Eigenes kleines Tonstudio einrichten

Dieses Thema im Forum "Home- und Live-Recording, Tontechnik" wurde erstellt von bagg, 6.März.2011.

  1. Bernd

    Bernd Gehört zum Inventar

    Ein Jahr danach....

    Gestern Abend stand mir der Sinn mal wieder für Experimente.

    Bei meinen Aufnahmen sind immer zwar geringe, abder dennoch unerwünschte Raumklang-Anteile zu hören. Ich hätte aber gerne eine möglichst trockene Aufnahme, damit ich genau die Art und den Anteil von Hall zumischen kann, den ich gerne hätte.

    Der Mic-Screen hatte sich als totaler Flop erwiesen, da er die von Chino beschriebenen Effekte erzeugt.

    Gestern hatte ich die Idee, den Screen mal wieder aufzubauen und mit Wolldecken abzudecken. Ich habe dann 2 Wolldecken so über den Screen gehängt, dass er vollständig (innen wie außen) abgedeckt ist und die Decke mehrlagig bis zum Boden runterhängt. Im Prinzip spiele ich jetzt gegen eine mehrlagige Wand aus Wolldecken. Nach vorne geht kein Schall mehr raus, der als Hall wieder zurückkommen könnte.

    Die Aufnahmen sind jetzt unglaublich "trocken" geworden. Wenn ich jetzt ein wenig Effekt zumische, ist es wirklich nur noch der zugemischte Effekt. Keine hörbaren störenden Raumanteile mehr, die sich bemerkbar machen.

    Klar. Die Akustik eines professionellen Studios erreiche ich damit nicht. Dafür war es aber relativ wenig Aufwand und ich hatte schon alles, was ich dazu brauchte.

    Sieht zwar ziemlich bescheuert aus, aber ich finde, dass die Aufnahmequalität sehr gewonnen hat.

    Jetzt geht wieder die Probiererei mit verschiedenen Mikros los...

    Gruß aus dem Schwarzwald
    Bernd
     
  2. saxhornet

    saxhornet Experte

    Ich tue mich schwer mit sehr trockenen Signalen bei Aufnahmen. Die Qualität eines gut klingenden Raums bei einer Aufnahme bekommt man über Hall und dergleichen nie gebastelt.
    Aber es ist auch schwierig einen Raum optimal anzupassen und dann will man auch gerne mal das es wieder anders klingt.

    Lg Saxhornet
     
  3. Tröto

    Tröto Ist fast schon zuhause hier

    Hallo Bernd!
    Gibt es eine öffentliche Aufnahme von Dir (Soundcloud etc.), bei der man diese Raumklang-Anteile hören kann?
    Würde mich sehr interessieren!
     
  4. Bernd

    Bernd Gehört zum Inventar

    Ich stimme Dir völlig zu. Mir wäre es auch viel lieber, der Raum wäre akustisch besser geeignet. Er ist ca. 6 x 3,5m groß, Teppichboden, Holzdecke (zum teil schräg), 2 glatte Türen, eine Front total verglast, eine andere mit 2 Fenstern.

    Hab schon alles mögliche versucht mit Wolldecken an den Wänden, Raumteiler aus Bettdecken etc. Es klingt immer wie auf dem Klo...

    Ich habe jetzt (endlich!) Wuffys Rat befolgt, mal ein Beyerdynamic M88 TG auszuprobieren. Der Micscreen hat mittlerweile bei eBay einen neuen Liebhaber gefunden. Zahlreiche Mikrofone haben mich auch auf diesem Weg verlassen.

    Für meinen Raum scheint das M88 TG wirklich optimal zu sein. Die extreme Richtcharakteristik fängt so gut wie nichts an Raumhall-Anteilen ein. Das meiste, was von hinten kommt, wird wohl durch meinen breiten Rücken absorbiert.

    Der Raum sieht jetzt wieder aus, wie ein Raum aussehen sollte... :)

    Hab heute Abend mal etwas aufgenommen und musste relativ viel künstlichen Hall zumischen, damit die Aufnahme bezgl. Effekten zum Playalong passt. Ich habe jetzt schöne Vergleichsmöglichkeiten zu früheren Aufnahmen wie z.B. zu dieser, bei der der "Klo-Hall" dominiert.

    Mikrofon: Beyerdynamic M88 TG; Sax: Antoine Courtois Tenor; MPC: Expression RvB; Blatt: Medir 2,5; Blattschraube: Heftrig; Gurt: Cebulla :)

    Gruß aus dem Schwarzwald
    Bernd

     
  5. flar

    flar Guest

    Moin, moin Bernd
    Die Aufnahme mit dem Bayerdynamic klingt eindeutig besser! Wenn Du trotzdem natürliche Raumanteile haben willst kannst Du ja mal probieren Deinen breiten Rücken etwas zu verschieben oder das Mikrophon.
    Bis Anfang der 60’er Jahre hatten Studios teilweise eine sogenannte Hallkammer, einen gefliesten Raum in dem ein Lautsprecher und ein Mikrophon standen. Man machte eine Aufnahme in Studioraum, spielte diese über den Lautsprecher ab und man das ganze wieder auf. Den Hallanteil regulierte man durch verändern der Mikrophonposition. Das könntest schon während der eigentlichen Aufnahme machen, setzt natürlich experimentier Freude und Zeit vor raus.
    Übrigens wurden mit Hilfe solcher Hallkammern auch Overdubs realisiert, in dem man einen Musiker während der Aufnahme im der Hallkammer zur abgespielten Aufnahme spielen ließ. Der Chor auf den Crickets Platten (Buddy Holly) ist z.B. so Aufgenommen worden.

    Viele Grüße Flar
     
  6. Bernd

    Bernd Gehört zum Inventar

    Hallo flar,
    danke für das feedback und die Tipps.
    Ich werde die Aufnahmesituation jetzt belassen wie sie ist.
    Ich bin jetzt zufrieden und gut ist gut genug. Es muss nicht immer alles perfekt sein.

    Ich habe unglaublich viel Zeit damit verbracht, immer mal wieder die Position des Mikros im Raum, Höhe und Neigungswinkel des Mikrofons, meinen Abstand zum Mikrofon etc. zu ändern, entsprechende Notizen zu machen, immer wieder ein paar Takte aufnehmen und abhören. Wieder verändern etc.

    Jetzt werde ich mal wieder anfangen, wirklich zu üben und zu spielen. Denn diese beiden Faktoren kamen in den letzten Wochen eindeutig zu kurz :)

    Gruß aus dem tief verschneiten Schwarzwald
    Bernd

    P.S.: Schade, dass ich noch keine Enkel habe. Wenn ich das Wetter so betrachte, krieg ich richtig Lust auf eine Schneeballschlacht :)
     
  7. Wuffy

    Wuffy Gehört zum Inventar

    Hallo Bernd,

    ...was/wer ist schon perfekt ??

    Das kommt auch immer auf die Sichtweite des Betrachters/Zuhörers an.

    Wichtig ist, wenn man....irgendwann mal sagen kann, nach viel Experimenten und Nervenkrieg, ich habe für meine Verhältnisse nun das möglichst Optimale rausgeholt.

    Ich bin angekommen, kann mich auf's spielen konzentrieren ....und das ist gut so und befriedigend.

    Freut mich, dass Dir das M88 dazu beigetragen hat und man hört ja die Verbesserung deutlich auf Deinen Aufnahmen.

    Schöne Einspielung...mit charismatischen Sound und Spiel.

    Du bist auf einem sehr guten Weg.

    Kollegiale Grüsse vom Schneee...grr, Frau Holle hat immer noch ihre Tage :evil:

    Wuffy
     
  8. flar

    flar Guest

    Moin nochmal
    Nur um den Bundeswetterbericht weiter zu vervollständigen, hier scheint die Sonne. Es ist aber immer noch "Popokalt"! (Darf man das so schreiben?)

    @ Bernd, das Du im Moment keine Lust mehr hast weiter zu experimentieren habe ich mir beinahe gedacht. Nichts desto trotz ist Saxhornets Anmerkung meiner Meinung nach nicht ganz von der Hand zu weisen. Kommt aber auch sehr darauf an was man aufnehmen will. Popmusikaufnahmen haben seit den 50'er Jahren eigentlich fast immer mehr oder weniger Zeitgeist typischen künstlichen Hall und/oder Echo. Da ist die trockene Aufnahme und nachträglich zugefügter Effekt bestimmt die bessere Wahl. Bei Klassik wird das mit dem künstlichen Raum dann doch evtl. zur Zeit raubendern Fummelei als die Suche nach der richtigen Mikroposition. Und für das Jazz TOTM ist bekanntlich der beste Raum gar kein Raum...
    ;-)

    :duck:

    Viele Grüße Flar
     
  9. Tröto

    Tröto Ist fast schon zuhause hier

    Wahrscheinlich bin ich wieder der Einzige, dem trotz der strengen Temparaturen bereits Tomaten auf den Ohren wachsen.

    In beiden Aufnahmen klingt für mich das Saxophon weder furztrocken noch wahrnehmbar hallig.

    Der Umgang mit bzw. das Hinzumischen von (künstlichem) Hall ist m. E. deshalb sehr gut gelungen.

    Deswegen - und jetzt kommen wieder Tomaten ins Spiel - höre ich im Vergleich der beiden Aufnahmen nur klanglich deutlich unterschiedliche Tenöre.

    In der "Klo-Hall"-Aufnahme klingt das Tenor kehliger,knurriger und härter, besonders gut zu hören im tiefen Register.

    Mit dem Beyerdynamic hört es sich demzufolge weicher, "feiner" etc. an!

    Meine Frage wäre nun, ob der Klo-Hall-Effekt seinen negativen Niederschlag ausschließlich in der Klangqualität des Saxophons gefunden hat (was ich so höre) oder tatsächlich der Faktor "Räumlichkeit" der Aufnahme durch diesen Effekt bedingt wird (was ich eben nicht so hören kann).
     
  10. antonio

    antonio Gehört zum Inventar

    Genau, so was in etwa ist mir auch durch den Kopf gegangen, was Tröto schreibt...
    Es ist je ein "anderes" Tenor und ob das das Mik ist...(?)
    Ich könnte jetzt nicht sagen, diese oder jene Aufnahme ist besser - höchstens, dass mir die mit dem Beyer doch auch besser gefällt. das hat aber auch mit dem Stück zu tun.

    Gruss
    antonio
     
  11. flar

    flar Guest

    Und nochmal moin
    Das der Klang der alten Aufnahme anders ist liegt zu einem Teil bestimmt am Mikrophon, aber auch starker natürlicher Hall kann den Aufnahmeklang verändern. So kann er gegebenen Falls bestimmte Frequenzen absenken wenn es in diesen Bereich zu Auslöschungen kommt. Ein Ton aus dem Sax trifft in Wellenform auf das Mikro, der Hall auch. Wenn sich durch Zufall diese Wellen kreuzen kann es zu ungünstigen oder auch klanglich günstigen Auslöschungen kommen.
    In alten Konzertfilmen und auf Fotos sieht man manchmal das für den Gesang zwei Mikrophone versetzt übereinander geklebt sind. Die Tonwellen des Gesangs treffen zuerst auf das vordere ,dann auf das hintere Mikro. (Ähnlich versetzt wie der origanile Saxton und der etwas später kommende Hall auf ein Mikro treffen.) Hier hat man sich den Auslöschungseffekt zunutze gemacht um die mittleren Frequenzen abzusenken und damit das Rückklopplungsrisiko zu senken. Die Klangreglung der damaligen Mischpulte umfaßte nur Höhen und Tiefen, keine Mitten in deren Bereich sich leicht Rückkopplungen bilden. Es kann also durch aus sein das der natürliche Raumhall den Klang einer Aufnahme verändert, wenn er stark genug ist.

    Viele Grüße Flar

     
  12. Bernd

    Bernd Gehört zum Inventar

    Hallo Wuffy, Trötomanski, flar, antonio:

    Herzlichen Dank für eure Kommentare. Finde ich super, dass ihr meinen Weg zu meinem kleinen Hobby-Tonstudio begleitet!

    Dass die Aufnahmen klanglich anders sind, liegt zum Einen daran, dass es bei der alten Aufnahme sowohl ein anderes Mikrofon wie auch ein anderes Blatt war. Das Instrument ist das gleiche. (Hab nur das eine Saxophon, daher: Verwechslung ausgeschlossen :) )

    Zum Anderen natürlich auch daran, dass ich bei der alten Aufnahme auch anders gespielt habe wie bei der gestrigen.

    Die Unterschiede bei den Effekten sind über die komprimierten soundcloud-files weder mit PC-Lautsprechern noch mit Kopfhörern sehr deutlich auszumachen.

    Das Problem ist: Je besser die Abhöre, desto deutlicher die Unterschiede. Selbst mit meinen AKG K-701 Kopfhörern und beim hören der wav-Dateien sind die Unterschiede längst nicht so deutlich hörbar wie mit meiner hochwertigen Abhöre.

    Das war auch eins meiner Probleme: Seit ich an meiner Kette, die aus high-end-Komponenten wie D/A-Wandler, Röhren-Vorverstärker und 2 Hybrid-Mono-Endstufen besteht jetzt auch noch adäquate Abhör-Monitore mit Bändchenhochtönern angeschlossen habe, hore ich jede Fliege pupsen.

    Allein die Hardware ohne Monitore würde heute UVP EUR 15.770,- kosten. Hab die vor einigen Jahren zum Freundschaftspreis für deutlich weniger als die Hälfte kriegen können.

    Damit werden aber Dinge deutlich hörbar, die selbst mit dem K-701 kaum wahrnehmbar sind. Obwohl der K-701 ein anerkannt guter Studio-Kopfhörer ist, schmeichelt er vieles schön....

    Über die Abhörmonitore sieht es etwas anders aus. Schlecht aufgenommene Soundfiles oder CDs hören sich grauslig an, gut aufgenommene (z.B. die CD "This is Marla Glen") sind ein Hochgenuss, weil selbst feinste Details sehr detailliert dargestellt werden.

    Auf meinem Ghetto-Blaster klingt alles ziemlich ähnlich...

    Das ganze System "krankt" jetzt noch an 2 Schwachpunkten:
    1. Meine Soundkarte Terratec DMX fire 24/96 und
    2. Mir selbst als Spieler.

    Punkt 2 ist der Punkt, den ich als nächstes angehen werde. Und da bin ich sicher noch eine ganze Weile gut beschäftigt.

    Grüße aus dem Schwarzwald
    Bernd

    edit: @flar:
    Du schreibst: aber auch starker natürlicher Hall kann den Aufnahmeklang verändern. So kann er gegebenen Falls bestimmte Frequenzen absenken wenn es in diesen Bereich zu Auslöschungen kommt.

    Vermutlich sind es diese Auslöschungen, die mit zu dem Quäk-Effekt beitragen, der mich bei meinen alten Aufnahmen so genervt hat.
     
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