Schreckliche Musikstudenten

Dieses Thema im Forum "Alto Special" wurde erstellt von Kristina Bossanova, 29.Dezember.2020.

  1. Gelöschtes Mitglied12629

    Gelöschtes Mitglied12629 Guest

    Mir hat schon vor 15 Jahren so ein schnöseliger Nachwuchsarzt Altersschwerhörigkeit attestiert. ALTERSschwerhörigkeit! Da war ich gerade 35! "Da kriegen Sie so ein Hörgerät, die sind heute klitzeklein! Die sieht man kaum".
    So ein Quatsch! Das Saxophon höre ich immer noch super!
     
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  2. Gelöschtes Mitglied12629

    Gelöschtes Mitglied12629 Guest

    Also das Grundprinzip gefällt mir schon mal! Aber ich weiß nicht, ob ich ohne Bünde auskomme. Vielleicht kann ich mir da wenigstens Striche mit Nummern draufmachen, wo ich hinmuss
     
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  3. sanne83

    sanne83 Ist fast schon zuhause hier

    Naja ein Saxophon zu überhören ist jetzt nicht gerade leicht. :rolleyes::duck:
     
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  4. Rick

    Rick Experte

    Na, sie sehen ihn ja nicht während des Pädagogik-Seminars. ;)
    Das Problem von Musikstudenten, die unterrichten, ist oft, dass sie selbst sich in ihrer Vergangenheit die Finger FREIWILLIG wund geübt haben und ihnen dementsprechend das Verständnis für unmotivierte Schüler fehlt. Sie WAREN schließlich immer motiviert und ehrgeizig, warum sind das die Schüler nicht genau so? :wideyed:

    Und wie motiviert war er danach?

    Das Problem ist, dass es keine "Musikschulpflicht" und keine Zensuren gibt, also fallen zwei wichtige Druckmittel weg, die beispielsweise ein Schullehrer zur Verfügung hat.
    Wenn ich meinen 12-Jährigen Töne aushalten lassen will, müsste er zwangsläufig das Sax auspacken, aber selbst das tut er ja nicht mehr. Ich darf ihn nicht anfassen oder gar schlagen, womit soll ich ihn zwingen? :-?

    Er hat keinen Bock auf Saxophon sowie auf Musik, ihn interessieren nur Witze, Youtube Videos und Radfahren.
    Mit übermäßiger Strenge erreicht man da nichts, man macht sich höchstens lächerlich.
    Normalerweise ist das einzige Disziplinierungsmittel, das man als Instrumentallehrer hat, der Anruf bei den Eltern, doch selbst das war ja erfolglos. Danach fühlte er sich von mir "verraten" und blieb bei der Totalverweigerung.

    Tatsächlich könnte aber genau das hier helfen, denn ich bin mir inzwischen absolut sicher, dass die Ursache für sein Verhalten einfach in seiner körperlichen Entwicklungsphase liegt.
    In der Vorpubertät rumort es schon gewaltig im Gehirn, vorher unbekannte, verwirrende Gefühle entstehen durch die Hormonumstellung. Man verabschiedet sich von der Kindheit und hat keinen Schimmer, was da gerade mit einem passiert und wohin die Reise geht.
    Bei manchen Menschen geschieht das alles unauffällig, bei anderen gibt es gewaltige Probleme.
    Ich denke, der Junge gehört zur zweiten Kategorie, also werde ich jetzt meine Strategie entsprechend anpassen.
    Kann sein, dass er in einem halben Jahr das Sax nicht mehr aus der Hand legen will, alles ist möglich in dem Alter! :)

    Da fällt mir eine Anekdote von vor bald 30 Jahren ein:
    Eine junge Schülerin, damals im ähnlichen Alter, kam über den Musikverein zu mir. Äußerst schüchtern, sprach wenig und war auch wenig bis gar nicht motiviert. Ich hatte sie einige Zeit, dann wurde sie abgemeldet, war für mich kein großer Verlust, denn ich hatte schnell "Nachschub".

    Etwa 10 Jahre später kam eine E-Mail, ob ich einer Wieder-Einsteigerin Sax-Unterricht geben könnte. Mir kam der Name gleich bekannt vor und ich sagte ihr beim ersten Termin, dass ich mich noch an sie erinnern kann. Sie allerdings nicht an mich, sie wusste nur, dass sie damals Unterricht gehabt hatte, aber eigentlich keine Lust hatte, es waren privat schwierige Zeiten für sie gewesen, aber sie konnte darüber mit keinem sprechen, war wie in einer Blase gewesen.
    Inzwischen hatte sie eine Ausbildung abgeschlossen und war eine fröhliche junge Frau, hoch motiviert, wieder Sax zu spielen.

    Ja, ja, die Pubertät...:rolleyes:
     
    Zuletzt bearbeitet: 2.Januar.2021
  5. visir

    visir Gehört zum Inventar

    Siehe mein Beispiel "Mathematik 3".
    Die betreffende Vortragende wurde ja bereits ausreichend zerlegt.

    Eine Ausbildung zu einem Thema ist nie nur das Thema selbst, sondern auch das Drumherum. Das zu lernen ist auch wichtig.

    Wie gesagt, ich weiß von Pädagogik jetzt auch nicht viel, aber Dein Bild von Pädagogik finde ich schon sehr schräg. Kann mir nicht vorstellen, dass das mit der Realität übereinstimmt.

    Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Pädagogen nicht wüssten, dass es verschiedene Typen von Menschen gibt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass in der Pädagogik ein vorgefertigtes Ziel (außer dass die Leute was lernen) definiert ist. Und so weiter.
    @Rick hat eh schon das eine oder andere anklingen lassen, das in eine andere Richtung geht...
     
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  6. sanne83

    sanne83 Ist fast schon zuhause hier

    Was andres. Der Titel des Threads heißt ja "schreckliche Musikstudenten".

    Und wenn ich das richtig mitbekommen hab ist die Threaderstellerin Musikstudentin?!?

    Ist sie demnach auch schrecklich da sie ja anscheinend gern verallgemeinert?

    Ich persönlich finde es jedenfalls schrecklich ne Diskussion mit ein paar Brocken zu eröffnen und sich dann nicht mehr zu beteiligen.
     
  7. sachsin

    sachsin Strebt nach Höherem

    .... zur Erinnerung des Ausgangstextes , hier nochmal zitiert.

    Schon die Eröffnung " ich habe mal wieder Lust auf einen hitzigen äh Explosions Popcorn Thread deswegen...." ist provokant. Nun finde ich etwas Provokation nicht schlimm, hätte aber zum Titel "Schreckliche Musikstudenten" anderes erwartet, als eine Aufzählung von Begebenheiten, die offensichtlich die Threaderstellerin als sich Distanzierende besser darstellen läßt (sozusagen sich erhöht und als Engel auf all diese Verworfenheit blickt?).

    Der Sinn des Fadens erschließt sich mir von Dir Kristina nicht. Du machst wunderbare Musik, wie in einem anderen Thread von Dir zu hören. Wirklich sehr sehr schön und interessant. Du hast so einen Post gar nicht nötig....

    Das ist jetzt sicher von mir sehr provokant für Dich @Kristina Bossanova zu lesen. Verzeih, wenn es etwas hart formuliert ist.
    Persönlich wünsche ich Dir von Herzen weiterhin viel viel Erfolg und einen guten Abschluss im Studium :)

    Das @sanne83 hat mich auch gewundert.
    Umso interessanter aber die vielen fundierten Wortmeldungen der Foristen hier zu lesen. Dafür vielen Dank an @alle.
    :):)
     
    Zuletzt bearbeitet: 2.Januar.2021
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  8. bluemike

    bluemike Ist fast schon zuhause hier

    Hi,

    ohne jetzt irgendwas zu generalisieren oder alle Schüler über einen Kamm scheren zu wollen: Ich weiß, warum ich dezidierter Weise nur in begründeten Ausnahmefällen Unterricht gebe :D:duck:
     
    Zuletzt bearbeitet: 2.Januar.2021
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  9. Gelöschtes Mitglied12629

    Gelöschtes Mitglied12629 Guest

    Ich glaube, das Problem bestand einfach darin: Der Ausgangspost erscheint so, es wär das ein Läster-Post über Musik-Student*innen. Darauf sind ja auch genug eingestiegen.
    In Wirklichkeit war es einer eine kritische Selbstreflexion der eigenen Lage und Zukunft als Musikerin im akademischen Kontext. So oder so - spannende Diskussion.

    Aber eine letzte Bemerkung von mir zum Eingangspost, die mir von Anfang an in den Fingern lag: Zu einer Minderheit zu gehören - sei es eine sexuelle, sei es BIPoC, sei es irgend eine andere - verpflichtet eineN nicht dazu, ein besserer Mensch zu sein. Man kann und darf genauso nett und genauso scheiße sein so oder so. Man sollte nicht höheren Erwartungen ausgesetzt sein, nur weil man selbst Diskriminierungen erfahren hat - warum sollte man auch?
     
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  10. prinzipal

    prinzipal Ist fast schon zuhause hier

    im bätschelor/master system gehts vor allem um credit points.

    hat man im teilmodul pädagogik irgendwie ausreichend points, bekommt man bescheinigt, pädagogisch als honorarkraft irgendwo arbeiten zu dürfen, falls das überhaupt noch so ist.
    da die städtischen musikschulen eine böse kostenfalle für die kommunen sind, wird versucht auch noch die letzte feste stelle zu streichen. bzw. so wie in wuppertal, wird es einfach keine stellen mehr geben.

    seltsamerweise sind diese teilmodule in der jazzausbildung "dabei", aber lehrer*in mit staatsexamen werden dauert irgendwie zehnmal so lange oder so. naja.

    einige freunde aus chicago bemerkten mal: "oh, diese leute müssen viel studieren, weil sie nicht spielen können..."

    ist aber sicher klasse mit einem staatsstipendium in NYC rumzurennen und gar nicht arbeiten zu müssen. oder ?

    :-D
     
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  11. ppue

    ppue Experte

    Es ist meine Realität, rein subjektiv erlebt und damit die für mich größte zu erfassende Objektivität. Wie soll ich da raus?

    Wie gesagt, habe ich dreizehn Jahre Pädagogik hassen gelernt. Entschuldigung, dass ich da keine vermittelnderen Worte finden kann. Was ich wirklich und wichtig für mich gelernt habe, habe ich für mich alleine am Instrument gelernt. Die übrigen Fächer sind mir regelrecht verleidet worden (den Religionslehrer und einen Musiklehrer, der es geschafft hat, drei Jahre an der Schule zu bleiben, nehme ich aus).

    Gelernt habe ich erst nach dem Abitur. Endlich konnte ich meine Lehrpläne und Ideen verwirklichen, hatte Zeit, mich in einer mir gemäßen Richtung zu bilden. Größere Schwerpunkte waren die Geschichte der Hochkulturen, Mathematik, Chaosforschung, Philosophie, praktizierte Musik und Musiktheorie. Gerne hätte ich Chemie und Sprachen nachgeholt, alles Fächer, die mir verleidet waren, aber da habe ich nicht viel aufholen können.

    Mein Bild von Pädagogik bleibt also schräg in meiner Realität.

    Ich glaube, wir verschwenden unglaublich viel Zeit im Durchsetzen von Lehrplänen, die nur wenigen etwas bringen.

    Statt Schule würde ich Workshops bevorzugen, die begabte Schüler anleiten, selbst zu organisieren und damit zeitnah Trends vermitteln könnten. Würde Freiräume schaffen, in denen die Schüler sich erproben können, ganz egal, ob sie eher den Künstler, Börsenmakler oder den Schreiner machen wollen.

    Ich würde schuliche Veranstaltungen initiieren, die alle Schüler mit einbeziehen. Meinetwegen ein Musical: Hier die Requisitöre, da die Sänger, dort die Tänzer, Musiker, diejenigen, die Öffentlichkeitsarbeit machen, die Mathematiker, die ausrechnen, wie man die Ausgaben für die Technik mit den Einnahmen der Zuschauer verrechnen kann, solche, die Regie führen, Statisten einführen können, die Begabten im Bau von Bühnenbildern, spezielle Begabungen in Pyrotechnik, Nebelmaschinen und anderen Effekten,Techniker überhaupt, im Ton, im Licht, in der Organisation des Ganzen und nicht zuletzt die Kostümbildnerinnen, Schneiderinnen und die lieben wichtigen Menschen in der Maske. Selbst die Cateringabteilung fände hier noch ihre Bestätigung.

    Klar, das ist meine Vision von Aus- und Einbildung, weil in meinem Metier. Aber das geht auch in jedem anderen. Die praktische und eigenverantwortliche Arbeit im Gruppenverband auf selbstbestimmte Ziele halte ich für tausendmal besser als das ständige (er)Ziehen an den jungen Leuten in künstlich getrennten Disziplinen. Das entspricht nicht der komplexen Realität.

    Bestes Beispiel ist unsere derzeitige Situation. Was ist mit Corona, welche Fächer sind gefragt? Sozialkunde: Medizin: Börse: Wirtschaft: Statistik: Kultur: Virologie: Politik: Psychologie: Ethik: Gesundheitswesen: Polarisierung der Gesellschaft: Verhalten der Judikative und so weiter. Das sind die Zusammenhänge, die momentan diskutiert werden müssen und die auf Lösungen warten.

    Zusammenhänge, die nicht getrennt in 2 Stunden Englisch, 2 Stunden Sozialkunde, 1 Stunde Geschichte und einer Stunde Französich vermittelt werden können. Da müssten sich die "Bereichsleiter" vielleicht mal zusammen setzen.

    Pädagogik sehe ich, verzeih @Rick, da ganz weit hinten auf der Prioritätenliste.
     
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  12. Rick

    Rick Experte

    Sorry, lieber @ppue, aber genau das, was Du geschrieben hast, IST Pädagogik. :thumbsup:

    Ohne Pestalozzi, Kerschensteiner, Montessori und wie sie alle hießen, hätten wir immer noch Prügelerziehung wie vor 100 Jahren.
    Pädagogik entwickelt sich wie jede andere Wissenschaft ständig weiter, Deine schönen Ideen werden längst an etlichen Schulen umgesetzt, die entsprechenden Erfolge durfte ich schon öfter begeistert bewundern. :)
     
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  13. prinzipal

    prinzipal Ist fast schon zuhause hier

    @Rick nun, es geht auch moderner.

    es wäre nachzulesen bei diesen gehirnleuten hüther und spitzer, und bei pearce.

    die 4 klassischen lerntypen erinnern mich doch zu sehr an die sog. "wurzelrassen" einer bestimmten lehre...

    es dürfte wohl vielfältiger sein. nur ist das unser ausbildungssystem leider höchst selten.

    schade eigentlich.

    :-D
     
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  14. Rick

    Rick Experte

    Oh ja! :thumbsup:

    Warum das immer noch so ist, darüber habe ich schon viele gute Gespräche geführt.
    Und als Vater eines erwachsenen Sohnes, der viel Mist im aktuellen Schulsystem erfahren musste, fühle ich immer noch einen gewissen Groll - nicht gegen die Pädagogik, sondern gegen ihre schlechten Umsetzer.
    Glücklicherweise ist aus ihm doch noch was geworden, trotz "pädagogisch unfähiger Lehrer" (Zitat meiner Mutter, die das alles miterlebte, einer exzellenten Pädagogin, der ich extrem viel verdanke).
     
    Zuletzt bearbeitet: 3.Januar.2021
  15. visir

    visir Gehört zum Inventar

    Aber Du beteiligst Dich daran... und das ist wohl ein Sinn des Themas. Dass sich Leute daran beteiligen. Sie schreibt nichts von Diskussion, sondern einfach "schreibt doch mal was dazu".

    Weil Du da offenbar Deine Schulzeit meinst: das ist jetzt doch schon "ein paar Jahre" her, also Vergangenheit, und da hast Du nicht Pädagogik, sondern Lehrer erlebt. Das sind in allen Bereichen zwei Paar Schuhe: das "Konzept" (im weitesten Sinn), und die, die es mehr oder weniger umsetzen. Kenne ich doch auch (ohne bitte das Thema jetzt in diese Richtung zu treiben, nur als anderes Beispiel für das Problem) aus Glaubensdiskussionen: "aber die Kirche/ unser Pfarrer/..." Was kann da Christus dafür? Und gibts nur diese Konfession/ diesen Pfarrer?
    Zurück zur Pädagogik: ich will nicht behaupten, dass die aktuelle Pädagogik der Weisheit letzter Schluss ist, ich glaube nur nicht, dass Deine Erinnerung an Deine Schulzeit ein auch nur irgendwie zutreffendes Bild der heutigen Pädagogik ist.

    Lehrpläne sind möglicherweise (Rick, bitte korrigiere mich) noch einmal was anderes als Pädagogik: Lehrpläne enthalten, was vermittelt werden soll, Pädagogik beschreibt wie.

    Das ist meines Wissens in höheren Schulstufen der Fall. Projektarbeiten und so.

    Für diese Themen brauchst du aber zuvor einmal die nötigen Grundlagen:

    plus Mathematik und naturwissenschaftliche Fächer.
    Und die oben genannten Themen kommen ja in höheren Schulstufen teilweise. Soweit man bestimmt hat, was Allgemeinbildung ist. Nicht jeder braucht Virologie, tatsächlich nur einige wenige Spezialisten, auch jetzt gerade. Es müssen nicht 80Mio Deutsche das Virus erforschen.

    Ohne Pädagogik - wie willst Du da irgendwas vermitteln? Den Schülern ein Buch (oder Notenheft) hinknallen, "lern das"?

    Und der Bogen zurück in die Nähe des Themas wären dann schreckliche und gute Lehrer. Ich hatte schreckliche und gute Lehrer. Und schreckliche und gute Mitschüler. Es gibt halt "schreckliche und gute" Menschen, bzw. sind Menschen mitunter schrecklich, mitunter gut. Dieselben Menschen. Keiner von uns ist vollkommen, weder vollkommen schrecklich noch vollkommen gut.
    Aber je weniger wir uns selbst für das Maß der Dinge halten, z.B. in den Ansichten, wie sich Musiker oder Pädagogen zu verhalten haben (vielleicht sind wir ja grad selbst die schrecklichen?), desto friedlicher kann das Zusammenleben werden.
     
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  16. altblase

    altblase Strebt nach Höherem

    Bedenke, dass die Rahmenbedingungen für die Lehrer und deren gewünschte optimale pädagogische Umsetzung, im Sinne der Schüler, in den meisten Schulen nicht so dolle sind!:cool:
     
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  17. Lagoona

    Lagoona Ist fast schon zuhause hier

    Da deutsche Bildungssystem ist nicht so schlecht, wie immer behauptet wird.
    Verbesserungswürdig auf jeden Fall.

    Zum Einen finde ich es sehr gut, dass die Hochschule immer noch kostenfrei zugänglich ist, ( ja, es gibt Ausnahmen und ganz umsonst ist es auch nicht)
    Auf internationalen Kongressen werde Ich oft darauf angesprochen. Zuletzt von einem Universitätspropessor aus Melburne, was wir Deutsche doch für ein unglaublich wertvolles Gut damit hätten.
    Ich befürchte allerdings, dass es da in die falsche Richtung geht.
    Zum Anderen hat mir unsere Auswanderung vor ein paar Jahren nach Frankreich die Augen geöffnet.
    Unser Sohn hat das erste Jahr mit der Deutschen Fernschule zu Hause im Homeschooling gearbeitet.
    Anfangs habe ich es nicht gewollt, aber meine Frau wollte es probieren, nachdem sie gesehen hat, dass führende Universitäten Studenten aus dem Homeschooling bevorzugen, und insgesamt die Vorteile für uns überwogen.
    Es war wirklich krass, wie sehr unser Sohn in dieser Zeit aufgeblüht ist. Er hat in diesem Jahr mehr gelernt, als in den 3 Jahren zuvor in der Grundschule. Wer die Möglichkeit dazu hat, sollte es unbedingt probieren.
    Jetzt ist er in der normalen Schule, um die Sprache zu perfektionieren, aber ich sehe ihn schon wieder im Homeschooling, weil es sooooo viel besser ist.
    Das französische Bildungssystem und die Pädagogik hier ist im Vergleich zu Deutschland weniger effektiv.
    Ich kenne Beides!
    Des Weiteren hat er mehr Möglichkeiten zu Hause Sport und Musik abzudecken.
    Soziale Kontakte haben wir über die Sportvereine und den Chor.

    Ich wollte nur sagen, dass für uns die Möglichkeit zur Individualisierung eine Zugewinn war, und dass im Vergleich zu anderen die Schule in Deutschland nicht so schlecht ist, was nicht heißt, dass man es nicht verbessern könnte.
    Dabei gehe ich jetzt mit @ppue und bin für mehr Kreativität und Eigenverantwortung, gestützt durch diese Erfahrungen.
     
    Zuletzt bearbeitet: 3.Januar.2021
  18. ppue

    ppue Experte

    Ein Beispiel aus meiner Schulzeit:

    Der neue Musiklehrer war ein eigenartiger. Für die nächste Musikstunde sollten wir Tuschekästen und Malblöcke mitbringen. Na, kein Problem, aber was sollte das?
    Zu Beginn der nächsten Stunde hieß uns der Lehrer dann, das Malpapier in 20 senkrechte Spalten aufteilen, legte er den Ravel'schen Bolero auf und forderte uns auf, für ein jedes Instrument eine Spalte mit der Farbe auszumalen, die wir zum Melodie-Instrument assoziierten.
    Danach sammelte er die Bilder ein und klebe sie untereinander an die große Glasscheibe. Na sicher, 90% der Bilder fing mit Gelb für die Querflöte an und auch andere Spalten zeigten große Übereinstimmungen.
    Ich fand das grandios. Nicht nur den Ausgang des Experimentes, auch die Art und Weise, wie er durch einen Kunstgriff unsere Aufmerksamkeit für das Stück hat schärfen können.

    In einer anderen Stunde, ich glaube, wir untersuchten einen Songtext, tauchte der Begriff "indogermanisch" auf. Natürlich schon gehört, aber so richtig konnte das keiner erklären, was es damit auf sich hat. Der Musiklehrer fragte uns dann, wo denn Indien läge und auch da gab große Schwierigkeiten, das zu beschreiben. Also gab er uns zur Aufgabe, aus dem Kopf die Küstenlinie von Indien bis Deutsch aufzuzeichnen und eine Linie von Indien nach Deutschland zu ziehen. Na, das Projekt war vielleicht etwas zu ehrgeizig angelegt und deckte erst einmal nur auf, wie schlecht der Erdkundeunterricht gewesen sein muss. Das wurde dann noch einmal die Hausaufgabe.

    Auch das Beispiel zeigt, wie man fächerübergreifend und mit viel Phantasie Wissen vermittelt, dass ansonsten durch die Maschen der festgetackerten Lehrpläne gefallen wäre. Bei keinem anderen Lehrer habe ich so viel gelernt wie mit ihm und zudem hat er mich gerne auf dem Klavier zum Klarinettenkonzert begleitet.
    Einmal war ich nicht so gut dabei und sagte nach der Aufführung einem kleinen Gesprächskreis, dass ich wohl so einige Patzer drin hatte. Da nahm er mich beiseite und sagte mir, dass man nach der Aufführung keinerlei Selbstkritik üben sollte, denn die Zuhörer wollten ein schönes Konzert im Gedächtnis behalten und nicht hören, wie schlecht es war. Eine Lebensweisheit für mich. Jedes Konzert seitdem war das beste, was ich je gegeben hatte (-;

    Und nun kommts: Nach drei Jahren war der Lehrer suspendiert, eben wegen der Nichteinhaltung der Lehrpläne.

    Lassen wir mal die Pädagogik außen vor: Kreativität kennt keine Pläne, sondern will Dinge zusammen bringen, die eben nicht logisch und kausal aufeinander aufbauen. Kreativität will springen, hüpfen und aus der Reihe tanzen.
     
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  19. ppue

    ppue Experte

    Das wäre tatsächlich eine gute Idee. Heutzutage wissen die Kids am besten, wie sie an Wissen kommen. Ich würde sie nach Hause schicken und mir in der nächsten Stunde erklären lassen, wie sie sich das Wissen haben aneignen können.
     
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  20. Rick

    Rick Experte

    Das geht schon in die richtige Richtung, nur ist es in der Realität noch wesentlich komplizierter:
    Pädagogik ist eine Wissenschaft, ähnlich wie die Psychologie. Da gibt es Lehrmeinungen, Experimente, Forschung, deren Auswertung, Diskussionen über die gezogenen Schlüsse, das volle Programm eben.
    Klar, insgesamt geht es um das Thema "Erziehung" (wörtlich übersetzt: Knabenführung), aber heutzutage eben auch um die Einbeziehung medizinischer, neurologischer und psychologischer Erkenntnisse, die Soziologie nicht zu vergessen.

    So weiß man inzwischen, dass beispielsweise unser traditionelles Schulsystem komplett GEGEN das Lernen aufgebaut ist, mit anderen Worten: Wer da etwas lernt, tut das nicht aufgrund, sondern trotz der Umstände.

    Einen Haufen Kinder für jeweils 45 Minuten in einen Raum zu sperren, wo sie frontal von einem Lehrer "bespaßt" werden, wo sie meist still auf ihrem Platz sitzen und konzentriert zuhören sollen, ist eher Folter als sinnvoll.
    Wären es nicht Menschen, würde der Tierschutzverein Rabatz machen wegen "nicht artgerechter Haltung". ;)

    Aufgrund pädagogischer Erkenntnisse gibt es aber zum Glück heute auch Schulen, wo Vieles anders gemacht wird, wo sich die Kinder mehr bewegen dürfen, wo sie alle Sinne einsetzen können, wo es keine starren Unterrichts- und Pausenzeiten gibt, wo sie sich zu selbst ausgewählten Gruppen zusammenfinden und sogar teilweise den Lerninhalt mitbestimmen dürfen, natürlich je nach altersgemäßem Können.
    Klingt für Traditionalisten nach heillosem Chaos, funktioniert aber in der Praxis oft erstaunlich gut - wenn denn auch die Lehrer entsprechend darauf eingestellt sind.

    Genau, kommen wir nun dazu, was ich über Lehrpläne und die realen Rahmenbedingungen von Lehrern und anderen Beteiligten gehört habe:
    Dafür trifft sich zunächst (in jedem Bundesland) eine Gruppe aus erfahrenen Lehrern, die einen vernünftigen, didaktisch ausgewogenen Lehrplan für die einzelnen Jahrgänge und Schularten erstellt.
    Parallel dazu legen Politiker fest, was denn für Schüler wünschenswert sei, meistens unabhängig von pädagogischen Gesichtspunkten, je nach Ausrichtung eher fortschrittlich, liberal oder konservativ.

    Der sorgfältig ausgearbeitete Lehrplan der Expertenkommission gerät nun in die Mühlen des Kultusministeriums, wo er "politisch gewürzt" wird, teilweise werden noch viel mehr Inhalte reingepackt, die Experten bekommen Schweißperlen auf die Stirn und rollen verzweifelt die Augen.
    Das Endergebnis, der offizielle Lehrplan, hat kaum noch etwas mit den vernünftigen Vorschlägen der erfahrenen Lehrer zu tun...

    Nun geht das an die Schulen, da haben wir kreative, intelligente und motivierte Lehrkräfte - neben abgestumpften, ausgebrannten, die nur noch das Nötigste tun und innerlich bereits im Vorruhestand sind. Und wir haben zupackende Schulleiter, die ihr Kollegium mitzureißen vermögen - oder überforderte, denen die ganze Verwaltungsarbeit über den Kopf wächst.
    Nicht zu vergessen die Schulräte, von denen gibt es auch sehr unterschiedliche Typen, sowieso den ganzen Behördenapparat.

    Als mein Sohn nach hervorragenden Erfahrungen in Kindergarten und Grundschule aufs Gymnasium kam, wurde gerade alles auf G8 umgestellt. Zur Einschulung wurden tolle Reden über fortschrittliche neue Lehrmethoden und die Förderung des eigenverantwortlichen Lernens gehalten, klang alles super!
    Die Realität war komplett anders: Jeder Lehrer packte alles, was er früher schon gemacht hatte, einfach in das engere Zeitkorsett, die Kinder waren von Anfang an nur am Büffeln, sturen Auswendiglernen. Vertiefung des Lernstoffs, kontroverse Diskussionen, Anregung zum eigenen Denken: Fehlanzeige.

    Wir hatten als Eltern (und Oma) den Eindruck, dass die Lehrer schlicht überfordert waren und dies komplett an die Kinder weitergaben. Hinzu kommt natürlich, dass Gymnasiallehrer die geringste pädagogische Ausbildung genießen, bei ihnen steht das Fachwissen im Vordergrund.
    Der Rektor war nett, aber nicht durchsetzungsfähig, das Kollegium teilweise miteinander verfeindet, die Klassendiskussionen der einzelnen Fachlehrer miteinander wurden von Störenfrieden sabotiert.

    Ich mag das jetzt nicht weiter ausführen, aber da wurden wirklich Kinder, gerade die begabteren und sensibleren, "verheizt".
    Damals hatte ich einen Diplompädagogen als Saxofonschüler, mit dem ich über dieses Gymnasium viel diskutierte, seine Kinder gingen auch dort zur Schule (hatten aber weniger Probleme, weil sie zum Glück bereits zu alt für das G8-Chaos waren). Ich meinte, vielleicht sei es ja gut für meinen Sohn, auch mal Probleme mit Lehrern durchstehen zu müssen, darauf antwortete er: "Was soll er denn da lernen, außer, wie man mit fiesen Typen zurecht kommt?"

    Nach zwei Jahren, eines schlimmer als das andere, meldeten wir ihn auf die Realschule um, dort blühte er wieder auf, wurde Klassenprimus und zum Schluss Schulsprecher, beliebt bei Mitschülern wie Lehrern (die pädagogisch deutlich mehr auf dem Kasten hatten und motivierter waren als die Gymnasialkollegen). :)

    Nach dem Realschulabschluss kam er auf ein "Sozialwissenschaftliches Gymnasium" mit Schwerpunkt auf Psychologie und Pädagogik - dort wäre er in den richtigen, verständnisvollen Händen, hofften wir. Was für ein Trugschluss! :eek:
    Die Lerninhalte waren gut und sinnvoll, doch viele Lehrer unerfahrene Quereinsteiger aus der Wissenschaft, die zwar um die Pädagogik WUSSTEN, diese aber nicht ANWENDEN konnten.
    Da sind wir mal wieder bei der Dozentin der Musikhochschule angekommen... :-D
     
    Zuletzt bearbeitet: 3.Januar.2021
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