Der "lockere" Ansatz

Dieses Thema im Forum "Saxophon spielen" wurde erstellt von ppue, 27.März.2018.

  1. ppue

    ppue Mod Experte

    Genau. Und deshalb trenne ich gerne pädagogische von physikalischen Aspekten ab.

    In der Pädagogik helfen Bilder und verschiedenen Schülern helfen auch verschiedene Bilder. Ich hatte schon mal erzählt von der Gesangspädagogin, die dem Chor die Stütze beibrachte ohne auch nur einmal das Wort Zwerchfell auszusprechen. Das bringt dem Schüler nämlich wenig, wenn er einen Begriff hört aber nicht fühlt, wo das ist und was das wie macht. Sie arbeitete nur mit praktischen Übungen und eben Bildern.

    Im Gegensatz dazu hat der Biologe nun mal das Zwerchfell definiert und seitdem ist das da. Die Definition ist möglichst genau, auf das alle Biologen und Mediziner genau wissen, was damit gemeint ist. Hierbei ist es ganz egal, ob die Stütze haben oder bekommen (-;

    Solange eine Theorie bemüht wird, um einem Schüler etwas beizubringen, bin ich äußerst skeptisch ob derer wissenschaftlichen Haltbarkeit. In etwa im gleichen Maße wie deine Unvoreingenommenheit, @Ton Scott (-:

    Im Praktischen hilft halt jegliche Beschäftigung mit dem Ansatz weiter. Auch der Um- oder Irrweg bringt einem Erkenntnis. Oft denkt man, man müsse dem Schüler den kürzesten, geradesten und einzig richtigen Weg aufzeigen.
    Bedenkt man aber, wie es war, als man laufen lernte oder (kann man sich vielleicht besser dran erinnern) Fahrrad fahren lernte, so erkennt man, dass man dies ausschließlich durch Fehler gelernt hat. Hat man alle Fehler durch, geht es plötzlich wie von selbst.
    Theoretisch erklären kann man keinem, wie man das macht. Das gilt auch fürs Saxophon spielen.
     
  2. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Ich befürchte, dass das weder fürs Laufen noch fürs Radfahren gilt.
    Physiotherapeuten und alle Arten von Trainern leben davon (naja, wahrscheinlich am meisten davon, dass man beim Sitzen Fehler macht).

    Woher weiß ich, ob ich am Sax jetzt alle Fehler durch habe?

    Ganz so einfach ist es (für mich) leider nicht.

    LJS
     
  3. ppue

    ppue Mod Experte

    Wenn du es spielen kannst.

    Nimms nicht so wörtlich. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass das Fehlermachen ein wesentlicher Teil des Lernens ist.
     
  4. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Ich glaube nicht, dass das der Punkt der Auseinandersetzung war, sondern allenfalls die dahinter stehende (physikalische) Erklärung. Natürlich wird man immer das tun, das für einen funktioniert.
    Umgekehrt allerdings, wenn es für mich nicht funktioniert, dann kann es von mir aus in allen Büchern stehen, dann lasse ich es ;-)

    Gruß,
    Otfried
     
  5. GelöschtesMitglied11524

    GelöschtesMitglied11524 Guest

    Für mich ist das aber für einen lockeren Ansatz wichtig.
    Weil ich dadurch Zunge und Kiefer/Lippe besser entkoppeln kann, und die Tonhöhe weniger durch Druck erreiche, wenn die Zunge beim Anblasen in Höhe des Blattes ist.
     
  6. Gruenmicha

    Gruenmicha Ist fast schon zuhause hier

    Eine wirklich interessante Debatte - Wahnsinn, wie wissenschaftlich man das Thema Ansatz behandeln kann.
    Den Ansatz derart intensiv theoretisch und praktisch zu analysieren... Respekt. So weit werde ich wohl nicht mehr kommen. Ich habe meinen Ansatz, der denke ich „locker“ ist, durch probieren und üben gefunden (nach Erklärungen meines Lehrers natürlich), mir aber über die diversen Einzelthemenfelder (Zungenstellung usw.) keine großen Gedanken gemacht sondern einfach gespielt und beim Spielen immer wieder kleine Veränderungen vorgenommen bis es am besten passte. Naja das unterscheidet wohl Hobby- von Profispieler.
    Meinen Ansatz würde man denke ich als „modern“ bezeichnen, die Unterlippe ist vor den Zähnen (nicht übergestülpt), den Kiefer kann ich beim Spielen locker bewegen, es fühlt sich gut an und die Blattkontrolle funktioniert ordentlich.
    Ich merke aber auch dass sich mein Ansatz/Spiel noch in permanenter Entwicklung befindet.
     
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  7. Weltenbummler

    Weltenbummler Ist fast schon zuhause hier

    Ich vermute, Ansatz, Ton, Ausdruck, Verständnis, Hingabe sind ein stetig sich wandelnder Prozess. Man befindet - oder: ich- befinde mich auf einem dauerhaften Weg. Es geht auch mal wieder talwärts, die Lebens-Landschaft besteht ja nicht nur aus Gipfeln. Ich finde es spannend, teils begesiternd, teils ernüchternd, wie sich das Sax - ergo ich- immer wieder verschieden anhöre. Ich glaube, entscheidend ist es, auf dem Weg zu sein. Ich schätze es umso mehr, weil ich den "Wanderstock" einige Zeit ablegen musste... umso zufriedener bin ich, seit ich weitergehen kann/darf. Mit 63 schätze ich, dass das möglich ist (ein befreundeter Drummer kann das leider nicht mehr). Auch wenn ich die Kanne manchmal an die W.... könnte [hier darf sich jeder sein Unmuts-Szenario selber ausdenken] , ist es mit das Schönste, was ich machen kann. Wie in einer Beziehung: Manchmal rumpelt's und man nölt so vor sich hin, manchmal jubiliert es und alles ist bestens. Betreffend Ansatz wage ich für mich zu behaupten: Eine launische Diva mit solider Basis ;)
     
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  8. GelöschtesMitglied11524

    GelöschtesMitglied11524 Guest

    Moin,

    ich hab ein kleines Video mit einer Übung gemacht, bitte nicht als Versuch der Belehrung sondern nur als Gedankenanstoß sehen.
    Um zu diskutieren sollten wir ja davon ausgehen, dass wir mit den gleichen Mitteln arbeiten (können).

    Am Ende hätte ich noch hinzufügen sollen: machen, freuen, und zeigen, ich will es auch können.



    Was hat das mit locker zu tun?
    Nun, ich denke, je höher die Flexibilität, desto weniger muss ich am Blatt arbeiten, desto besser verteile ich den Kraftaufwand.

    Cheers

    P.S.: In der Übung hab ich das Intervall beim ersten Mal gegriffen, beim zweiten Mal durch Voicing verändert, und so die Tonhöhe (ungefähr :)) erreicht.
     
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 19.April.2018
  9. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Eine sehr gute Übung, die du ja schon häufiger hier vorgeschlagen hast. Tatsächlich bricht der Ton weg, wenn man den Druck vom Blatt nimmt, und man muss den Ton anders nach unten ziehen. Ich schaffe es bis zum Ab, das G kommt nur bei Vollmond am 29. Februar ;-)

    In diesem Zusammenhang erwähne ich dann auch noch einmal eine meiner Lieblingsübungen. Überblasen auf dem tiefen Bb, erst in die Obertöne und dann versuche man die Zwischentöne zu erzielen. Ab C''' kann man chromatisch spielen. Das B (deutsch H) schaffe ich nicht.

    Tja, ich kann die Übung mit mehr oder weniger Druck am Blatt durchführen, ein gewisser Mindestdruck muss erhalten bleiben, sonst bricht der Ton halt weg. Die Frage, wie hoch dieser Mindestdruck sein muss, der ja das Grundthema des "lockeren Ansatzes" betrifft, und ob es einen allgemeingültigen Mindestdruck gibt kann ich damit immer noch nicht beantworten.

    Gruß,
    Otfried
     
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  10. GelöschtesMitglied1589

    GelöschtesMitglied1589 Guest

    Eine gute Übung, lieber @Ton Scott, die ich morgen mal ausprobieren werde. Ich werde mir meiner "Spätberufung" und meines nur rudimentär entwickelten Ansatzes bei dieser Tonbildungs-Gymnastik zwischen Greifen und Voicen immer schmerzlich bewusst. Im Moment mache ich eine Übung, dass ich einen Halbton nach unten voice und danach greife im mittleren Register, oder aber ich spiele von meinem Ton bei "Nur-Mundstück-Übungen" in Tonleitern oder chromatisch auf und abwärts. Es fällt mir aber schwer. Als du mich besucht hast, lieber @xcielo, fiel mir ja auf, wie relativ mühelos du durch die Obertöne segelst. Bei mir ist nach wie vor beim 2. Oberton (Oktave+Quinte) Feierabend, und das auch nur ganz unten irgendwo zwischen Bb und E. Nicht, dass ich daraus einen "sportlichen Wettkampf" (igitt) machen möchte, mir ist aber klar, dass mit der Beherrschung des Voicing und der Obertöne der eigene Ton mit Sicherheit ungemein gewinnt. Ich mache aber weiter, Schrittchen für Schrittchen, obwohl ich mir sicher bin, dass mich zeit meines Lebens das Instrument beherrschen wird. Umgekehrt wäre es mir lieber.
     
  11. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Lieber @henblower
    Ich denke, es ist wie in einer guten Beziehung mehr ein Miteinander als ein gegenseitiges Beherrschen ;-)

    Ca 25 Jahre habe ich keine Obertöne spielen können, jedenfalls nicht mehr als den dritten auf dem tiefen Bb. Ich war dennoch weitgehend zufrieden mit meinem hobbymäßigen Spiel. Mehr zufällig habe ich dann Übungen entdeckt, die mir die Welt der Obertöne und damit des Altissimos in weniger anstrengender Weise geöffnet haben. Vielleicht würde ich aber viel besser gefahren sein, die viele Zeit, die ich in der Folge mit Soundübungen verbracht habe auf mehr musikalische Dinge gerichtet zu haben. Also mach dir keinen allzu großen Stress damit :)

    Gruß,
    Otfried
     
  12. GelöschtesMitglied11524

    GelöschtesMitglied11524 Guest

    Moin,

    ich denke, dass es irgendwann geht, wenn die Oktaven fett daherkommen.
    Meine Schüler, bei denen mit der Quinte Schluss ist, kippen oft bei der Oktave (besonders am B und Bb) schon in die Quinte, zumindestens hört man die sehr stark.

    Ich würde nicht versuchen, mit aller Gewalt den dritten Oberton zu kriegen, sondern mich auch mit dem Überblasen in die Oktave und Quinte zu nähern.
    Also mal Bb-Dur oktavüberblasen vom tiefen Bb wegzuspielen, soweit es geht nach oben, und dann mit den gleichen Griffen mit dem Griff des tiefen Bb ein F2 klingen lassen und dann (vielleicht auch gebunden) das G2 mit dem C, das A2 mit dem Griff des D und das Bb2 mit dem Griff des Eb zu kriegen.

    Da gibt es auch ein nettes Warmup von Walt Weiskopf, wie mir grad einfällt.

    Gutes Gelingen!
     

    Anhänge:

  13. GelöschtesMitglied1589

    GelöschtesMitglied1589 Guest

    @Ton Scott @xcielo : danke für die Ermunterung und die guten Wünsche. Ich verkrampfe nicht, verspüre keinen Ehrgeiz, sondern lediglich Neugier und Forschergeist. Also werde ich weiter wie ein Aal in Richtung Sargossasee schwimmen.
    Ich bin ja auch Hobby-Ornithologe, und "unser" Gartenrotschwanz ist wieder zurück. Wenn ich überlege, dass der jedes Jahr den Weg von südlich der Sahara bis hin zu uns zweimal macht.... Das sind eine Menge Obertöne.
     
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  14. RomBl

    RomBl Guest

    Ich war gerade gestern bei einem Workshop zum Thema Sound von Jody Espina bei den Holzbläsern hier in Berlin. Natürlich hat er auch seine Mundstücke vorgeführt und dafür Werbung gemacht. Testen konnte man die Teile auch sehr ausgiebig.

    Jody Espina hat wirklich einen klasse Sound auf seinem Altsax. Sehr interessant waren seine recht umfangreichen Ausführungen zum Thema Ansatz, Lippenspannung, Luftmenge und zu dem Punkt, an dem man die Zähne ans Mundstück legt. Ich habe auch wieder einen weiteren Motivationsschub bekommen, mich noch intensiver mit Oberton- und Mundstückübungen zu beschäftigen. Diese Kontrolle, die man bei diesen Übungen über das Mundstück bekommt, ist das A und O für den Sound. Das wurde gestern sehr eindrucksvoll vorgeführt.

    Wer die Möglichkeit hat, Jody Espina mal in einem Workshop zu besuchen, sollte das in jedem Fall nutzen. Die Informationen sind wirklich gut - außerdem ist Jody ein sehr netter, umgänglicher Typ.
     
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  15. GelöschtesMitglied11524

    GelöschtesMitglied11524 Guest

    Na, schildere doch mal bitte.
     
  16. RomBl

    RomBl Guest

    @Ton Scott
    Da schreibe ich mal am Wochenende was zu.
    War ne Menge Information. Aber vielleicht ist es auch für mich nicht schlecht, die wichtigsten Punkte noch einmal schriftlich aufzuarbeiten.
     
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  17. Nilu

    Nilu Ist fast schon zuhause hier

    Hallo xcielo,
    ich würde sagen - nein.
    Einen schönen Ton aus dem Saxophon zu zaubern ist ein sehr wichtiges Ziel. Ein guter Ton nimmt ein, begeistert und erfreut die Zuhörer, auch einen selbst.
    Und noch ein Vorteil - wer einen schönen Ton hat, braucht nicht übermäßig viele von ihnen zu spielen, um musikalisch und emotional zu landen. Da kann man das eine oder andere musikalische Vorhaben getrost noch ins nächste Leben verschieben..
     
  18. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Ja, natürlich ist das wichtig, keine Frage. Aber ich finde, dass Soundfragen bei Saxophonisten im Vergleich zu sonstigen musikalischen Dingen deutlich überbewertet werden. Immer nur geht es um Sound, Sound und wieder Sound, bis ins letzte Fitzelchen an Nuancierung, durch Setup oder Anblastechnik.

    Wenn ich mir dann so typische Saxophonisten anhöre, sagen wir mal gehobene Hobbyspieler, dann ist meine Empfindung am ehesten, dass es an Rhythmik und Phrasierung mangelt, mit wenigen schönen Tönen interessante Dinge zu spielen, und an zweiter Stelle an harmonischem Verständnis, interessante wenige Töne aus dem großen Tönetopf auszuwählen.

    Natürlich gilt das auch und insbesondere für mich selbst, und daher habe ich den Satz geschrieben,
    Gruß,
    Otfried
     
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  19. RomBl

    RomBl Guest

    Für meinen Teil finde ich das genau nicht. Für mich ist Sound DAS Aushängeschild eines Saxophonisten - egal ob Profi oder Amateur.
    Und daran zu arbeiten finde ich für mich wichtig und macht mir vor allem auch Spaß.
     
  20. ppue

    ppue Mod Experte

    Da muss man wohl zwischen Sound und Phrasierung unterscheiden. Ansonsten lässt sich das kaum diskutieren.

    "Das Aushängeschild" Sound sind zu 80% die Behandlung des Tones, also Phrasierung, Staccato, Legatostoß, dann die Melodieführung, die Ausschückung, Praller, Vibrato, Bending, Betonung, Intonation und die rhythmische Ausgestaltung.

    Nähme man einem Saxophonton all diese Attribute weg, so bliebe der reine Sound übrig. Und bei dem hätte man durchaus große Schwierigkeiten, den einem bestimmten Musiker zuzuschreiben.

    Sound wird als Gesamtpaket aller oben aufgeführter Parameter empfunden.
    Ich denke, wenn man eher musikalische Dinge übt, übt man den Spound automatisch mit.
     
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