Kirchentonarten Flussdiagramm

Dieses Thema im Forum "Improvisation - Harmonielehre" wurde erstellt von peterwespi, 5.August.2023.

  1. peterwespi

    peterwespi Ist fast schon zuhause hier

    Bei der Gehörbildung stelle ich immer wieder fest, dass man bei den Kirchentonarten anfänglich dazu tendiert, die Modi als Ganzes erkennen zu wollen. Dies führt oftmals zu Verwirrung und falschen, sogar total unlogischen Ergebnissen. Aus diesem Grund haben wir dazu ein Flussdiagramm erstellt. Damit sollte es möglich sein, die Modi gezielt zu erkennen. Viel Spass! :)

    WS NL Kirchentonarten Flussdiagramm 1.jpg
     

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  2. Tafkah

    Tafkah Ist fast schon zuhause hier

    @peterwespi : schöne Idee, ich hab's mir gleich mal runtergeladen. Kleiner Verbesserungsvorschlag: die in der jeweiligen Überschrift genannten Bezugsintervalle würde ich im Notenbild etwas auffälliger gestalten, also fetter oder in einer Signalfarbe (z.B. rot oder grün). Am Ende muss man es aber halt immer mit dem inneren Ohr hören können und irgendwie ins Geläufigkeits-Repertoire bringen.
     
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  3. TSax80

    TSax80 Ist fast schon zuhause hier

    Sehr übersichtlich und systematisch, dankeschön.
     
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  4. kindofblue

    kindofblue Ist fast schon zuhause hier

    Super finde ich den Ansatz von Greg Fishman zu dem Thema Skalen. Er interpretiert jede Skala als zwei sich überlagernde Akkorde. So ist zum Beispiel C Aeolisch die Verschmelzung von Cm7b5 mit C#maj7. Er hat jede gängige Skala als eine Akkordüberlagerung definiert, und es macht spass, die Skalen auf diese Herangehensweisen zu üben.
    Kindofmode
     
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  5. GelöschtesMitglied11524

    GelöschtesMitglied11524 Guest

    Hm....
    C Äolisch hat 3b. C D Eb F G Ab Bb C.
    Wie Du da auf diese Verschmelzung kommst, das verstehe ich nicht ganz.
    Kann es sein, dass Du Lokrisch meinst? Oder spinne ich jetzt komplett? :)
     
  6. Gelöschtes Mitglied 13399

    Gelöschtes Mitglied 13399 Guest

    Ich verstehe den Nutzen dieses (aber auch des obigen) Beispiels nicht. In der Praxis musst du doch einfach den Sound und die Töne kennen, wie Vokabeln, die du aktiv anwenden kannst.
    Ich denke, man hat am Ende mehr Ärger, wenn man sich am Anfang Eselsbrücken baut, denn prinzipiell hat C-Lokrisch nicht viel mit Db-Major zu tun, außer eben, dass die vorzeichen gleich sind. Die Metapher der Verschiebungen, laut der Dorisch nur Ionisch von der None aus ist, verwirrt bekanntlich auch viele Menschen.

    Was anderes ist es natürlich, wenn man wirklich Akkorde spielen möchte, sich also z.B. merkt, dass ein Eb-Moll-Dreiklang gut zu D7 passt (natürlich abhängig vom Voicing des Pianisten und der funktionsharmonischen Stellung des D7 im konkreten Stück)
     
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  7. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Wie ist diese "Verschmelzung" zu verstehen?

    Bei C Äolisch sehe ich an Akkorden: C-7 (C - Eb - G - Bb), D-7b5 (D - F - Ab - C), Eb-7 (Eb - G - Bb - D), F-7 (F - Ab - C - Eb) usw.

    C# oder Db kommen bei C Äolisch für mich nicht vor...:(

    C Äolisch hat 3b und "lebt" daher im tonalen Zentrum Eb, genauso, wie die ganzen Modi von Lydisch (1#) bis Lokrisch (5b) sich auf andere tonale Zentren beziehen können - das ist ja auch der Schlüssel zum Modal Interchange und Upper Structure - Geschichten usw.
     
  8. kindofblue

    kindofblue Ist fast schon zuhause hier

    Ah sorry, lokrisch
     
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  9. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Was meinst Du mit Eselsbrücken? Das Diagramm von @peterwespi finde ich sehr übersichtlich und erklärend, welche Intervalle für einen Klang / Skala bestimmend sind.
    Und dass der Unterschied zwischen grosser und kleiner Terz wesentlich mehr ist, als Dur und Moll (sondern auch gleich die Parallelen und Gegenklänge ausmacht - das kommt allerdings in dem Diagramm nicht so ganz ausdrücklich. Dafür ist es aber auch nicht gemacht.)

    Die "Verschmelzung" der Akkorde als Skala ist, richtig verstanden und angewandt, auch alles andere als eine "Eselsbrücke" - das zeigt die Zusammenhänge der Skalen zu tonalen Zentren und macht den Raum auf, über einen C-7 auch einen D-7b5 spielen zu können (wenn man den anschließend richtig auflöst). Der Beginn von Outside, eben.

    Doch, sehr viel sogar. (genau genommen nicht Db-Major als ionische Tonart sondern als tonales Zentrum)
    Schau Dir mal die Changes von Ladybird in klingend C an.
    Da ist es Phrygisch, nicht Lokrisch - und dementsprechend Ab und nicht Db - aber das Prinzip ist das gleiche.

    Nur ist Lokrisch halt so instabil, dass das für Modal Interchange keine gute Wahl wäre.
     
  10. Gelöschtes Mitglied 13399

    Gelöschtes Mitglied 13399 Guest

    Ich glaube einfach nicht, dass es in der Praxis etwas nutzt, die Akkordüberlagerung zu kennen. Oder denkst du bei D-7b5 C- wirklich bewusst darüber nach, dass das sich überlagernde Akkorde aus Äolisch sind?
    Aber das müssen wir ja auch nicht gleich sehen, für manche ist es wohl tatsächlich hilfreich und ich kann das einfach nicht nachvollziehen.

    Db-Ionisch ist de facto Db-Dur, weil unsere Ohren sehr schnell eine ionische Tonika hören wollen. Damit Db-Ionisch nicht als Tonzentrum Db-Dur wahrgenommen wird, muss man sich schon Mühe geben.

    Was Ladybird angeht:

    Die Modulation als Modal Interchange zu bezeichnen empfinde aus verschiedenen Gründen schwierig.
    Zum einen ist As-Dur nicht C-phrygisch, obwohl natürlich die Modulation von C nach As einen eigenen Sound hat und etwas ist, dass herraussticht und ein Charakteristikum des Stückes darstellt.
    Trotzdem hat
    Vor allem wird ja Cmaj7 -> Bb-7 -> Eb7 gespielt, man hat also im Bb-7 keinerlei Töne, die im Cmaj7 vorkommen, die Modulation fällt also mit der Tür ins Haus (bzw. kommt sie etwas weniger plump daher, weil sie eine Transposition von der zuvor gehörten Akkordfolge F-7 Bb7 darstellt) und da nutzt es mir nichts, zu wissen, dass die Töne von C-Phrygisch Teil der typischerweise gespielten Skala über Bb-7 sind.

    Man kann das ganze so voicen, dass es konsistenter ist, als Pianist sollte man auch nicht einfach stumpf C-Maj, Bb-7 spielen, sondern die Gemeinsamkeiten suchen, letzten Endes nützt es mir aber nichts, hier alles von C aus zu denken.
     
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  11. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Bei C Lokrisch ist das, wegen der erwähnten Instabilität von Lokrisch, ganz bestimmt so.

    Die Stabilität der Kirchentonarten nimmt sicher auch ab, je weiter man sich von ionisch entfernt.
    Das ist schon bei Äolisch (natürlich Moll) so, dass man aufpassen muss, nicht auf der parallelen Dur-Tonika zu landen.


    Wenn Du in der Improvisation bewusstseinspflichtig arbeitest, wird es eher anstrengend bis hölzern.
    Wenn das aber mal im Übezimmer durchdacht, verinnerlicht und automatisiert wurde, kann es im Solo einfach abgefeuert werden - wie alles, was wir so üben. Darum machen wir das ja.


    Den Modal Interchange in Ladybird als Modulation zu bezeichnen, finde ich wegen der Kürze der Sequenzen schwierig.
    Damit etwas moduliert, muss sich IMHO ein neues tonales Zentrum etablieren.
    Das finde ich bei drei Akkorden in zwei Takten in einer Bebopnummer mit 200 Sachen etwas gewagt.
    Der Modal Interchange bringt genau diesen Ab Sound über das tonale Zentrum C - was genau das Stück ausmacht.

    Ab-ionisch ist nicht C-phrygisch - aber die Verwandtschaft ist ausreichend eng, um C weiterhin als tonales Zentrum zu hören und beim Ausflug nach Ab trotzdem nicht zu entgleisen. Bei C-Äolisch machen wir das doch dauernd mit Eb Maj…
     
  12. peterwespi

    peterwespi Ist fast schon zuhause hier

    Interessant, wie sich eine Diskussion entwickelt. Wenn man davon ausgeht, dass Lernende, die auf dieses Diagramm zurückgreifen, knapp Dur von Moll unterscheiden können, sind für sie Begriffe wie Modulation, Modal Interchange etc. vergleichbar wie die Betriebsanleitung für eine Marssonde... :D
    Wie erwähnt: Lernende auf diesem Niveau haben das Ziel, alle sieben Modi nach Gehör zu erkennen. Für sie sind Hinweise wie "Höre zuerst mal auf den dritten Ton – klingt das wie ein normales ALLE MEINE ENTCHEN oder wie ein trauriges ALLE MEINE ENTCHEN?" sehr hilfreich.

    Das Phänomen, respektive die Problematik ist, dass man sich bei der Betrachtung und Beurteilung in das Niveau und die Sichtweise von Lernenden und deren Wissensstand hineinversetzen muss. Wir haben diesbezüglich in vergangenen vier Jahren bei der Realisierung von musik-wissen – easy to learn immer und immer wieder Böcke geschossen und mussten sehr oft umdenken und neu schreiben... :rolleyes:
     
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  13. Roland

    Roland Strebt nach Höherem

    Wie ich schon mal woanders schrieb:
    Wenn ich einem erklären will, wie Skat funktioniert, fange ich mit "Farbe", "Stich", "Trumpf" usw. an. Und nicht mit "beim überreizten Spiel zahlt der Verlierer mindestens so oft den Grundwert, wie er gereizt hat".

    Grüße
    Roland
     
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  14. GelöschtesMitglied11524

    GelöschtesMitglied11524 Guest

    @peterwespi :
    Das Gute ist, dass selbst meine Kinder im Welpentheoriekurs nach ein paar Minuten der Erklärung worauf sie hören sollen astrein äolisch von melodisch und harmonisch unterscheiden können.
     
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  15. Tafkah

    Tafkah Ist fast schon zuhause hier

    @Ton Scott : exakt, das Hören von "Clues" hilft kolossal. Der übermäßige Tonschritt der harmonischen Moll-Leiter ist ein "ear catcher" genau wie der Leitton der melodischen zur Root. Im Lydian Mode ist es die übermäßige Quarte, die ins Ohr fällt, und im Phrygian Mode halt die "falsche" kleine Sekunde zu Beginn der "natürlichen" (äolischen) Moll-Tonleiter.
    Ich glaube aber, dass es @peterwespi in seinem Flussdiagramm um die Systematik und den "besseren Überblick" ging. Wenn man dabei das, was man sieht, auch gleich hört, ist man klar im Vorteil :cool:.
    Beides macht Sinn: die Übersicht zu erhalten und dann in die Details des Hörens einzusteigen.
    Bei den Kirchentonleitern habe ich keinen "Favoriten", nur eine, die ich schon lange "über" habe: die dorische, die immer zum plakativen Moll in der Tonika und Dur in der Subdominante einlädt.
     
  16. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Schuldig im Sinne der Anklage…:rolleyes:
     
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  17. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Ich finde das schon gut. Jede dieser diatonischen Skalen hat vor allem einen charakteristischen Ton. Das ist der zweite Schritt, diesen zu erkennen. Der erste Schritt ist das Wissen, wo die anderen 6 Töne normalerweise sind. Das Diagramm vermittelt beides, als Spicker, bis es sitzt.
     
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  18. gaga

    gaga Gehört zum Inventar

    Ich finde die hergebrachte Lern- und Merkmethode übersichtlicher, die C-Dur-Tonleiter als Grundlage zu nehmen und den "Kirchentonarten" den passenden Startton in derselben zuzuordnen. Abweichungen kann man dann immer noch mit einzelnen Versetzungszeichen kennzeichnen.

    Wenn ich die Durtonleiter als "Mutter aller Tonleitern" als erstes und am besten kann, was der Normalfall sein dürfte, ist die Ableitung aller anderen heptatonischen Leitern daraus am übersichtlichsten.
     
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  19. ppue

    ppue Experte

    @gaga war schneller. Ich aber ausführlicher (-:

    Mir ist die Aufstellung zu theoretisch. In dieser Systematik kommen die Tonleitern in der Spielpraxis nicht vor.

    Außer in speziellen Stilen kommen die Kirchentonleitern durch die unterschiedlichen Stufen der Akkorde zustande und entfalten ihren speziellen Charakter nur im Zusammenhang des harmonischen Kontextes. Die Aufstellung hier ist sehr viel einfacher zu verstehen und dazu praxisnah. Ich habe mich früher gefragt: Was macht ihr da für ein großes Tamtam, dazu mit Namen, die im Laufe der Musikgeschichte schon zweimal missdeutet wurden?

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    C-Dur auf der 3. Stufe oder CIII wäre eine kürzere, eingängigere und auch logischere Bezeichnung, die gleich noch eine weitere Information in sich trägt, nämlich das tonale Zentrum, in dessen Zusammenhang die Leiter zu hören ist.
     
  20. peterwespi

    peterwespi Ist fast schon zuhause hier

    :D
    Das Flussdiagramm ist lediglich eine Eartraining-Lernhilfe, die man verwenden kann oder nicht. Die Erklärungen zu den Modi sind im Buch und werden im E-Learning ausgiebig behandelt, inklusive Audio- und Video-Erklärungen und gezieltem Training mit EarMaster. Und das alles aus dem Fokus der Lernenden und dem Ziel, das sie dabei erreichen möchten. Und mit den jahrzehntelangen Erfahrungen, die wir beobachten konnten, wie Lernende sich bei den Modi abmühten und mit dem Flussdiagramm Erfolg hatten. Means: Hat sich bereits bewährt. Es gibt auch andere Herangehensweisen. Wir lassen diese unkommentiert, weil jeder das gut finden darf, was er gut finden will...

    Modi Level 3.jpg
     
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