiner Meinung nach aber viel relevanter, wie Intonation, Vibrato, Artikulation, Phrasierung usw gestaltet werden. Das ist der Grund, warum man z. B Geiger und auch Pianisten nach ein paar Takten unterscheiden und erkennen kann.
     
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  14. ilikestitt

    ilikestitt Strebt nach Höherem

    Hmm, ich habe gelernt, daß das Sax als Sound von der Klarinette mit der Lautstärke der Trompete entwickelt wurde als Auftragsarbeit für marschierende Militärbands.
     
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  15. ilikestitt

    ilikestitt Strebt nach Höherem

    Mangelnde Erfahrung mit den jeweiligen Instrumenten und sie einfach zu selten gehört wird der Grund sein. Laien finden oft auch, daß alle Saxofone gleich klingen.
     
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  16. Roland

    Roland Strebt nach Höherem

    "klingt wie eine menschliche Stimme" ... das sagt man auch von Fagott, Klarinette, Oboe, Cello, ...

    Ist mir auch ehrlich gesagt egal. Wenn ich menschliche Stimme wollte, dann sänge ich. :)
    Klavier klingt auch nicht stark nach menschlicher Stimme und das sehe ich nicht unbedingt als Nachteil an.
    Synth kann nahe an der menschlichen Stimme liegen, aber wird so i.A. nicht eingestzt.

    Stimme kann auch wie iPhone klingen



    Grüße
    Roland
     
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  17. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Ich finde auch das Sax sehr variabel und stimme zu, dass es wohl bei uns teilweise Hörgewohnheit ist, da andere Blasinstrumente auch sehr variabel klingen können. Aber auch da hat das Sax im vergleich die Nase für mich weit vorn.

    Um deine Kategorien aufzugreifen gehe ich mal auf die reine Equipmentfrage ein und lasse psychologisches und spieltechnisches links liegen (und auch die Ansage, dass ein Profi jeden Sound in die ein oder andere Richtung biegen kann, wenn das sein Job ist):

    Die Soundkategorie Sanborn enthält für mich Obertöne, die nur mit einer bestimmten Mundstückform erzeugt werden können, nämlich mit einer hohen, relativ langen Stufe.

    Die anderen Kategorien von Pepper bis Cannonball sind für mich erstmal eine Frage der Blatthärte. Und danach ausgerichtet die passende Bahn, auf der diese Blätter halt gehen.

    Der Gitarrist macht diesen Teil übrigens mit der Saitenwahl, d.h. Dicke, Round- oder Flatwounds, Material, Beschichtung und natürlich dem Anschlag, von hartem Plektrum bis Fingerkuppe.

    Der ganze andere Kram, von technisch bis emotional hat schon seine Berechtigung, aber das Equipment setzt für mich schon die Kategorie fest, vor allem das Blatt.
     
    Zuletzt bearbeitet: 9.Februar.2025
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  18. Jacqueline

    Jacqueline Strebt nach Höherem

    Hatte ich eigentlich geschrieben, dass ich gleich zu Beginn meines Instrumentalunterrichts festgestellt habe, dass Saxophonisten sehr unterschiedlich klingen.
     
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  19. altoSaxo

    altoSaxo Ist fast schon zuhause hier

    Wenn Bill Evans einen einzelnen Ton in einer bestimmten Lautstärke anschlägt, würde er wie jeder andere Pianist klingen. Und das wäre das Pendant zur Frage der TE.

    Nun hat ein Flügel abhängig von der Dynamik verschiedene Klangschichten und je lauter man einen Ton spielt, umso mehr Obertöne kommen hinzu.

    Der unterschiedliche Klang resultiert wesentlich aus individuellen Dynamikabstufungen, dem Zusammenspiel mehrere Töne und dem Einsatz der Pedale.

    Ich war mal bei einem Klavierabend in der Musikhochschule, wo auch zu erleben war, wie unterschiedlich die Studierenden auf demselben Instrument klingen können.

    Meine Einschätzung und eigene Erfahrung ist auch, dass man reine KlangUnterschiede bei Instrumenten viel stärker wahrnimmt, wenn man sie selbst spielt oder gewogewohnt ist, sehr fokussiert auf deren Klänge zu achten.

    Der reine Klang lässt sich aber oft nur schwer von der individuellen Spielweise unterscheiden. Ein bekannter Saxophonist erzählte bei einem Workshop, dass der Attack sehr wesentlich zum Klangeindruck beiträgt, wohingegen der Attack bei den von der TE erwähnten Longtones eine ubtergeoruntergeordnete Rolle spielt. Weitere Parameter wie Vibrato etc. kommen wie bereits erwähnt noch hinzu.

    Kann man Klangvarianz überhaupt messen? Das ist doch ein ähnliches Problem wie bei der Frage, welche Komponenten aus Blatt, MPC, S-Bogen, Korpus etc. zu welchem Anteil den Sound beeinflussen. Grob physikalisch würde ich die These aufstellen, dass die Instrumente eine höhere Varianz haben, bei denen Obertöne im beim menschlichen Gehör am meisten trainierten Frequenzbereichs der sprechenden Stimme ausgeprägt sind und dort eine hohe Varianz aufweisen. Das könnte man messen und auch grafisch darstellen. Sopranino, Piccolo-Flöte und gezupfter Kontrabass wären da wahrscheinlich tatsächlich weniger variant als Saxophon, Cello, Trompete oder Klarinette.

    Ein weiterer Aspekt ist, dass man am Klavier in der Regel baulich nichts verändert, beim Saxophon aber schnell Blatt und MPC austauschen kann. Bei der Geige kann man schnell einen anderen Bogen, bei Gitarren Plektren und bei Drums unterschiedliche Sticks/Besen einsetzen. Mittelfristig lassen sich z.B. bei Gitarren die Saiten wechseln.
     
    Jacqueline gefällt das.
  20. Jacqueline

    Jacqueline Strebt nach Höherem

    Genau darauf wollte ich hinaus.
     
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