Interessante Intonation mit Fremdkörper im Trichter

Hallo Leute,

gestern habe ich mich so richtig klasse blamiert - auch nach 35 Jahren Saxerei lernt man doch nie aus!

Hier die Geschichte, dem einen zur Belustigung, dem anderen zur Belehrung:

Hatte letzten Sonntag einen für meine Verhältnisse quälend frühen Auftritt, es ging um ein Lied, eine Art "Gemeinde-Hymne", das ein Freund von mir komponiert und produziert hatte, welches nun anlässlich der Einweihung des frisch renovierten Rathauses der betreffenden Gemeinde uraufgeführt werden sollte.
Aufgrund des regnerischen Wetters fand die Veranstaltung in der (kalten) Kirche statt.

Ich baute mein Sax neben dem Altar auf, wo wir auch später spielen sollten, doch vorher mussten wir eine Stunde Gottesdienst abwarten.
Anschließend war gleich die "Hymne" vorgesehen, es gab keine Zeit und keinen "Backstage-Bereich", um mich vorher einzuspielen.
Damit ich gut vorbereitet wäre, stimmte ich das Tenor nach dem vorhandenen E-Piano auf den Anfangston meines Parts, ein gegriffenes D'' (mache ich sonst nie...).
Das war erstaunlich hoch, ich wunderte mich, schob das Phänomen aber auf die Kälte und das Mundstück ganz über den Kork.

Wir spielten los, die Sängerin trug die Melodie vor, dann kam mein Einsatz - und klang SCHRECKLICH!
Das Sax stimmte extrem daneben, was mir besonders peinlich war, weil sich in der voll besetzten Kirche auch die aufmerksamen Mitspieler von zwei Musikvereinen befanden und mein Name hundertfach auf dem Programmzetteln abgedruckt war.
Ich konnte das Problem während des kurzen Einsatzes nicht in den Griff bekommen, setzte mich hinterher schamerfüllt auf die Bank und hatte das Gefühl, meinem Ruf nachhaltig geschadet zu haben.
Dem Komponisten und Pianisten raunte ich zu, vor dem Abschlusslied nochmals nachstimmen zu wollen - wir sollten nämlich die "Hymne" nach ein paar Grußworten von diversen Würdenträgern noch einmal zu Gehör bringen.

Diesmal stimmte ich wie sonst üblich nach dem gegriffenen C'' - das Sax war viel zu hoch, ich schob das auf eventuell gestiegene Raumtemperaturen.
Dann kam wiederum mein Part - der Anfangston (D'') klang grauenhaft, doch den Rest konnte man lassen, ich hatte mich zumindest teilweise rehabilitiert. Obwohl ja meistens der erste Eindruck prägend bleibt...

Was war los? War das Instrument kaputt, hatten sich Klappen verbogen?
Wie kam es, dass gerade das D'' solche Probleme bereitete?

Als ich nach der Veranstaltung das Horn wie gewohnt putzen wollte, kam der Wischer nicht durch. Dadurch bemerkte ich, dass sich ein Fremdkörper im Sax befand - mein kleines Schrauben-Set für Notreparaturen hatte sich im Becher-Knie verklemmt!
Es saß ganz schön fest, erst die Tochter der Sängerin konnte mit ihrem schlanken Arm tief genug in den Trichter greifen, um es wieder herauszubekommen.

Damit war das Rätsel des "falschen" Tons gelöst, denn durch die Blockade auf Höhe der D-Klappe hatte genau dieser Ton zu tief intoniert.
Das schlimmste Unheil hatte ich freilich nichtsahnend durch mein unübliches Einstimmen auf meinen Anfangston (D'') ausgelöst.

Ich kann nur hoffen, dass mein furchtbar "schräger" Vortrag von den Zeugen des Schlamassels bald wieder vergessen wird, wenngleich ich weiß, wie leicht sich so etwas in den Köpfen und Anekdoten fest setzt: "Der Typ wird wohl überschätzt, kann noch nicht mal sein Sax stimmen!"
Die meisten, die mich kennen, werden es hingegen eher auf die für mich unüblich frühe Stunde schieben: "Morgens ist der Rick einfach nicht fit."

Auf jeden Fall habe ich daraus die Lehre gezogen, grundsätzlich IMMER vor dem Spiel in den Becher zu schauen und nachdrücklich das Sax zu schütteln, um auszuschließen, dass sich da wieder ein Teil während des Transports im Koffer auf Reisen begeben hat und mir den nächsten Auftritt sabotiert.


Euch allen gut Sax,
Rick

 

...fand die Veranstaltung in der (kalten) Kirche statt....


...Ich konnte das Problem während des kurzen Einsatzes nicht in den Griff bekommen, setzte mich hinterher schamerfüllt auf die Bank und hatte das Gefühl, meinem Ruf nachhaltig geschadet zu haben....




jaja der Messwein

 

Ich habe mal meinen Zoom H2 vermisst und ihn dann auch beim Putzen im Becher meines Baris wiedergefunden. (War gut verkeilt und schwer wieder rauszubekommen.) Die Probe hatte ich auch sehr mit dem Instrument zu kämpfen. Die Töne sprachen schlecht an und irgendwie klang alles sehr merkwürdig. Das Zoomgerät hat bei der Gelegenheit gleich seinen Tropentest erfolgreich absolviert.
Ansonsten lagen auch oft schon Blättchenetuis und andere Dinge drin. Ich sollte mir wahrscheinlich mal einen neuen Koffer leisten...

 

Joh Rick, armer Kerl, obwohl es für dein "Jazzerimage" vielleicht sogar förderlich war, immer peinlich sowas, daher (nach einigen ähnlichen Erlebnissen) eiserne Edo Regel:
Gis-Klappe, Cis-Klappe, Trichter!!!

lg edo

 

Auch eine (PET)-Wasserflasche kann man schon mal im Becher eines Bari vergessen und sich über den merkwürdigen sound und das einvernehmlich konspirative Nichtfunktionieren der Bechertöne wundern.

Cheero
tmb

 

Was ist ein Jazz-erimage?

greets
tmb

 

Och.....so 'n kleiner Reisesaxständer im Trichter bewirkt auch
Wunder....

CzG

Dreas

 

Als ich letztens bei meinem Doc war, kam ein Bariton Spieler rein und er meinte: "Es wäre ihm jetzt furchtbar peinlich aber sein Mundstück klemmte oben im Bariton".
Ob er wohl sein Mundstück vor dem Auftritt gesucht hat?

Aber klar, ist wohl schon jedem irgendwie passiert. Ich schaue jedenfalls auch in den Trichter und prüfe immer die G# Klappe.
Bei einen Auftritt, mit dem Chor, ich darf da manchmal ein kleines Solo spielen, hatte ich schnell das Sopran gegriffen, muss ja schnell zwischen dem singen gehen, hob das Mundstück in den Mund und merkte irgendetwas stimmt jetzt nicht....hatte die Kappe vergessen abzunehmen

 

edo sagt es !

...Gis-Klappe, Cis-Klappe, Trichter!!!...

einer meiner sätze vor fast jeder unterrichtsstunde

 

bei den Saxern ist das ja fast wie im Cockpit..

 

Da bin ich ja fast beruhigt, dass von so etwas auch Profis wie Rick betroffen sind.

Wenn mir etwas in der Art passiert, denke ich immer als erstes an meine Schusseligkeit.

Ich hatte mal meinen Ersatz-Saxgurt im Tenor stecken und ärgerte mich den ganzen Abend warum die tiefen Töne nicht kamen und das Sax verheerend stimmte.
Auf die Idee mal in den Becher zu schauen, kam ich erst gar nicht. Wobei die Bühne recht dunkel war und ich den Schwarzgurt wohl eh nicht gesehen hätte. Zum Glück war der Rest der (Funk) Band viel zu zu laut.

Das Problem ist halt, dass du 99 Mal guckst und nur 1 x nicht guckst. Und dann kommen solche total verrückten Sachen heraus.

@Rick: Ich fühle mit dir. Ich bin mir aber sicher, dass du jetzt mindestens 99 Mal KEIN solches Problem haben wirst.

Lg
Mike

 

Euch allen vielen Dank für das Mitgefühl!

Klar kommt so etwas immer mal wieder vor, normalerweise schaue ich auch immer nach bzw. merke am "Klötern" oder am merkwürdigen Sound, dass sich etwas im Trichter befindet, was da nicht hingehört.
Das kleine Reparaturset allerdings saß fest, hat deshalb kein Geräusch gemacht und sich ausschließlich auf die D-Klappe ausgewirkt. Man konnte es auch nicht sehen, weil es hinter der Knie-Biegung steckte, daher habe ich den Übeltäter ja erst beim nachträglichen Wischen entdeckt.

Wir freischaffenden Künstler ohne Festanstellung bei Hochschulen usw. leben ja in erster Linie von unserem Ruf - die Geschichte ist für mich megapeinlich, weil dort so viele Blasmusiker anwesend waren und mein Name groß auf hunderten Programmzetteln stand.

Normalerweise kommt ja nach so einem Auftritt immer irgendjemand und erzählt, dass es ihm gut gefallen habe.
Diesmal wurde nur Sängerin und Pianist gratuliert, ich kam mir gemieden vor...

Hoffentlich wächst bald Gras über die Angelegenheit!


Schöne Grüße,
Rick

 

Och Rick,

always look on the bright side of life - stell Dir mal vor, das wäre in China passiert, das wär doch schlimmer gewesen, oder?

LG, Claudia

 

...mein Name groß auf hunderten Programmzetteln stand....

sag bloß Rick auf den Flyern stand immer dasselbe drauf


@Claudia

... das wäre in China passiert..

die lieben dort vierteltöne !!!

 

Danke Claudia,

es geht mir auch schon wieder besser, habe immerhin im Laufe meines Musikerlebens schon einige Peinlichkeiten überstehen müssen.

In China kennt mich keiner, aber hier in der Region bin ich ein sprichwörtlicher "Bunter Hund".

Na ja, die einen haben Steueraffären oder werden beim Fremdgehen erwischt, mir misslingt bloß mal intonationsmäßig ein Auftritt, da stecke ich letztlich doch lieber in meiner Haut!


Schöne Grüße,
Rick