Auswendig spielen....immer wieder Thema...

Dieses Thema im Forum "Saxophon spielen" wurde erstellt von Gelöschtes Mitglied 5328, 28.Juli.2016.

  1. sopran55

    sopran55 Schaut öfter mal vorbei

    Jeder ist da halt ein bisschen anders, z.B. bei der Schweizer-Volksmusik Spiele ich alles ab Noten,
    Wenn Evergreens gespielt wird ( alte Schlager )geht's Auswendig.
    Blasorchester, Bigband und andere Formationen nur mit Ständer
    Der Ständer finde ich nicht so schlimm, wenn er nicht zu hoch eingestellt ist.
     
    Rick gefällt das.
  2. saxhornet

    saxhornet Experte

    Ja. Die Akkordsymbole erschaffen nicht die Melodie sondern geben Dir nur einen Hinweis was harmonisch passiert. Ich spiele in so vielen Bands und muss häufig Aushilfe in Bands machen, das alles auswendig wäre gar nicht möglich, erst recht nicht, wenn dann die gleichen Songs, in unterschiedlichen Arrangemants, Tonarten und eventuell reharmonisiert gespielt werden. Trotzdem behindern mich die Akkordsymbole nicht. In diesem Fall entlasten sie mich, weil ich mir nicht den Kopf machen muss, ob ich eventuell eine Version einer anderen Band aus versehen spiele. Wenn ich das dann auch noch immer pro Song für Bb, Eb und C-Instrumente drauf haben muss, die Bands dann auch noch teilweise ein Repertoire von 50 bis 300 Titeln haben, ist realistisch das nicht zu packen. Und so habe ich mehr als einmal erlebt, daß dann bei Auswendigspielern die Tonart oder die Chords falsch waren und es nicht gut klang, weil Jemand es auswendig probierte und das Arrangement dieser Band ignorierte.
    Das mag gehen wenn Du in einer einzigen Bands mit sehr begrenztem Repertoire spielst aber im Musikeralltag mit vielen Bands und Aushilfsjobs ist das nicht möglich (von den Telefonbands mal ganz abgesehen). Und wenn ich bei einem Aushilfsjob mit Noten nicht ordentlich abliefern könnte, würde ich erst gar nicht gefragt werden. Du erkennst auch schnell Bands, bei denen man sich mit den Noten keine Mühe gegeben hat, da geht oft noch viel mehr falsch, weil viele sich schnell an alte Songs und deren Abläufe nicht mehr erinnern, stimmen die Noten dann nicht, gibt es Probleme, erst recht wenn Aushilfen an Bord sind.

    Auswendiglernen ist sinnvoll aber es ist nicht ein Garant für irgendetwas und Blattspielen schliesst nicht gut klingende Improvisationen aus.
     
    Zuletzt bearbeitet: 9.August.2016
  3. JazzPlayer

    JazzPlayer Ist fast schon zuhause hier

    Sehr interessant. Dass unter Umständen die Notwendigkeit besteht, auch nach Noten zu spielen und ein Profi da bestimmt gut durchkommt, war mir schon klar. Am Ende ist es auch eine Frage des jeweiligen Stückes und der Qualität des eigenen Blattspiels. In manchen Situationen hat man einfach mehr Zeit zum Nachdenken und findet sich auch schnell zurecht, wenn man ins kalte Wasser geworfen wird.

    Die ursprüngliche Frage war aber eher, ob man nicht (noch) besser spielt, wenn das Stück auswendig sitzt. Insbesondere bei Stücken (Formen, Harmonien), die wenig Zeit und Raum zum Nachdenken bieten oder wo Wendungen sind, die man vorher so vielleicht nicht erwartet. Da kann es doch nur von Vorteil sind, wenn man mit der Materie vertraut ist und auch auf mal auf eine Stelle hinspielen kann.
     
  4. saxhornet

    saxhornet Experte

    Mit der Materie oder Stilistik musst Du so oder so vertraut sein, ob nun auswendig oder nicht. Hinzu kommt, je mehr Stücke Du kennengelernt hast, desto leichter wird es Stücke visuell auch mit zu erfassen bzw. ein Stück zu begreifen oder zu analysieren während Du es spielst (klappt natürlich nicht immer). Es ist zum grossen Teil natürlich eine Frage der Erfahrung. Ich fühle mich durch Noten null gehemmt oder benachteiligt. Und wie ich schon sagte, so viel Material wie ich spielen muss, kann ich gar nicht auswendig lernen, das wäre unrealistisch. Auch lohnt es nicht für einen einzelnen Auftritt das zu tun.

    Ich bin ein Fan vom Auswendiglernen aber es gibt Momente wo es Sinn macht und wo es Unsinn ist. Generell sollte es nachher ehrlich keinen Unterschied beim Spielen machen, ob da Noten liegen oder nicht, zumindest für einen Profi, man muss in beiden Situationen letzlich gleich gut abliefern.

    Ich halte es aber für unsinnig zu tun als wenn nur auswendig spielen alles erst richtig gut klingen lässt. Problematisch mit Noten wird es immer, wenn Du mit den Noten oder dem Stück an deine spieltechnischen Grenzen kommst, dann hilft auswendigspielen aber auch nicht weiter. Oder auch ein Problem ist, wenn das Stück so komplex ist, daß Du es vorbereiten müsstest und es nicht vom Blatt zu spielen ist und es dann nicht vorbereitet wurde.

    Meine Erfahrung mit Kollegen ist, wenn sie das Stück (und Arrangement) ausgecheckt haben, dann macht es keinen Unterschied ob mit oder ohne Noten.
     
  5. ppue

    ppue Mod Experte

    Natürlich ist das von Vorteil, bestreitet keiner. Nur bei der Menge an Songs, die @saxhornet angesprochen hat, ist das einfach nicht zu machen.

    So ist das bei jedem unterschiedlich. Der Amateur, der pro Monat vielleicht einen Song lernt, wird diesen sich auswendig draufschaffen können. Ist die Frage, ob er dann Ende des Jahres noch alle zwölf spielen kann. Man vergisst sie ja auch wieder.

    Ich spiele in mehreren Bands mit festem bzw. recht übersichtlichem Repertoire und kann bis auf wenige fiese Stücke alles auswendig. Ich mache aber auch eine komplett andere Arbeit als saxhornet.

    Daneben ist es eine Frage, was auswendig spielen bedeutet. Ich kann ein Stück in einer Tonart auswendig lernen oder ich behalte einfach die Melodie und kann sie von jedem Ton aus umsetzen. Das geht, wenn man griffsicher jeden Ton im inneren Ohr umsetzen kann, was wohl eher dem Profi vorbehalten ist.

    Aber das ist schon alles auf hohem Niveau. Vielleicht fängt ein Anfänger erst mal mit verschiedenen Leitern und Akkorden an, die er auswendig spielt. G-Dur sollte man auch ohne Noten spielen können.

    Dass das auswendig spielen nützt, steht fest. Wie man es nutzt, steht jedem frei. Wer es einmal gemacht hat, wird es wieder tun, davon bin ich überzeugt. Weil er spüren wird, welchen Freiraum das eröffnet (siehe @Dreas Erfahrungen).
     
  6. 47tmb

    47tmb Gehört zum Inventar

  7. GelöschtesMitglied1589

    GelöschtesMitglied1589 Guest

    In der Tat ist es exakt das Wollen und nicht das Können, lieber @ppue. Was nur ärgerlich ist, ist, wenn das "Nicht Wollen" mit dem Mäntelchen des "Nicht Könnens" zugedeckt wird. In der von uns gemeinsam erlebten Formation war ja immer das Thema: "Ich kann das nicht". Wenn man dann im persönlichen Gespräch mit einem Kollegen auf die Frage, warum er denn nicht übt, die Antwort erhält: "Weil die anderen auch nicht üben", ist die musikalische Stagnation garantiert. Der Kollege hat übrigens danach sein Statement widerrufen und es zu "Weil ich zuhause sowieso nicht übe" gewandelt. Ob das dann die bessere Aussage ist....
    Aber Schwamm drüber; mittlerweile ist die Truppe ja ein Haufen von geläuterten und überzeugten Auswendigspielern: eine nicht erwartete und wirklich gute Entwicklung.
     
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  8. cedartec

    cedartec Ist fast schon zuhause hier

    Hallo Hen,
    in der von dir gemachten Erfahrung ist das wohl zutreffend, aber zumindest mit meiner persönlichen Erfahrung nicht vereinbar. Ich habe früher Schultheater gespielt und konnte mir problemlos lange Texte merken, aber ich habe ja erst spät angefangen Musik zu machen und das auswendig lernen macht mir Probleme, selbst bei eher überschaubaren einfachen Stücken. Kann schon sein, dass ich nicht "ernsthaft" genug es versucht habe, aber ich für mich, denke ich, dass es ausreichend ernsthaft war. Und es noch ncihst geworden, ich gebe nicht auf, aber als Anfänger muss ich mich auf viele Dinge konzentrieren.
    Wenn ich die Noten nicht hätte könnte ich gar nicht mit den anderen auftreten, von daher denke ich, muss da jeder schauen wie er klar kommt.
    Herzlicher Grüße,
    gerhard
     
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  9. Werner

    Werner Strebt nach Höherem

    Na jedenfalls dann besser, als wenn man ihn nur halbwegs auswendig kann, zB überlegen muß, was jetzt kommt.
    Aber ich stimme schon mit dir überein, ideal ist es, wenn man das Stück gut auswendig kann.


    http://www.swing-jazz-berlin.de/
     
  10. GelöschtesMitglied11524

    GelöschtesMitglied11524 Guest

    Der Knackpunkt für mich war aufzuhören zu versuchen, Stücke "nach Noten" auswendig zu lernen und mir zu merken.
    Für mich funktioniert das so nicht.
    Ich habe irgendwann, durch häufiges Spielen nach Noten - letztlich auswendig durch häufiges Transponieren und verschieben in bestimmten Progressionen, z.B. chromatisch auf- abwärts, Quartenzirkel, Ganztöne, kleine Terzen etc. (hilfreich waren z.B. Oliver Nelson Stil- und Improvisationsübungen, Patterns for Jazz, Walt Weiskopf's Intervallic Improvisation, Ellwood's Developing a Bebop Language) die Bausteine leichter vergleichen können. Ich hätte es mir nie träumen können, denn früher war ich oft frustriert, wie wenig Standards ich auswendig konnte (hab auch wieder teilweise vergessen, was ich mir draufgeschafft hatte), dass es mir nun relativ leicht fällt, ein Lied aus dem Stand in alle 12 Tonarten zu transponieren (muss nicht grade Viertel 280 sein). Ich erkenne nun auch leichter die "Bereiche" in einem Lied, die Dominanten, Zwischendominanten, sonstige häufige Patterns. Das passiert aber nicht so, dass ich denke "A7alt" und dann die Töne, sondern das ergibt sich aus dem "Rucksack mit den möglichen Tönen" im Kopf, irgendwann hört man die Stimmführung. Das muss ausgeweitet werden, klar, und ist eine Aufgabe auf Lebenszeit.

    Kurz gesagt: Für mich hat sich das Auswendigspielen aus sehr viel Notenfressen ergeben. Und das Auswendigspielen, auch das merke ich, macht mich zu einem noch besseren Blattleser.

    Übrigens glaube ich nicht, das man hören würde, ob ich nach Noten über ein Lied improvisiere oder auswendig. Das mag an meinen Fähigkeiten liegen und wie man "Improvisation" definiert (es ist ein Unterschied, 2 oder 3 Chorusse über ein Lied zu spielen oder 20 Minuten auswendig ohne Begleitung). Es ist auswendig aber sehr viel befriedigender für mich. Und es arbeitet ja auch ein anderer Teil des Hirns dabei, wie man sagt.

    Freundliche Grüße, Tom
     
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  11. saxhornet

    saxhornet Experte

    Genau das ist das Ding. Wenn man die Skalen und Akkorde nicht auswendig weiss, wird das nichts mit einer flüssigen Improvisation über ein Stück, egal ob auswendig oder mit Akkorden auf dem Blatt. Das Wissen muss da sein als Voraussetzung.
     
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  12. saxhornet

    saxhornet Experte

    Die Schwierigkeit kommt dann wenn Du den gleichen Songs in zig Versionen spielen können musst, teilweise mit merkwürdigsten Reharmonisationen, wo es einem sehr sehr schwer fällt die Stimmführung voraus zu hören, weil die Akkordfolge wenig Sinn macht beim Improvisieren. Mancher Arrangeur schreibt dann etwas, was beim Thema klasse klingt aber zum Improvisieren so gut geeignet ist wie Kettensägen oder doppelseitige Messer zum Jonglieren.

    LG Saxhornet
     
  13. GelöschtesMitglied1589

    GelöschtesMitglied1589 Guest

    Ja, lieber Gerhard, das kann ich so voll und ganz akzeptieren. Es geht ja in erster Linie um die Ernsthaftigkeit und den Versuch, mit einem Orchester, Band, was auch immer eine Entwicklung zu spüren. Wenn du eine solche Entwicklung in deiner Formation bringst, aber es wirklich mit dem Auswendiglernen nicht klappt, ist es absolut o.k.. Ich würde z.B. auch selber in einer Bigband mit tricky scores und wechselndem Repertoire (auch ein wichtiger Aspekt), bei der die Notenpulte vor den sitzenden Musikern Standard sind, üben und lesen und dann die Sachen auswendig lernen, wo ich mich auf andere Sachen konzentrieren möchte oder muss.

    @Tom Scott: da kann ich ganz viel unterschreiben, auch wenn ich in jeder Hinsicht Galaxien von deinem Können und deinem Engagement für das Instrument entfernt bin. Als Blattleser war ich immer eine Niete, wenn es nicht ganz einfach daher kam. Seitdem ich z.B. hier beim TOTM mitmache und etwas intensiver mal in die Stücke reinhöre, klappt es plötzlich auch damit besser, auch wenn meine Begabung in dem Feld limitiert ist. Ich erinnere mich an meinen Prof im Lehramtsstudium, der als Funker im 2. Weltkrieg unterwegs gewesen war: hören, (de)chiffrieren, weitergeben und parallel wieder hören, etc, vergleichbar mit einem Simultandolmetscher (gleichzeitig hören und übersetzen und auch noch quatschen), und all das in real time. Besagter Prof spielte ja aus der Orchesterpartitur (lag auf dem Klavier) in einem Seminar aus den Stimmen aller Instrumente mit verschiedenen Schlüsseln (G, F, C whatever) einen Klavierauszug in real time. Never ever könnte ich das; großer Respekt.
     
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  14. GelöschtesMitglied11524

    GelöschtesMitglied11524 Guest

    Klar, auch das kenne ich.
    Dann ist die Parole halt: "Spielen wir auf Durchkommen" :)
     
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  15. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Ja, mit dem auswendig lernen "nach Noten" tue ich mich immer noch schwer.

    Die Stücke, die ich jetzt auswendig spiele, habe ich über das häufige Spielen auswendig gelernt Ich habe den Aufbau und Ablauf der Stücke verinnerlicht.

    Beispiel "Blue Bossa":

    Die Phrase der ersten Zeile wiederholt sich im Prinzip in den nächsten beiden Zeilen, nur der Anfangston ist ein anderer und zwar immer der letzte Ton der vorherigen Zeile.

    Spiele ich also die erste Zeile korrekt und lande mit dem letzten Ton auf g'', spiele ich automatisch die nächste Zeile richtig.

    Irgendwie lernt man dadurch das Stück noch besser zu verstehen.

    CzG

    Dreas
     
  16. Gelöschtes Mitglied 1142

    Gelöschtes Mitglied 1142 Guest

    Simulatanes hören (auf verschiedenen Frequenzen gleichzeitig) und sprechen (auf der jeweils richtigen Frequenz antworten) habe ich während meiner Jahre als Flugsicherungsmeister auch gekonnt.
    Und dabei noch gleichzeitig bis zu 7 unterschiedlich schnelle Luftfahrzeuge (Jets, Propellermaschinen, Helikopter etc. im Kopf lateral und vertikal verorten (quasi ein sich ständig veränderndes 3-D-Bild verwalten) und entsprechende Anweisungen erteilen.

    Trotzdem tue ich mich schwer mit dem Blattspiel. Es funktioniert durch viel Übung zwar immer besser, aber ich habe noch sehr erhebliches Steigerungspotential.
    Scheinbar sind beim Blattspiel andere Hirnareale zuständig.

    LG Bernd
     
  17. ppue

    ppue Mod Experte

    Denk dir doch, die Notenköpfe stellen Flugzeuge dar.
     
  18. GelöschtesMitglied1589

    GelöschtesMitglied1589 Guest

    Ah, jetzt, ja. Also konnte Herbert (Grönemeyer) seine Songs nicht auswendig lernen, hatte aber ein totales Bauchgefühl und deshalb "Flugzeuge im Bauch". Der Kreis schließt sich.
     
  19. Gelöschtes Mitglied 1142

    Gelöschtes Mitglied 1142 Guest

    Und die jage ich mit dem Saxophon. Quasi Pokémon blow.
     
    last und JazzPlayer gefällt das.
  20. last

    last Guest

    Wo denn?

    ...eine Insel!

    :D last
     
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 8.August.2016
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