Dr. Faustus Lindenberg ?

Dieses Thema im Forum "Eigene (musikrelevante) Themen" wurde erstellt von Wanze, 17.April.2023.

  1. Gelöschtes Mitglied 15173

    Gelöschtes Mitglied 15173 Guest

    Wikipedia beschreibt das recht schön, was ein "Jazz-Standard" ist:

    "Der Terminus Jazzstandard, eigentlich nur Standard genannt, umfasst Kompositionen der vergangenen Jahrzehnte, die von Jazzmusikern kontinuierlich gespielt werden und die Stilentwicklung überdauert haben. Einigen Standards ist auch der Übergang in andere Musikstile (Popsong, Chanson und Schlager) gelungen.

    Viele Melodien, die zu Standards wurden, stammen ursprünglich aus den verschiedenen Genres der Unterhaltungsmusik wie: Broadway-Shows, Musicals, Hollywood-Filme und sogar Operetten. Die Hochphase dieser sogenannten Standards war die Ära des Swing. Einige Jazzstandards stammen aber auch aus „Überlieferungen des 19. Jahrhunderts, aus Ragtime, klassischem Blues, frühem Jazz, aus dem Chicago-Jazz der zwanziger Jahre, dem Swing der Dreißiger und Vierziger, dem Bebop und Hardbop, dem Bossa Nova, dem modalen und selbst dem Free Jazz.“[1]

    Die Interpretation von Standards wird ständig verändert und erweitert. Einige „Umarbeitungen“ von Songs aus dem Great American Songbook sind heute als Ausgangspunkt einer Jazzinterpretation beliebter als die Originale."
     
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  2. GelöschtesMitglied11524

    GelöschtesMitglied11524 Guest


    :)
     
  3. claribari

    claribari Ist fast schon zuhause hier

    ...völlig korrekt !!!!!
    aber völlig frustierend die teilweise hier versuchten Erklärungen der Spezialisten zum Thema Jazz....und Blues....
    John Lee Hooker wurde von Miles Davis als Mr. Onenote bezeichnet, er hielt sich nicht an das Blueschema, welches wir als bindend bezeichnen... George Lewis und seine New Orleans Jazzer duddelten alle weißen Schmalzsongs der Weißen nach, die schwierigen Passagen flogen einfach raus....(höre Marseillase) und für ganz Schwerfällige:
    Jazz ist nicht was gespielt sondern WIE ES GESPIELT wird.....mein Gott, wann hört das auf.....
     
  4. Acolonia

    Acolonia Ist fast schon zuhause hier

    Danke!
    Ich fürchtete schon, im Forum gäbe es nur Leute, die allwissend sind. Und vermutlich "natürlich" die 16-stellige Prüfnummer auf den hinteren Bremsbacken der Mercedes-Modelle W 357 auswendig kennen. (Und mangels Humorkompetenz nicht mitbekommen, dass sie gemeint sind).
     
  5. gaga

    gaga Gehört zum Inventar

    Wie recht du hast! Ein gutes Beispiel ist das schmalzige Liedchen "Someday My Prince Will Come" aus Disneys "Schneewittchen". Seit Miles Davis das aufgenommen hat, ist es ein Jazz Standard.
     
  6. Dreas

    Dreas Gehört zum Inventar

    Tja, und ich finde es daher sehr bedauerlich, dass man dann sowas lesen muss, auch noch von jemanden, der es besser wissen sollte.

    Und dann noch in einer Art und Weise, die er als Erster bei anderen anprangert.

    CzG

    Dreas
     
  7. gaga

    gaga Gehört zum Inventar

    Zitat von @ilikestitt :
    Stan Getz, einen der Hauptakteure bei dem durchschlagenden Erfolg von Girl From I. und den folgenden Bossa-Hits (z.B. Desafinado) wird man als Jazzmusiker bezeichnen dürfen. Und Stan Getz swingt gewaltig bei diesen Liedern und er improvisiert durchgehend. Beides wichtige Kennzeichen von Jazz. Viele Bossa-Stücke stehen neben diesen beiden seitdem im Real Book.

    "Autumn Leaves" wurde für Yves Montand geschrieben. Er war Chanconnier und Schauspieler. Seit Artie Shaw Anfang der 50er das Stück gespielt hat, muss man es als Jazz Standard bezeichnen - mittlerweile als einen der am häufigsten gespielten.
     
  8. Rick

    Rick Experte

    Eben: Eine Melodie ist erst mal unabhängig von der Interpretation, diese macht aber erst den Stil aus.
    Sydney Ellis, die Blues-Sängerin, mit der ich ein halbes Jahrzehnt durch halb Europa getourt war, sang regelmäßig "Autumn Leaves".
    Bei ihr war es keine Chanson und kein Jazz, sondern Blues. Wenn ich dann zwischendurch dabei ein Solo improvisiert habe, dann war das Jazz (in dem Fall bluesiger Jazz, denn bei ihr herrschte die Band-Regel: "No Bebop, no double time."). :-D
     
    Zuletzt bearbeitet: 22.April.2023
  9. ilikestitt

    ilikestitt Strebt nach Höherem

    Ich kann nur aus der Praxis reden und da wird von Profis unterschieden ob es Standards sind oder Jazzstandards. Bei den Standards sind dann halt auch Pop- und Latintitel mit drin. Wenn man untereinander über Jazzstandards redet, dann nicht. Das ist auch für entsprechende Jobs wichtig das klar zu trennen, damit das zu spielende Repertoire klar ist. Zu den Standards zählt alles was einem regelmässig begegnet an Songs, unabhängig von der Herkunft, wer aber für Jazzstandards gebucht ist und dann dauernd Bossas oder Poptitel aufruft, kann da schon mal Ärger bekommen bei Veranstaltungen (es gibt da Kunden mit sehr klaren und spezifischen Wünschen und Ansagen, die sich durchaus auskennen).
     
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  10. ilikestitt

    ilikestitt Strebt nach Höherem

    Sorry konnte nicht früher antworten:
    Ich bleibe klar bei meiner Aussage und beim Spruch mit dem Klugscheissen fehlte das Zwinkersmiley, dann hättest du es auch verstanden und nicht in den falschen Hals bekommen, mein Fehler. Und ja ich weiss es mit Bossa besser:
    Girl from Ipanema ist und wird kein Jazz, egal was hier Jemand schreibt. Es lohnt sich, sich mal mit der Materie und mit Antonio Carlos Jobim und Joao Gilberto auseinanderzusetzen. Da ich Bossa, Chorros und Samba sehr liebe und das Vergnügen hatte das Thema an der Uni zu haben und mit Brasilianern zu spielen habe ich da doch schon das eine oder andere bei gelernt. Nur weil es Jazzer gerne spielen, ist es noch lange kein Jazzsong. Im Realbook steht auch Michelle, Yesterday und You are the Sunshine of my life, trotzdem alles keine Jazzsongs.
    Man kann jeden Titel so spielen, daß er wie Jazz klingt, nur ist der Ursprung des Titels dann trotzdem kein Jazz.
    Und wir sollten den Brasilianern es nicht antun (die auf ihre Musik und ihre Komponisten sehr stolz sind) und ihrer Musik einen Stilnamen überstülpen, der nicht stimmt.
    Und bei Autmun Leaves habe ich ja geschrieben, daß der Ursprung kein Jazztitel ist und nicht mehr, was du bestätigt hast, also wo lieg ich da dann falsch, denn mehr habe ich nicht behauptet?

    Und wenn du meinst Girl from Ipanema wäre Jazz, dann begründe es bitte. Mein Tip, es gibt mittlerweile Literatur zu dem Thema und die sollte man dann vielleicht auch erst lesen, bevor man aus dem Bauch einfach was raushaut.
     
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  11. ilikestitt

    ilikestitt Strebt nach Höherem

    Es ist vollkommen egal, ob ein Titel von einem Jazzer gespielt wird oder nicht. Nur weil es ein Jazzer spielt, ist es noch kein Jazztitel. Auch wenn bei einem Latintitel ein Jazzer mitspielt wird daraus kein Jazz.
    Und was im Realbook steht ist nicht immer nur Jazz. Das Realbook ist kein Jazzbook, sondern eine Sammlung von Songs die gerne häufig gespielt werden, ansonsten würden halt, wie ich oben schon schrieb nicht Michelle und andere Titel drin stehen. Wenn du über einen Latintitel swingst würdest du an der Uni mit der Latinpolizei Ärger bekommen und die Brasilianer mit denen ich gespielt habe hätten mich ausgelacht. Selbst Improvisation ist kein Alleinstellungsmerkmal von Jazz. Ich improvisiere dauernd live über moderne Pop- und R&B Titel, teilweise mit melodischen Elemten aus dem Jazz, trotzdem wird aus den Titeln kein Jazz.
    Man kann aber mit entsprechendem Arrangement, Veränderung der Melodie und Veränderung der Harmonien fast alle Songs wie einen Jazzsong klingen lassen (oder auch als Latintitel), damit wird der Titel im Ursprung trotzdem bleiben was er ist. Lisa Bassange hatte grossen Erfolg mit Jazzarrangements von Kylie Minogue Titeln und anderen Popsongs, trotz der Arrangements und Aufnahmen würde keiner "Can't get you out of my head" oder "Shake the desease" von Depeche Mode unter Jazz einsortieren.
    Es lohnt sich schon da etwas genauer zu sein, gerade weil ich weiss, daß zumindest die Brasilianer (zumindest, die ich kenne), da etwas empfindlich reagieren was ihre (in ihren Augen) nationalen Heiligtümer angeht.
     
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  12. altblase

    altblase Strebt nach Höherem

    N'e dumme Frage: Darf man überhaupt noch Latin spielen? Ich meine, da sind ja so ein paar ältere Damen, denen man verboten hatte, auf der BUGA Sombreros zu tragen. Man soll ja immer politisch korrekt sein und sich keine fremde Kultur aneignen, habe ich gehört.:cool:
     
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  13. gaga

    gaga Gehört zum Inventar

    Nach dieser Definition sind die meisten Jazzstandards kein Jazz, weil ihr "Ursprung" nicht im Jazz liegt. Wenn wir nur "Originals" - also ausgewiesene Jazzkompositionen spielen würden, hätten wir ein mageres Repertoire. "Blue Bossa" fällt mir da als Jazzlatinnummer ein, obwohl das nach deiner Auffassung wohl in das Kapitel "kulturelle Aneignung" fällt und die Brasilianer im Publikum zornig reagieren würden.

    Was ist denn dann mit Contrafacts? "How High the Moon" ist für dich kein Jazz, ok - "Ornithology" aber wohl auch nicht, weil der "Ursprung" nicht im Jazz liegt? "Moose the Mooch", "Anthropology", "Crazeology". "Oleo" uswusf nach @ilikestitt alles kein Jazz, weil "I Got Rhythm" als Vorlage kein Jazz ist.

    Ich bleibe bei dieser recht klaren Erklärung vom Kollegen @claribari :
     
  14. Dreas

    Dreas Gehört zum Inventar

    @ilikestitt

    Mir ist es ziemlich Wumpe ob ein Stück ursprünglich Jazz ist oder nicht.

    Wenn es als Jazz gespielt wird, ist es für mich Jazz.


    CzG

    Dreas
     
  15. monaco

    monaco Ist fast schon zuhause hier

    Dürfen dann Chinesen Bach spielen, oder Beethoven? Dass sie es können, haben sie bewiesen. Aber nach der „Theorie“ von der kulturellen Aneignung müssten deutsche Spielstätten sie ablehnen. Und europäische Orchester müssten ihre personelle Besetzung überdenken :rolleyes:
     
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  16. Gelöschtes Mitglied 15173

    Gelöschtes Mitglied 15173 Guest

    Ich hoffe inständig für den weiteren Verlauf dieser Diskussion, dass „Schwarz-braun ist die Haselnuss“ ins Realbook Vol. 7 übernommen wird :D:D
     
  17. Blofeld

    Blofeld Ist fast schon zuhause hier

    Das ist auf jeden Fall Jazz, weil anno dunnemals vom Golden Gate Quartett bei Peter Frankenfeld vorgetragen. Das deutsche Publikum klatschte beherzt mit,
    leider immer auf die 1.
     
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  18. gaga

    gaga Gehört zum Inventar

    Das Golden Gate Quartett hat es gesungen.

    Mist. Zu spät.

    Denen hat es auch gut gestanden, jenseits aller ideologischen Farbzuweisungen aus deutscher Vergangenheit. Zumindest bei dem Konzert, das ich Ende der 60er in Hannover erleben durfte, haben sie gegrinst und sehr humorvoll den Zusammenhang mit ihrer Hautfarbe hergestellt.

    Aber @ilikestitt wird einwenden, dass das GGQ keine Jazzband ist. Gospel ist auch kein Jazz, obwohl "Groove Merchant" als Jazzkomposition verdammt nahe am Gospelidiom ist.

    Son Mist, dass die Grenzen immer wieder verwischen und die Schubladen durcheinander kommen. Man könnte fast (war das Adi Preißler oder Jimmy Carter?) sagen: it's all music, stupid!
     
    Zuletzt bearbeitet: 22.April.2023
  19. Gelöschtes Mitglied 15173

    Gelöschtes Mitglied 15173 Guest

    Ups, ich merke, ich bin in der Volksmusik und volkstümlichen Musik net dahoam.
    Glück gehabt :D
     
    giuseppe gefällt das.
  20. gaga

    gaga Gehört zum Inventar

    Ich auch nicht. Das ist eine Frage der Generation und des Alters. Volkslieder waren nach 45 "verbrannt", wer sie noch sang, galt als Revanchist (Dreigeteiltniemals), als alter Nazi oder jemand, der nix merkt. Erst Hannes Wader und die anderen vom deutschen Folkrevival haben vorsichtig und mühsam viele Lieder von dem Makel des Missbrauchs durch die Nazis befreien können. Die Haselnuss gehörte wegen der zufälligen sprachlichen Eindeutigkeit nicht dazu.
     
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