Ne saublöde Frage: Was ist eigentlich Jazz?

Dieses Thema im Forum "Improvisation - Harmonielehre" wurde erstellt von saxsten, 9.November.2019.

  1. gaga

    gaga Gehört zum Inventar

    @ppue Doch. Deine #38 war für mich eine sehr gute Beschreibung von Jazz - und ich und 6 weitere haben das auch gezeigt.:applaus:

    Ich zumindest hatte keinen Grund zum Widersprechen oder Diskutieren.
     
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  2. ppue

    ppue Experte

    Ach so, ich hatte die Likes nicht so mitverfolgt. Da freue ich mich (-:
     
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  3. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Leider für mich ALLES Pop.

    Vieles davon schön. Aber Pop.

    LJS
     
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  4. saxhornet

    saxhornet Experte

    Bossa Nova ist Jazz oder Pop? Oh Mann und ich dachte ich hätte an der Uni was gelernt im Weltmusik Kurs oder von den Brasilianern mit denen ich zu tun hatte. Mist. Vielleicht sollte man aber auch unterscheiden zwischen dem "Bossa Nova" von Getz und Desmond und dem was Jobim oder Personen wie Joao gemacht haben. Und Jazz ist auch Pop, wenn man der Aufteilung zwischen ernster Musik und Popmusik folgt, die die GEMA festgelegt hat.
     
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  5. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Na, zuallererst mal Bossa Nova.

    Was Getz draus gemacht hat war populär (!) was danach als weichgespülte Welle die Cocktailparties beschallt hat, war eindeutig Pop... wenn nicht sogar Fahrstuhl.

    Aber ich war ja auch nicht an der Uni. Jedenfalls nicht im Weltmusik-Kurs. Was kann ich schon wissen...?

    LJS
     
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  6. Rick

    Rick Experte

    Sehr gut, das sehe ich genau so!
    Und ich werde nie vergessen, was mir ein "alter Mann" (wahrscheinlich damals um die 30) sagte, als ich mit 14, 15 in der Jazzabteilung eines Plattenladens (so etwas gab es früher wirklich, reine Schallplattengeschäfte! Und gut sortierte Jazzabteilungen darin!) herumstöberte: "Junge, vergiss nicht den Blues, die schwarze Tradition, die ist das Gemeinsame im ganzen Jazz!"

    Jedenfalls ist das für MICH Jazz.
    Ein schönes Zitat des stilbildenden Tenorsaxofonisten Michael Brecker, als er gefragt wurde, wie er denn seine Sachen so sehe, als Jazz, Rock, Fusion oder was sonst: "We just call it MUSIC." :cool:

    Will heißen: Leute, macht Euch nicht so viele Gedanken über Worte, Begriffe, Definitionen, das ist so WEISS. Square, anti-hip, corny, spießig.
    Man macht es, man hört es, man mag es oder auch nicht, aber was bringt dieses Hineinpressen in Klischees, Schubladen, Ausschlussverfahren und so fort?
    Das Schimpfwort "Jazzpolizei" meint eigentlich genau das: "Halt, stehenbleiben, Sie haben soeben die Grenze zur Straftat im Sinn von § 47/11 des Jazzgesetzbuches überschritten!" :lol:
     
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  7. saxhornet

    saxhornet Experte

    War von mir nicht ganz ernst gemeint. Die Brasilianischen Musiker mit denen ich so zu tun hatte reagierten schon etwas pikiert bei so einer Einteilung, da der Samba und Bossa Nova für sie brasilianisches Kulturgut ist. Spannend wenn man sich dann mit der Geschichte der Entstehung der Aufnahme von Jobim mit Joao, Getz und Astrud Gilberto auseinandersetzt. Die Desmond und Getz Sachen bezeichnen die Brasilianer (die ich kannte) selber extra als Jazz Bossa um "Ihren" Bossa davon abzugrenzen.
    Der Weltmusikkurs war klasse, ich wusste vorher sehr wenig über afrikanische Musik. Leider beschränkte er sich primär auf Afrika und etwas Südamerika, dabei wäre Asien und der Orient auch super spannend gewesen.
     
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  8. Guido1980

    Guido1980 Ist fast schon zuhause hier

    Ein paar Gedanken meinerseits:

    Jazz ist die Möglichkeit das Ohr des Hörers auf neue Art zu beeindrucken, Sachen zu hören, die er vorher nicht für möglich hielt.
    Jazz ist die Würze der Musik, erinnert dich an bereits Gehörtes und weckt Erwartungen auf Töne und Rhythmen die wir mögen.
    Jazz befriedigt den Geist und spült Dir den Mainstream aus dem Kopf.
    Hat man den Tritonus erst mal hinter sich, ist der Rest gar nicht mehr so schlimm....
     
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  9. 47tmb

    47tmb Gehört zum Inventar

    @Guido1980
    Gefällt mir.........................
    ist jedoch auch schoa a wengele verkopft, oder?
    Vieles davon erlebe ich auch, wenn ich mich mal an "schwierigere" Klassiker heran wage.....

    Cheerio
    tmb
     
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  10. ehopper1

    ehopper1 Strebt nach Höherem

    Im Freundeskreis fiel in der Geburtstags-Kaffeerunde kürzlich dieser Satz:

    "Jazz ist das, was außer dem Mike keiner von uns hört."

    Die Freunde sind zwar alle ganz nett, aber der Musikgeschmack, na ja, sach ich mal lieber nix zu ...

    ;-)
    Mike
     
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  11. saxhornet

    saxhornet Experte

    Wobei auch gerade bei den Jazzmusikern gerne Unterteilungen stattfinden, wer Mainstream (Standards, gefällig) oder Avangarde oder nur modern spielt.
     
  12. Rick

    Rick Experte

    Alles für sich sehr interessante Bücher, vor allem die "Sozialgeschichte des Jazz" bietet einige bedenkenswerte, neuartige Aspekte der Jazzgeschichte.
    Doch meiner Ansicht nach ist "der Berendt" - trotz mancher Schwächen und Irrtümer, die allerdings meines Wissens in Neuauflagen bereits angegangen wurden - einfach der umfassendste Versuch, dem Phänomen JAZZ auf die Schliche zu kommen, indem er mehrere Herangehensweisen miteinander verbindet: Einerseits die Jazzgeschichte, erst allgemein, dann anhand herausragender Einzelmusiker, die andere beeinflusst und weiter gebracht haben (etwa Duke Ellington und Charlie Parker), andererseits musikalische Szenen, in denen Entwicklungen geschahen (New Orleans, Chicago, New York usw.), dann noch die musikalischen Erkennungsmerkmale in Rhythmik, Harmonik, Melodik, Sound...

    Ich kenne wirklich kein ähnlich umfassendes Kompendium oder gar Kaleidoskop des Jazz, weder in Deutschland noch in anderen Ländern und Sprachen.
    Es hat mich als jungen Teenager sehr beeindruckt und geprägt, gerade wegen der Aufgeschlossenheit und Unvoreingenommenheit des Autoren für alle Stile und Ausprägungen, und neugierig gemacht, möglichst viel davon zu hören und mehr darüber zu erfahren.
    Danke, J. E. Berendt, für dieses großartige Werk, auch wenn es nicht in jeder Hinsicht perfekt ist - aber was ist das denn schon auf der Welt! :grossdu:
     
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  13. Rick

    Rick Experte

    Genau - das ist schließlich eine der Hauptaufgaben der von mir erwähnten "Jazzpolizei", die sehr oft aus (missgünstigen) Kollegen besteht.
    Lieblingszitate:
    "Der kann doch überhaupt nicht richtig spielen!"
    "Das ist doch nur Traditional, mehr hat der nicht drauf."
    "Außer Bebop kann der nichts, spielt immer dasselbe Solo über jedes Stück."
    "Nichts als ein Rockmusiker, der sich ein paar Standards drauf geschafft hat."
    "Das ist doch alles kommerzieller Kram ohne jeden Anspruch."
    "Unterhaltsam, aber die Kunst fehlt irgendwie."
    "Anspruch, Anspruch, aber so erreicht man doch kein Publikum."
    "Dieser experimentelle Kram hat den ganzen Jazz in der Öffentlichkeit in Verruf gebracht."

    To be continued...

    (Über mich wurde meines Wissens alles davon schon einmal gesagt.) :-D
     
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  14. ppue

    ppue Experte

    Das mag alles schon mal gesagt worden sein. Von professionellen Musiker kenne ich das aber eher weniger als von ambitionierten Amateuren, die mitunter sehr viel strengere Kriterien anlegen.

    In meinem Geschäft erkenne ich unter Musikern eine überaus große Toleranz gegenüber Kollegen. Und wenn ein Musiker bei Helene Fischer mit spielt, wird das nie ein Grund sein, den klein zu reden oder verächtlich zu reden.
    Man weiß doch um den Existenzkampf, den wir Musiker führen. Und von daher kenne ich das Gerede: "Der gibt ja nur Unterricht", "Jetzt prostituiert er sich aber" etc. nicht.
     
  15. Rick

    Rick Experte

    Herzlichen Glückwunsch, denn dann lebst Du in einer perfekteren Welt als ich!
    Aber das ist ja auch in meinen Kreisen nur eine kleine Minderheit, und meistens sagt einem so etwas keiner ins Gesicht, man erfährt es eher hintenrum.
    Egal - war ja nur eine Assoziation zu Jazzpolizei und einordnenden Kollegen, und da ich möglichst breit unterwegs bin, im Extremfall heute "Freie Musik", morgen Dixieland und nächste Woche Hard Bop, dazwischen eventuell noch ein Tanzball oder eine Pop Show, irritiere ich eben leicht die Menschen, die gern mit stilistischen Scheuklappen unterwegs sind.

    Was es ja in der Vergangenheit auch gab: Louis Armstrong schimpfte über den seiner Ansicht nach unsinnigen Bebop, während praktisch parallel dazu sein Lieblingsdrummer Sid Catlett mit Charlie Parker und Dizzy Gillespie inzwischen legendäre Aufnahmen machte, wenig später der "Vater des Tenors", Coleman Hawkins, zusammen mit jungen Musikern wie Thelonious Monk und John Coltrane spielte oder eine wunderschöne Platte zusammen mit Sonny Rollins aufnahm.

    Wie heißt es so zutreffend: Stile sind nur Einteilungen der Fans.

    Jazzmusiker liebten eigentlich zu allen Zeiten die Freiheiten, die ihnen ihre Musik bot, je nach Können und Temperament überschritten sie Grenzen oder schufen großartige eigene Stile.

    Aber ist es Jazz, wenn man damit Geld verdient, wenn man gesellschaftlich anerkannt ist, wenn man viele Platten verkauft und vom Publikum bejubelt wird, oder muss man immer ärmlich für kargen Lohn vor wenig Zuschauern spielen, um ein ECHTER Jazzer zu sein?
    Kann man Jazz spielen, wenn man aus gutbürgerlichem Elternhaus kommt, oder benötigt man eine Herkunft aus dem Ghetto?

    An diesen Fragen haben sich schon Generationen von Fans, Journalisten, Musikwissenschaftlern abgearbeitet.
    Während die meisten Musiker, die ich kenne, sich einfach darüber freuen, wenn sie zusammen mit Gleichgesinnten, egal welchen gesellschaftlichen oder nationalen Hintergrunds (von der Hauptfarbe ganz zu schweigen!), einfach schöne "Musik im Moment erschaffen" dürfen. :cool:
     
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  16. bthebob

    bthebob Strebt nach Höherem

    Bei dem von Rick gebrachten M. Brecker Zitat fiel mir noch ein Anderes von einem der großen
    "Altvorderen" ein. (weiss leider nicht mehr, wer es war)
    Zitat: "Jazz is not a what, it is a how ! "
     
  17. saxhornet

    saxhornet Experte

    Ich habe mit Oleg Rovner, der bei Helene das Sax spielt oder gespielt hat (ich gin nicht up to date da) zusammen studiert. Toller Spieler, netter Kerl. Der kann spielen, wenn da Jemand die Nase rümpft ist das unverständlich.
    Sei froh. Solche Sprüche bekommt man meistens irgendwann einmal als Musiker immer zu hören.
     
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  18. gaga

    gaga Gehört zum Inventar

    Sektiererei und eifernde Abgrenzung hat aber auch immer zum Musikmachen dazu gehört. Ich erinnere mich noch gut, wie unter uns (Jazz-)Jugendlichen ein damals aktuelles Interviewzitat von John Lennon die Runde machte: "Jazz ist Musik für Oberschüler". Was haben wir uns echauffiert! Dabei waren wir alle Oberschüler...
     
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  19. ppue

    ppue Experte

    "Jazz is not a what, it is a how. If it were a what,
    it would be static, never growing. The how is that
    the music comes from the moment, it is spontaneous,
    it exists in the time it is created. And anyone who
    makes music according to this method conveys to
    me an element that makes his music jazz."

    Bill Evans
     
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  20. bthebob

    bthebob Strebt nach Höherem

    Dank @ppue für's Vervollständigen. Da ist doch viel Wahres dran.
     
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